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Leute, das Leben ist wild

Titel: Leute, das Leben ist wild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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angrenzenden Waldes. Ihre schwarzen Röhrenjeans haben auf den Oberschenkeln Risse und vorne auf ihrem schwarzen T-Shirt erstrahlt ein pinkfarbener, aufgeschäumter Totenkopf. Nieten-Lederbänder an den Handgelenken und ein breiter Nietengürtel, den sie zweimal um ihre schmalen Hüften gewickelt hat, runden ihr »darkes« Outfit ab. Alina ist mir zu dünn und zu blass, ihr Rucksack hängt schwer über der mickrigen Schulter, und insgesamt sieht sie ziemlich müde aus, so, als hätte sie lange nicht mehr das Tageslicht erblickt.
    Sie versucht ein Lächeln. »Schön, dich zu sehen.«
    Ihre Stimme klingt matt und ihr Blick ist seltsam stumpf. Die Lider fallen herunter und um ihre Augen liegen dunkle Schatten. Es ist, als würde plötzlich ein kalter Wind aufkommen, der sich langsam an unseren Beinen emporschraubt und sich wie eine durchsichtige Hülle über unsere nackten Arme legt. Ich fröstle, obwohl ich inzwischen einen gewaltigen Sonnenbrand habe. Trotzdem
lächle ich, weil ich immer lächle, um meinen Mitmenschen Mut zu machen. Den Zwang habe ich von meiner Mutter übernommen. Die würde sogar noch lächeln, wenn ihr gerade beide Arme und beide Beine abgehackt würden. Sie würde lächeln und behaupten: »Alles ist gut. Macht euch keine Sorgen! Mir geht’s blendend.«
    Ich ziehe an Alinas T-Shirt-Ärmel, weil ich dringend aus der Sonne rauswill. Garantiert ist mein Gesicht knallrot und voller explodierter Sommersprossen - wogegen ich an sich nichts habe. Aber morgen ist doch meine Geburtstagsparty, zu der meine geheime Liebe Johannes kommt. Bei der Gelegenheit will ich nicht mit abgeschälter Haut herumrennen. Schließlich haben wir uns seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen. Und wer weiß, wann wir uns das nächste Mal wieder begegnen! Bis dahin soll er nicht mit der Vorstellung von mir durchs Leben gehen, wie ich mit abgeschälter Gesichtshaut vor ihm stand. So, als hätte ich mir UHU draufgestrichen, der sich jetzt langsam wieder ablöst. Kennt man ja noch von den Bastel-Sessions in der Grundschule. Leider ist mir extrem mulmig bei dem Gedanken, dass Arthur und Johannes sich begegnen werden und die ganze Sache auffliegt. Am Ende verliere ich beide. Bloß nicht drüber nachdenken. Ist das denn ein Verbrechen, dass ich beide liebe? Kann mir das mal bitte jemand verlässlich beantworten?!
    Alina rührt sich nicht von der Stelle, als hätte sie sich wirklich mit Spezialkleber auf dem Gehweg festgeklebt.
    »Alles okay?«
    Sie zuckt nur müde mit den Schultern. Ich zupfe noch mal kräftiger an ihrem T-Shirt-Ärmel und dabei sehe ich, dass sie an ihrem linken Ellenbogen eine ziemlich heftige Schürfwunde hat, die sich über den gesamten Unterarm
erstreckt, bis hinunter zum Handgelenk. Ich kotze! Augenblicklich zieht sich sämtliches Blut aus meinen Gliedmaßen zurück, ich muss echt aufpassen, dass ich nicht aus den Latschen kippe. »Scheiße, Alina! Was hast du denn da gemacht?«
    Wieder zuckt sie nur mit den Schultern. »Beim Skaten aus der Halfpipe geflogen.« Plötzlich glitzern in ihren Augen Tränen. Sie kullern zögernd ihre Wangen hinunter, weiter über den Hals und versickern schließlich im T-Shirt-Ausschnitt.
    Ich schlucke und sage: »Darum weinst du aber nicht, oder?«
    Alina schüttelt den Kopf, öffnet in Zeitlupe den Mund und flüstert: »Mir ging es schon mal besser.«
    Das glaube ich ihr sofort! Was ist denn da passiert? Ich meine, Alina gehört nicht unbedingt zu den glücklichsten Menschen, die unsere Erde bevölkern, aber gerade scheint es echt ein akutes Problem zu geben. Nicht, dass sie sich mit der Band überworfen hat und die ihre lyrischen Ergüsse nicht mochten. »Gab’s Schwierigkeiten beim Texten?«
    Alina schüttelt den Kopf. »Nee, die Jungs waren total witzig und supernett. Echt!«
    »Was ist dann passiert?«
    Sie schnieft und wischt sich mit dem Handrücken trotzig die Tränen weg. »Da will ich lieber nicht drüber reden.«
    »Okay. Akzeptiere ich.«
    Aber auch nur schweren Herzens. Natürlich würde ich trotzdem gerne wissen, was hier abgeht. Alina sieht echt aus, als hätte sie die dunkle Seite gesehen. Ich nehme ihr den Rucksack ab, und mein erster Impuls ist es, sofort
bei Arthur an der Haustür zu klingeln, um ihn zu bitten, sich mit seinen heilenden Kräften um Alina zu kümmern. Arthur hat nämlich die seltene Gabe, traurige Menschen aufzuheitern, sodass sie auch heiter bleiben. Ich mache mir gerade wirklich ziemliche Sorgen. Alina sieht total verstört aus. Aber da Arthur

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