Leute, ich fuehle mich leicht
Frauen geht, die zwangsverheiratet werden oder ihren Intellekt nicht ausleben dürfen und darum wahnsinnig werden. Cotsch erhebt sich erst wieder, wenn Mama den Tisch gedeckt hat und das Essen daraufsteht. Vielleicht sollte ich Helmuth zum Trost über Cotschs Faulheit aufklären?
Er guckt mich aus seinen traurigen Augen an, als hätte er allen Lebensmut verloren, und brummt: »Ich stehe vor einem Scherbenhaufen.«
Kann ja sein, aber er muss wieder zu seiner alten Form zurückfinden, sonst laufen ihm seine Tenniskunden davon. Ich sage: »Wissen Sie, Helmuth, meine Schwester ist eine ziemlich emanzipierte Person. Sie kann nicht kochen.«
»Das macht nichts.«
»Sie rührt keinen Finger im Haushalt.«
»Na und? Ich habe eine Putzfrau.«
Meine Herren. Helmuth ist nicht zu helfen!
Er fummelt an seiner goldenen Armbanduhr am Handgelenk herum, streicht sich anschließend sein volles Haar zurück und seufzt: »Deine Schwester ist eine tolle Frau. Ich hätte gerne ein paar Kinder mit ihr gehabt. Sie hätte ja nicht mal arbeiten gehen müssen.«
»Haben Sie das meiner Schwester gesagt?«
»Ja, natürlich.«
»Da liegt eindeutig der Fehler. Sie müssen meine Schwester als eine selbstbestimmte Frau fördern und sie darin unterstützen, ein großes Geistesleben führen zu können.«
»Aha.«
Leute, jetzt habe ich Helmuth echt viel Material zum Nachdenken geliefert. Nach dem Mittagessen wird Cotsch zu ihrer Kampfsportgruppe in die Schule zurückkehren, und wenn Helmuth nicht ganz blöd ist, lauert er ihr am Turnhalleneingang auf und steckt ihr seine neuesten Einsichten. Von wegen: Ich richte dir eine Bibliothek ein. Mama räumt unterdessen die Zimmer auf, macht unsere Betten und bügelt die Wäsche. Meine Mutter tut mir wirklich leid. Denn am Ende des Tages ist sie die beste Mutter, die man haben kann. Ich stecke mein Handy weg und betrachte Helmuth, sehe, wie die Brusthaare oben aus seinem Polohemd herauskommen. Eigentlich ist er ganz nett. Seine nackten Unterarme sind ziemlich muskulös. Das muss man ihm zugestehen.
Jetzt lächelt er endlich, so als hätte er sich innerlich einen Schubs gegeben, und fragt: »Und? Wo fährst du hin?«
»Zu meiner Freundin Tessi. Die wohnt in der Innenstadt.«
»Aha. Geht ihr Eis essen?«
Sicherlich nicht. Wenn ich Glück habe, werde ich es gerade noch rechtzeitig schaffen, Tessi an der Schule abzupassen, bevor sie nach Hause geht. Hoffentlich verzeiht sich mir meine Blutsverwandtschaft mit Cotsch und hat ein bisschen Zeit für mich. Doch vermutlich muss sie sich gleich um ihre jüngeren Geschwister kümmern, die sie ja jetzt auch noch dazubekommen hat. Zweimal die Woche muss sie sich nachmittags um die drei kümmern, weil die neue Frau von ihrem Vater - die Tochter von dem Pokerfreund - noch studiert und schon wieder schwanger ist. Das ist echt auch ein hartes Schicksal. Aber Tessi denkt da gar nicht drüber nach. Die ist pragmatisch. Manchmal glaube ich, das ist eine gesunde Einstellung zum Leben.
Ich sage zu Helmuth: »Ich glaube, das Beste ist, die Dinge anzunehmen, wie sie kommen.«
»Du meinst, ich soll einfach so akzeptieren, dass deine Schwester mich abserviert hat, nachdem ich meine Frau für sie verlassen habe?«
»Na ja. Oder meiner Schwester ein Angebot machen.«
»Was denn für ein Angebot?«
»Na, dass Sie sie ab heute immer zu ihren IQ-Tests kutschieren.«
»Den braucht sie sich doch nicht testen zu lassen … ihren IQ.«
»Oh doch.«
»Was für ein Scheiß.«
Helmuth seufzt und fummelt weiter an seiner goldenen Armbanduhr herum. Er hätte seine Frau nicht verlassen dürfen. Ich meine, wie gesagt, jeder klar denkende Mensch hätte realisieren müssen, dass mit meiner Schwester nicht zu rechnen ist. Excusez-moi! Sie ist siebzehn!
Helmuth nickt: »Irgendwann wird deine Schwester begreifen, dass sie so nicht mit Menschen umgehen kann. Sie hat echt Scheiße gebaut.«
»Inwiefern?«
»Sie hätte mir sagen müssen, dass sie nicht mit mir leben will. Sie kann nicht einfach mit mir Geschlechtsverkehr haben und hilfsbedürftig tun. Von wegen, dass sie eine starke Schulter zum Anlehnen braucht, weil ihr die Vaterfigur in eurer Familie fehlt. Und am nächsten Tag ist sie nicht mehr zu sprechen. Unter uns: Sie ist ein Flittchen.«
Jetzt reicht es mir aber langsam mit diesem Helmuth. Der macht es sich ein bisschen zu einfach. Kein Wunder, dass dem die Frauen weglaufen - wie gesagt. Das mag ich gar nicht, wie der von meiner Schwester redet. Hinterher hat der noch in
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