Level 4 07 - 2049
leise.
»Bitte?«, fragte Thomas.
Jennifer wiederholte: »Beim Telefonieren mit einem Fremden in der Leitung muss man auflegen.«
»Hi und hallo, Freaks and Fans, wo immer ihr uns zuschaut! Hier neben mir steht die kleine Miriam. Schaut sie euch an. Lucky funny, that girl, well? Doch ist mit ihr längst nicht alles so easy. But she is here. Great!«
Kompletter Dachschaden, der Typ!
Daran hatte Miriam keinen Zweifel. Allein schon, wie der aussah! An diese glitzernden Glatzen hatte sie sich ja mittlerweile halbwegs gewöhnt. Sie selbst trug ja schon so eine. Aber bei dem Fernsehmoderator, der sich selbst als Event-Manager bezeichnete, sprudelte aus der Spitze des kahlen Kopfes tatsächlich eine kleine silbrigviolette Wasserfontäne, welche auf seinen Schädel klatschte und von einem hauchdünnen Metallschlauch wieder aufgesogen wurde. Das Ekligste daran war, dass dieser Metallschlauch keineswegs auf dem Kopf festgeklebt war, sondern unter die Kopfhaut transplantiert war, so dass er metallisch durch die dünne Hautschicht schimmerte. Nur die Absaugspitze des Schlauches ragte aus dem Kopf heraus wie die Sprungfeder eines kaputten Sofas. Sein durchsichtiger Anzug bestand aus zwei Schichten. In dem Hohlraum dieser beiden Schichten krabbelten phosphoreszierende spaghettilange Würmer herum, die in eine hellblaue Flüssigkeit getaucht waren. Es war widerlich.
Die Erkennungsmelodie der Sendung, in der Miriam gerade live auftrat, bestand aus einem absolut hippen Bug-jam, wie der Event-Manager kundtat. Bug-jam – übersetzt: Insekten-Gedränge – war der Name für die neue, angesagte Musikrichtung: Man nahm die Flug-, Balz- oder Warngeräusche eines beliebigen Insektsauf, verstärkte und verzerrte diese auf jede erdenkliche technische Art, bastelte einen ohrenbetäubenden Rhythmus daraus und unterlegte diesen mit einer erneuten Mischung von anderen Insektengeräuschen. Das Ergebnis war, dass hundert oder zweihundert verschiedene, elektronisch bearbeitete Insektengeräusche übereinander montiert ein Höllenspektakel ergaben. In den Discotheken mit den riesigen Erlebnislandschaften war dies der letzte Schrei, wobei die Tanzenden sich eifrig bemühten in ekstaseähnlichen Zuständen mit ihren Gliedmaßen möglichst eines dieser Insekten nachzuahmen.
Da der Event-Manager sich während des Jingles – also der Erkennungsmelodie – bemühte, eine Fruchtfliege beim Flügelputzen nachzuahmen, war es für Miriam keine Frage mehr: Sie dachte überhaupt nicht daran, der Anweisung zu folgen, die ihr diese verrenkte Sprudelglatze vor einer Sekunde noch eingebläut hatte. Sie wollte nicht lächeln, weil es keinen Grund dazu gab. Miriam fühlte sich übers Ohr gehauen. Der ewig lächelnde Schleimsack hatte ihr hoch und heilig versprochen den Aufenthaltsort ihrer Freunde herauszubekommen. Nur sollte Miriam erst einmal erzählen, was überhaupt so passiert war.
Als Miriam endlich mit ihrer langen Erklärung fertig gewesen war, hatte sie erstens feststellen müssen, dass niemand in dem Medienkonzern wusste, wo sich ihre Freunde derzeit aufhielten, und zweitens, dass ihre ganze Erzählung ohne ihr Wissen heimlich aufgenommen worden war. Und jetzt, da dieser juchzendeSchmalztopf sie ankündigte wie einen jonglierenden Seehund, wurde im Hintergrund eifrig ihre Darstellung digital zusammenschnitten, um sie gleich einem Millionen-, wenn nicht gar Milliardenpublikum vorzuführen.
Miriam überlegte, ob sie dieser aufgemotzten Kanalratte nicht vor laufender Kamera in seine geklonten Weichteile treten sollte, statt ihm auch nur eine einzige Frage zu beantworten. Bevor sie jedoch zu einer Entscheidung gekommen war, wurde schon ihre Erzählung eingespielt.
»Was soll das heißen? Auflegen?«, keifte die Wachtmeisterin aus der Gestalt der Professorin. »Dann ist die Leitung doch gekappt. Das Gespräch beendet. Was hat denn das mit uns zu tun?« Sie stockte, weil ihr in diesem Moment, als sie es selbst ausgesprochen hatte, die Konsequenz aus dem Vergleich mit dem verkorksten Telefonat deutlich wurde. »Sie meinen …«
Der Onkel nickte.
Die Professorin – in der Gestalt der Wachtmeisterin – fuhr energisch dazwischen. »Papperlapapp! Das ist doch wissenschaftlicher Unsinn. Nichts bewiesen!«
»Wissen Sie denn, wie man den Gedankensalat wieder auseinander sortiert?«, fragte der Onkel trocken.
Die Professorin verstummte, würgte sich nur noch ein verlegenes »Äh …« heraus.
»Und Sie, meine Herren?«, fragte der Onkel und sah die
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