Level 4 07 - 2049
Angestellten, die sich verwundert bemühten der Diskussion zwischen den Frauen und den Kindern zu folgen.
Der Wirrwarr um die Kompetenzen der beiden vertauschten Frauen nahm einen so großen Raum ein, dass sich noch kaum jemand die Zeit genommen hatte, sich mit den vertauschten Jungs auseinander zu setzen,insbesondere da alle annahmen, dass der Tausch durch die Tür rückgängig gemacht worden war und jeder wieder seine normale Identität hatte.
Auch Jennifer war hiervon überzeugt. Erschöpft – wenn sie ihr schon die Fähigkeit genommen hatten zu weinen, warum nicht auch die Last der Erschöpfung, fragte sie sich – schmiegte sie sich an ihren Freund Ben, der aussah wie Ben und auch von sich behauptete Ben zu sein. Kaum aber hatte Jennifer ihren Kopf an ihn gelehnt, wich Ben erschrocken zurück, während Frank beleidigt wegsah.
Jennifer fuhr verwundert hoch. »Was soll das?«, fragte sie beide Jungs gleichzeitig.
»Nichts! Wieso?«, antworteten beide, während Thomas, der auch aussah wie Thomas, sich von seinem Sitz erhob und in die Runde sagte. »Möchte zu gern wissen, wie dieser Identitätsaustausch funktioniert. Ich nehme an, sie werden ihn gleich an den beiden Frauen ausprobieren.«
»Nichts werden wir ausprobieren!«, protestierte die Wachtmeisterin in Professorin-Gestalt aufgebracht und wandte sich der wirklichen Professorin zu. »Ich will, dass das hier auf eine saubere und ungefährliche Weise wieder in Ordnung gebracht wird oder ich wende mich an die Öffentlichkeit.«
Jennifer wollte Thomas gerade fragen, seit wann er sich so sehr für technische Fragen interessierte, als Ben aufstand und einige Kniebeugen machte, weil er fand, dass er nach so langer Zeit etwas Bewegung benötigte. Gleichzeitig stimmte er Thomas zu, dass die technischeSeite des ldentitätstausches sicher sehr interessant wäre. Frank bückte sich, hob ein kleines Teil auf, betrachtete es eindringlich und freute sich schließlich, als er erkannte, dass es sich um eine Schraube handelte, die wohl mal ein Roboter verloren hatte, und steckte sie zufrieden ein.
Jennifer traute ihren Augen nicht. Alles war so durcheinander und verwirrend. Sie wusste überhaupt nicht mehr, mit wem sie es eigentlich zu tun hatte. Ihr eigener Freund kannte sie nicht mehr, zumindest nicht als seine Freundin, Frank sammelte wie Thomas, der sich wie Ben für Technik interessierte, trotzdem hatten alle aber auch alte Eigenschaften behalten. Was bedeutete das alles? Wieder wandte sich Jennifer an Kosinus’ Onkel, der finster dreinblickte.
»Identitätschaos!«, sagte er laut, woraufhin die wilde Debatte zwischen der Wachtmeisterin, der Professorin und ihrer Kollegen schlagartig unterbrochen wurde.
»Was sagen Sie da?«, fragte die Wachtmeisterin in Professorin-Gestalt verängstigt.
Kosinus’ Onkel wiederholte das Wort: »Identitätschaos! Genau das, wovor wir in der jahrzehntelangen Debatte über das Brain-scanning immer gewarnt haben: dass der Austausch der gespeicherten Gedanken nicht nur zwischen dem Speichermedium und dem Datenträger stattfindet, sondern möglicherweise auch unkontrolliert zwischen den Datenträgern selbst.«
Thomas fragte mit dem Teil seiner Gedanken nach, der wirklich zu ihm gehörte: »Das verstehe ich nicht. Können Sie das nicht mal einfacher erklären?«
Der Onkel nickte gutmütig. »Hast du schon einmal erlebt, dass du während eines Telefonats plötzlich einen dritten Gesprächsteilnehmer in der Leitung hattest, der mit deinem Gespräch nichts zu tun hatte?«
Thomas nickte.
»Die Folge einer willkürlichen, zufälligen Fehlschaltung im riesigen Telefonnetz!«, erklärte Kosinus’ Onkel. »So etwas kann immer mal vorkommen. Ähnlich musst du dir unsere Befürchtung vorstellen, was das Brain-scanning anbetrifft.«
»Willkürliche, zufällige Verbindungen zwischen den Daten- und Gedankenströmen der Datenträger«, ergänzte Bens Gehirn aus Franks Körper. »Also zwischen uns, die wir keine echten, sondern künstliche Menschen sind! Zusätzlich zu einem Gehirninhalt kommen Bruchstücke aus anderen Gehirnen dazu oder werden sogar ausgetauscht!«
Der Onkel nickte.
»Und wie stellt man das wieder ab?«, wollte Frank wissen. Die Frage kam allerdings aus Thomas’ Körper.
Der Onkel schwieg.
Zuerst glaubte Ben, er schwieg, weil er nach einer Antwort suchte. Allmählich begriff er, dass das Gegenteil der Fall war: Der Onkel schwieg, weil er die Antwort wusste.
»Auflegen!«, antwortete Jennifer schließlich für ihn
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