Leviathan erwacht - Corey, J: Leviathan erwacht - Leviathan Wakes (The Expanse Series Book 1)
geheime Station war, benutzte sie nur passive Sensoren. Hätte sie die ganze Umgebung mit Radar oder Lidar abgetastet, dann hätte sie geleuchtet wie ein Weihnachtsbaum. Es war möglich, dass sich die Rosinante mit abgeschaltetem Reaktor unbemerkt an die Station heranschleichen konnte. Fred hatte jedoch entschieden, dass mit einem sofortigen Angriff zu rechnen war, falls sie durch Zufall bemerkt würden. Statt leise vorzugehen, traten sie deshalb besonders laut auf und hofften, die Verwirrung werde ihnen helfen.
Mit etwas Glück würden die Sicherheitssysteme der Thoth-Station sie scannen und zu dem Schluss kommen, dass dort tatsächlich ein großer Brocken Metall, auf dem es offenbar kein Leben gab, auf unveränderlichem Kurs durchs All flog. Aus der Ferne war die Abwehr der Station möglicherweise zu stark für die Rosinante . Die Tarnung diente dazu, ihnen etwas Zeit zu erkaufen, während die Sicherheitsleute auf der Station darüber grübelten, was dort eigentlich los war.
Fred und alle, die an dem Angriff teilnahmen, wetteten, dass die Station erst schießen würde, wenn man dort absolut sicher war, angegriffen zu werden. Protogen hatte sich große Mühe gegeben, das Forschungslabor im Gürtel zu verstecken. Sobald sie die erste Rakete abfeuerten, wäre es um die Anonymität geschehen. Da sowieso gerade Krieg war, würden viele Monitore die Spuren der Raketenantriebe erfassen, und viele Beobachter würden sich fragen, was dort im Gange war. Die Thoth-Station würde also nur als allerletztes Mittel ihre Waffen abfeuern.
Theoretisch jedenfalls.
Während er in der winzigen Luftblase hockte, die sein Helm umschloss, dachte Holden darüber nach, dass sie es nicht einmal mehr bemerken würden, falls sie sich irrten. Die Rosinante flog völlig blind. Es gab keinen Funkkontakt. Alex hatte eine mechanische Uhr mit selbstleuchtendem Zifferblatt und einen sekundengenauen Plan im Kopf. Mit moderner Technik konnten sie Thoth nicht besiegen, also flogen sie mit so wenig Technik wie irgend möglich. Falls sie sich verschätzten und die Station feuerte auf sie, würde die Rosinante ohne Vorwarnung verdampfen. Holden war einmal mit einer Buddhistin zusammen gewesen, die ihm erklärt hatte, der Tod sei nur eine andere Form des Daseins und die Menschen fürchteten sich lediglich vor dem Unbekannten, das nach dem Übergang auf sie wartete. Es sei besser, ohne Vorwarnung zu sterben und keine Zeit zu haben, sich zu fürchten.
Er fand, dass er jetzt ein gutes Gegenargument hatte.
Um sich zu beschäftigen, ging er noch einmal den Plan durch. Sobald sie nahe genug waren, um praktisch auf die Thoth-Station spucken zu können, sollte Alex den Reaktor hochfahren und mit fast zehn G bremsen. Die Guy Molinari würde die Station mit Funk- und Lasersignalen eindecken, um die Zielerfassung während der wenigen Augenblicke zu stören, in denen die Rosinante wendete und auf Angriffskurs ging. Die Rosinante sollte dann die Verteidigung der Station beschäftigen, während das Frachtschiff herbeiflog, die Hülle der Station aufbrach und die Angriffstruppen absetzte.
In diesem Plan gab es eine große Zahl unbekannter Faktoren.
Falls die Station sich dazu entschied, früh zu schießen, würde die Rosinante untergehen, bevor der Kampf überhaupt begonnen hätte. Falls die Zielerfassung der Station die Störimpulse der Molinari ausblenden konnte, begann sie möglicherweise schon zu feuern, ehe die Rosinante in der richtigen Position war. Und selbst wenn bis dahin alles glatt verlief, blieb noch das Überfallkommando, das sich zunächst einen Weg in die Station bahnen musste, um sich anschließend Korridor um Korridor bis zum Nervenzentrum vorzukämpfen und die Kontrolle zu übernehmen. Selbst die besten Marinesoldaten der inneren Planeten fürchteten sich aus gutem Grund vor solchen Einbruchsversuchen. Wenn man sich ohne Deckung durch unbekannte, mit Metall verkleidete Gänge bewegte, wo der Feind jederzeit einen Hinterhalt legen konnte, verlor man rasch eine Menge Leute. In den Simulationen der irdischen Marine hatte Holden noch nie gesehen, dass die Angreifer weniger als sechzig Prozent der Kämpfer verloren hatten. Und dies waren keine Marinesoldaten von den inneren Planeten mit jahrelanger Spezialausbildung und hochmodernem Gerät. Es waren AAP-Cowboys mit einer Ausrüstung, die sie in letzter Minute zusammengekratzt hatten.
Doch das war nicht einmal Holdens größte Sorge.
Wirklich besorgt war er über den großen, minimal erwärmten
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