Lewis, CS - Narnia 2
nanntest sie eine Lügnerin.« Tiefes Schweigen folgte. »Pfui Teufel, was für eine Gemeinheit!« Peter zuckte die Achseln und sagte nichts mehr. Was sollte man auch mehr darüber sagen, und gleich darauf setzten alle vier ihren Weg fort.
Das werde ich diesem hochmütigen, selbstgefälligen Pack noch heimzahlen, dachte Edmund heimlich bei sich.
»Wohin gehn wir eigentlich?« fragte Suse, nur um das Thema zu wechseln.
»Lu sollte den Führer machen«, rief Peter. »Sie hat es wirklich verdient. Willst du, Lu?«
»Wie wär’s, wenn wir Herrn Tumnus besuchten?« fragte Lucy. »Das ist der reizende Faun, von dem ich erzählte.«
Sie waren damit einverstanden, marschierten flink weiter und stampften mit ihren Füßen durch den Schnee.
Lucy erwies sich als gute Führerin. Zunächst war sie unsicher, ob sie den Weg noch fände, aber bald erkannte sie einen sonderbar aussehenden Baum wieder, an einer andern Stelle einen Baumstumpf, und so geleitete sie die andern bis dorthin, wo der Boden uneben wurde, in das kleine Tal hinein und zuletzt vor die richtige Tür, vor die Höhle des Herrn Tumnus. Aber hier erwartete sie eine schreckliche Überraschung. Die Tür war aus den Angeln gerissen und ganz zerbrochen. Im Innern der Höhle war es dunkel und kalt. Es roch sumpfig und modrig, der Ort schien schon eine Zeitlang unbewohnt. Durch den Eingang war der Schnee hineingeweht. Er haftete am Boden, vermengt mit schwarzer Holzkohle und Aschenresten des toten Feuers. Irgend jemand hatte anscheinend alles absichtlich durch den Raum gezerrt und dann zerstampft.
Das Geschirr lag zerschlagen am Boden, und das Bild vom Vater Faun war mit einem Messer in Stücke geschnitten.
»Das ist ja eine schöne Bescherung«, sagte Edmund.
»Wozu sind wir eigentlich hergekommen?«
»Was ist dies hier?« Peter bückte sich. Er hatte einen Papierzettel entdeckt, der durch den Teppich hindurch an den Boden genagelt war.
»Steht etwas darauf geschrieben?« wollte Suse wissen.
»Es scheint so«, antwortete Peter, »doch in diesem Licht kann ich es nicht lesen. Gehn wir hinaus.«
Das taten sie und umringten Peter, während er die folgenden Worte vorlas:
Der ehemalige Bewohner dieses Grundstückes, der Faun Tumnus, befindet sich in Haft, in Erwartung eines Gerichtsverfahrens wegen Hochverrats, begangen gegen Ihre Kaiserliche Majestät Jadis, Königin von Narnia auf Feeneden, Herrscherin über die Einsamen Eilande usw….
Obendrein begünstigte er die Feinde Ihrer Majestät, beherbergte Spione und schloß mit Menschen Brüderschaft.
Gezeichnet: Maugrim
Hauptmann der Geheimpolizei
Lang lebe die Königin!
Die Kinder starrten einander an.
»Ich möchte lieber nach Hause. Ich mag nicht mehr hierbleiben«, sagte Suse.
»Wer ist diese Königin, Lu?« fragte Peter. »Weißt du etwas von ihr?«
»Soviel ich weiß, ist sie überhaupt keine richtige Königin«, antwortete Lucy. »Sie ist eine scheußliche Hexe. Alle Waldbewohner hassen sie. Sie hat das ganze Land verzaubert, so daß es immerzu Winter ist und niemals Weihnachten.«
»Gott weiß, was da alles noch passieren wird«, klagte Suse, »was wollen wir schon hier! Vielleicht wird’s noch schlimmer. Jede Minute wird es kälter, und wir haben nichts zum Essen mitgenommen. Wir sollten lieber heimgehn.«
»Oh, das können wir doch nicht!« rief Lucy. »Seht ihr das nicht ein? Nach alldem können wir nun erst recht nicht heimgehn. Ich bin doch daran schuld, daß der arme Faun in solche Schwierigkeiten geraten ist. Er beschützte mich vor der Hexe. Er zeigte mir den Weg zurück. Das bedeutet ja: den Feinden der Königin beistehn und mit Menschen Brüderschaft schließen. Selbstverständlich müssen wir versuchen, ihn zu befreien.«
»Nichts werden wir versuchen!« schrie Edmund.
»Hätten wir lieber etwas zu essen!«
»Du hältst den Mund!« befahl Peter, der auf Edmund noch sehr böse war. »Was meinst du, Suse?«
»Ich habe das schreckliche Gefühl, daß Lucy recht hat«, meinte Suse, »eigentlich möchte ich keinen Schritt weiter tun und wünschte, wir wären niemals hierhergekommen, aber ich glaube, wir müßten was unternehmen für diesen Herrn… wie war doch sein Name… ich meine, für den Faun.«
»Ich bin der gleichen Meinung«, sagte Peter. »Es beunruhigt mich aber, daß wir gar nichts zu essen haben. Ich würde vorschlagen, uns einiges aus der Speisekammer zu holen, nur ist es nicht sicher, ob wir wieder hierher zurückfinden, wenn wir einmal draußen sind. Deshalb
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