Lewis CS - Narnia 3
Büsche wuchsen. Dann wurde aus dem Bach ein Fluß. Endlich, nach all den vielen Enttäuschungen, glitt Shasta, der mehr oder weniger gedöst hatte, von Brees Rücken. Vor ihnen ergoß sich ein kleiner Wasserfall in einen großen Teich. Beide Pferde standen schon im Wasser und tranken, was das Zeug hielt.
„O-o-oh!“ sagte Shasta und hüpfte ebenfalls ins Wasser das ihm bis zu den Knien ging. Er hielt den Kopf unter den Wasserfall. Das war vermutlich der glücklichste Augenblick seines Lebens.
Nach langer Zeit kletterten die beiden tropfnassen Kinder und die Pferde aus dem Wasser und blickten um sich. Der Mond stand inzwischen so hoch, daß sie ein Stück weit ins Tal hineinsehen konnten. Auf beiden Seiten des Flusses wuchs weiches Gras, und dahinter, bis zum Fuß der Felsen hinauf, standen Bäume und Büsche. Irgendwo im schattigen Unterholz mußten irgendwelche Blumen blühen, denn die ganze Lichtung war von einem sanften und unendlich lieblichen Duft erfüllt. Im dunkelsten Schlupfwinkel unter den Bäumen sang eine Nachtigall.
Alle waren viel zu müde zum Reden oder zum Essen. Ohne darauf zu warten, daß man ihnen den Sattel abnahm, legten sich die Pferde nieder. Aravis und Shasta taten es ihnen nach.
Ein Weilchen später sagte die vernünftige Hwin: „Aber wir dürfen nicht einschlafen! Wir dürfen uns nicht von diesem Rabadash einholen lassen.“
„Nein“, brummte Bree träge. „Wir dürfen nicht schlafen. Nur eine kleine Rast.“
Shasta wußte, daß sie alle einschlafen würden, wenn er nicht aufstand und etwas unternahm. Er faßte den Entschluß, aufzustehen und die anderen davon zu überzeugen, daß sie weitermußten. Aber noch nicht gleich, nur noch ein kleines Weilchen …
Und während der Mond auf sie herabschien und die Nachtigall sang, waren die beiden Pferde und die beiden Menschenkinder fest eingeschlafen.
Aravis wachte als erste auf. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, und die kühlen Morgenstunden waren schon verstrichen. Es ist meine Schuld! sagte sie sich wütend, während sie aufsprang und die anderen weckte. Von Pferden kann man nach einem solchen Ritt nicht verlangen, daß sie wach bleiben, auch wenn sie sprechen können. Und von dem Jungen natürlich auch nicht; er hat ja keine vernünftige Erziehung genossen. Aber ich hätte es besser wissen müssen.
Die anderen waren noch benommen vom tiefen Schlaf und konnten kaum denken.
„Hei-ho-broo-hoo“, sagte Bree. „Ich habe mit meinem Sattel geschlafen, was? Das mache ich nie wieder. Das ist sehr ungemütlich …“
„Los, beeilt euch!“ befahl Aravis. „Der halbe Vormittag ist schon vorbei. Wir dürfen keine Sekunde mehr verlieren.“
„Also ich brauche erst mal ein Maulvoll Gras“, sagte Bree.
„Ich fürchte, dafür ist keine Zeit“, wandte Aravis ein.
„Warum denn diese Eile?“ fragte Bree. „Wir haben die Wüste durchquert, oder etwa nicht?“
„Aber wir sind noch nicht in Archenland“, sagte Aravis. „Wir müssen vor Rabadash dort ankommen.“
„Ach was, wir müssen meilenweit vor ihm sein“, sagte Bree. „Wir haben doch einen kürzeren Weg genommen. Hat dieser Rabe nicht gesagt, es sei eine Abkürzung, Shasta?“
„Er hat nicht gesagt, der Weg sei kürzer “, antwortete Shasta. „Er hat nur gesagt, er sei besser , weil er an einem Fluß entlangführt. Wenn die Oase genau nördlich von Tashbaan liegt, dann war unser Weg vermutlich länger, fürchte ich.“
„Also ohne Frühstück kann ich nicht weiter“, sagte Bree. „Nimm mein Zaumzeug ab, Shasta.“
„Ach b-bitte“, sagte Hwin schüchtern. „Ich habe genau wie Bree das Gefühl, nicht weiterzukönnen. Aber ich m-meine sollten wir uns jetzt, wo wir frei sind, nicht noch mehr anstrengen? Es ist alles für Narnia.“
„Ich glaube, meine Dame“, sagte Bree vernichtend, „daß ich über Feldzüge und Gewaltmärsche und darüber, was ein Pferd aushält, ein klein wenig mehr weiß als du.“
Darauf wußte Hwin keine Antwort.
Also mußten sie warten, bis Bree einen Imbiß zu sich genommen und getrunken hatte. Auch Hwin und die Kinder aßen etwas und tranken sich satt. Es war schon fast elf Uhr als sie sich wieder auf den Weg machten.
Das Tal mit dem braunen, kühlen Fluß, dem Gras, dem Moos, den wilden Blumen und den Rhododendronbüschen war so wunderschön, daß man gar nicht schnell reiten mochte.
DER EINSIEDLER
Nachdem sie einige Stunden geritten waren, weitete sich das Tal und gab den Blick nach vorne frei. Der Fluß, dem sie gefolgt waren, mündete hier in
Weitere Kostenlose Bücher