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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
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Warren Buffett
zwar den Vorzug genoss, von Ben Graham zu lernen, doch diesen nicht nachahmte,
sondern vielmehr seinen eigenen Weg ging und sein Geld nach seinen eigenen
Regeln anlegte ... Gleichzeitig wurde mir klar, dass man auf keiner Schule
lernen konnte, ein großer Investor zu werden. Wenn das ginge, wäre das die
gefragteste Schule der Welt mit unbezahlbaren Studiengebühren. Daher ist es
wohl nicht möglich.«
    Kapitalanlage
war etwas, das jeder für sich selbst lernen musste, auf seine eigene Weise.
Burry hatte keine größeren Summen, die er anlegen konnte, doch seine Obsession
begleitete ihn durch Schule, College und Medizinstudium hindurch. Er kam ans
Stanford Hospital, ohne je einen Kurs in Finanz- oder Rechnungswesen belegt
oder gar an der Wall Street gearbeitet zu haben. Sein Barvermögen belief sich
in etwa auf 40 000 US-Dollar. Dem standen Studienkredite in Höhe von 145 000
US-Dollar gegenüber. Die letzten vier Jahre hatte er die vielen Stunden
gearbeitet, die Medizinstudenten abverlangt wurden. Dennoch hatte er die Zeit
gefunden, sich zu einer Art Finanzexperten zu entwickeln. »Zeit ist ein
variables Kontinuum«, schrieb er an einem Sonntagmorgen 1999 einem seiner
E-Mail-Freunde.
    Ein Nachmittag kann verfliegen oder fünf Stunden dauern.
Wie du vermutlich auch, fülle ich die Lücken, die die meisten Menschen
ungenutzt lassen, mit produktiven Tätigkeiten. Mein Drang zur Produktivität hat
vermutlich meine erste Ehe auf dem Gewissen, und vor ein paar Tagen wäre
deshalb fast meine Verlobung in die Brüche gegangen. Bevor ich aufs College
kam, hieß es beim Militär: »Wir haben vor 9 Uhr schon
mehr geschafft als die meisten Menschen den ganzen Tag über«, und ich dachte
damals: »Und ich schaffe noch mehr als so ein Soldat«. Wie du weißt, gibt es Menschen,
die aus bestimmten Tätigkeiten eine Motivation beziehen, die einfach alles
andere verdrängt.
    Manisch-depressiv
war er nicht. Er war nur einsam und allein, ohne sich dabei wirklich verlassen
oder richtig unglücklich zu fühlen. Er sah sich nicht als tragische Figur. Er
war unter anderem stolz darauf, dass er sich dank seiner ungewöhnlichen
Wesensart besser konzentrieren konnte als die meisten. Nach seiner Überzeugung
war der verzerrende Effekt seines künstlichen Auges für das alles
verantwortlich. »Deshalb, so glaubte ich, hielten mich die Leute für anders«,
sagte er. »Und deshalb hielt ich mich für anders.« Und weil er so dachte, fand
er das, was ihm bei seinem Zusammenstoß mit der Wall Street widerfuhr, lange
nicht so eigenartig, wie es in Wirklichkeit war.
    Eines
späten Abends im November 1996 - er versah gerade seinen turnusmäßigen Dienst
in der kardiologischen Abteilung des St. Thomas Hospital in Nashville,
Tennessee - ging er über den Krankenhauscomputer ins Internet und suchte ein
Forum namens techstocks.com auf. Dort stieß er einen Thread zum Thema Value
Investing an. Nachdem er alles gelesen hatte, was es über Kapitalanlagen zu
lesen gab, beschloss er, mehr über »Investments in der realen Welt« in Erfahrung
zu bringen. Der Markt war gerade von einer Internetaktienmanie erfasst worden.
Die Website für Silicon-Valley-Investoren entsprach um das Jahr 1996 herum
nicht so ganz der natürlichen Umgebung für einen nüchternen wertorientierten
Anleger. Dennoch meldeten sich viele zu Wort. Und alle hatten eine Meinung. Ein
paar störten sich schon an der Vorstellung, dass ein Arzt etwas Nützliches zum
Thema Geldanlage beizusteuern hätte. Doch mit der Zeit riss er die Diskussion
an sich. Dr. Mike Burry, wie er stets unterzeichnete, spürte, dass die anderen
Gesprächsteilnehmer seine Ratschläge ernst nahmen und Geld damit verdienten.
    In
dem Moment, da er zu dem Schluss gelangte, dass er aus den Beiträgen zu diesem
Thema nichts mehr lernen konnte, klinkte er sich aus dem Forum aus und
erstellte stattdessen etwas, das später als Blog bezeichnet werden sollte, doch
damals lediglich eine ungewöhnliche Form der Kommunikation war. Er absolvierte
16-Stunden-Schichten im Krankenhaus und beschränkte sein Bloggen überwiegend
auf die Zeit von Mitternacht bis drei Uhr früh. Auf seine Internetseite stellte
er Aktienmarkttransaktionen ein und begründete sie. Und er wurde gelesen. Ein
Kapitalverwalter eines großen Value-Fonds aus Philadelphia meinte: »Das Erste,
was mir durch den Kopf schoss, war die Frage: Wann macht er das? Der Kerl war Assistenzarzt.
Ich sah nur den Teil seines Arbeitstags, der nichts mit Medizin zu

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