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Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
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zur
Absicherung gewesen: Eine Bank hatte General Electric mehr Geld geliehen, als
ihr lieb war - weil GE darum gebeten hatte und man einen langjährigen Kunden
ungern verstimmen wollte; eine andere Bank hatte ihre Meinung hinsichtlich der
Kreditvergabe an GE geändert. Die neuen Derivate entwickelten sich jedenfalls
sehr schnell zu Spekulationswerkzeugen. Viele Marktteilnehmer wollten Wetten
auf die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz von GE abschließen. Und Burry wurde
klar, dass die Wall Street auf Subprime-Hypothekenanleihen sicher ähnlich
reagieren würde. Angesichts der Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt - und
angesichts des Verhaltens der Vergeber minderwertiger Hypotheken - würden
früher oder später viele clevere Zeitgenossen nebenher Wetten auf
Subprime-Papiere laufen lassen wollen. Und das ginge nur über den Erwerb von
Credit Default Swaps.
    Dieses
Instrument würde Mike Burrys größtes Problem mit seiner grandiosen Idee lösen:
die Frage des Timings. Anfang 2005 abgeschlossene Hypothekendarlehen von
minderer Bonität würden seiner Ansicht nach mit größter Sicherheit platzen.
Doch da ihre Zinsen künstlich niedrig gehalten worden waren und erst nach
Ablauf von zwei Jahren neu festgesetzt wurden, würde das erst in zwei Jahren
passieren. Minderwertige Hypotheken waren in aller Regel zinsvariabel, doch
meist mit einem festen »Lockzins« für zwei Jahre ausgestattet. Eine Anfang 2005
vergebene Hypothek könnte daher einen für zwei Jahre festgeschriebenen Zins von
6 Prozent aufweisen, der 2007 auf 11 Prozent ansteigen und eine Welle von
Ausfällen auslösen würde. Das leise Ticken dieser Zeitbombendarlehen würde mit
der Zeit lauter werden, bis am Ende sehr viele Menschen wie Burry merken
würden, was da vor sich ging. Sobald das geschah, wäre niemand mehr bereit,
Versicherungen für Subprime-Hypothekenanleihen zu verkaufen. Er musste seine
Jetons jetzt auf den Spieltisch legen und warten, bis das Kasino die Zeichen
der Zeit richtig deutete und die Gewinnquoten für das Spiel änderte. Ein Credit
Default Swap auf eine Subprime-Hypothekenanleihe mit 30 Jahren Laufzeit war
theoretisch eine auf 30 Jahre ausgelegte Wette. Er ging davon aus, dass sie
sich nach nur drei Jahren auszahlen würde.
    Das
Problem dabei war nur: Soweit er es überblicken konnte, gab es keine
Kreditausfall-Swaps für Subprime-Hypothekenanleihen. Er musste die großen
Wall-Street-Unternehmen dazu bringen, sie einzuführen. Doch welche Firmen
kamen infrage? Wenn er recht behielt und der Häusermarkt abstürzte, würden
Unternehmen, die maßgeblich auf diesem Markt engagiert waren, eine Menge Geld
verlieren. Es machte keinen Sinn, eine Versicherungspolice von einer Bank zu erstehen,
die bankrott gehen würde, sobald die Versicherung einen Wert darstellte. Bei
Bear Stearns und Lehman Brothers rief er gar nicht erst an, denn diese Firmen
waren auf dem Markt für Hypothekenanleihen stärker vertreten als andere.
Goldman Sachs, Morgan Stanley, die Deutsche Bank, die Bank of America, UBS,
Merrill Lynch und Citigroup waren seiner Ansicht nach die Kandidaten mit den
besten Aussichten, einen Kollaps zu überleben. An sie wendete er sich. Fünf
wussten mit seiner Anfrage gar nichts anzufangen, zwei gingen darauf ein und
meinten, zurzeit gebe es dafür keinen Markt, aber vielleicht später irgendwann
einmal. Innerhalb von drei Jahren sollten Credit Default Swaps auf
Subprime-Hypothekenanleihen einen billionenschweren Markt darstellen und großen
Wall-Street-Firmen hunderte Milliarden US-Dollar Verlust bescheren. Doch als
Michael Burry den Firmen Anfang 2005 auf den Zahn fühlte, zeigten nur die
Deutsche Bank und Goldman Sachs Interesse an weiteren Gesprächen. Soweit er es
beurteilen konnte, sah an der Wall Street niemand, was er sah.
     
    Er
wusste bereits, dass er anders war als die meisten Menschen, noch bevor er den
Grund dafür erfuhr. Mit zwei Jahren litt er an einer seltenen Krebsart, und
bei der Operation, die nötig war, um den Tumor zu entfernen, verlor er sein
linkes Auge. Ein Junge mit nur einem Auge sieht die Welt anders. Doch Mike
Burry sah darin im übertragenen Sinne bald mehr als einen realen Unterschied.
Die Erwachsenen bestanden darauf, dass er anderen Menschen in die Augen
blickte - vor allem, wenn er mit ihnen sprach. »Ich brauchte meine ganze
Energie, um jemandem in die Augen zu sehen«, erzählte er. »Wenn ich Sie anschaue,
ist das der Moment, in dem ich Ihnen ganz bestimmt nicht zuhöre.« Sein linkes
Auge, ein

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