Lewyn - Die Halbelbin: Reise durch Garnadkan (German Edition)
lächelnd hinter ihnen. Dann sah er noch einmal zu Lewyn. Brauchte sie wirklich keine Hilfe? Gerade in diesem Augenblick schaute auch sie zu ihm. Sie schüttelte leicht mit dem Kopf. Die Gabe, die Gedanken anderer hören zu können und sich still mit ihnen zu verständigen, war ihr geblieben.
„Es geht schon. Du musst nur endlich die Brücke freimachen.“
Der Elb beeilte sich nun, schnellstens von dem wackeligen Überweg zu kommen. Er war noch nicht ganz auf der anderen Seite, als er den Hufschlag galoppierender Pferde hörte. Rasch waren die Tiere bei ihren Herren. Die junge Frau kam ruhigen Schrittes, hinter ihr der Schimmel, nach.
Bis zum Abend ritten sie abermals durch Wald. Gerade als die Sonne hinter dem Horizont abtauchte, stand die kleine Gruppe unter den letzten Bäumen. Vor ihnen lag eine Graslandschaft, die von sanften grünen Wellen bestimmt wurde. Vereinzelt wuchsen ein paar Büsche darin. Sonst gab es keine Deckung.
„Was machen wir, im Schutz der Bäume rasten oder ziehen wir weiter und nutzen die Dunkelheit?“
„Wir befinden uns noch immer sehr nah zu Parangors Grenze?“
„Ja Therani. Deshalb denke ich, sollten wir weiterreiten. Die Hügel geben ein wenig Schutz. Es liegt auch nicht mehr so viel Schnee, als dass wir den hellen Stellen nicht ausweichen könnten, Soh’Hmil?“
„Reiten wir.“
Hoffnung
Stets den dunklen schützenden Mantel der Nacht ausnutzend, ritten die Gefährten weit über einen Monat in Richtung Westen. Dabei waren sie darauf bedacht, jeglichen Begegnungen aus dem Weg zu gehen. Die Bemühungen der Gemeinschaft diesbezüglich waren erfolgreich. Schließlich hatten sie den nördlichen Rand des Zirlenwaldes erreicht. Dessen Bewohner würden die Halbelbin sicher nicht angreifen, aber es war besser, sie wussten erst gar nichts von ihrer Anwesenheit. So konnten sie auch nichts versehentlich verraten.
Sieben Tage ritten die Freunde im Schutz der Bäume. Dann kreuzten sie die Stelle, an der sie vor etwa vier Jahren den Feinden in Richtung des Daras’enwa gefolgt waren. Schmerzlich rückte wieder das Bewusstsein in den Vordergrund, dass weder Naria noch Umodis unter den Lebenden weilten. So ritt die Kriegerin abermals schweigend an der Spitze, während der Rest, die stille Trauer von Asnarins Enkelin akzeptierend, folgte.
In gerader Linie ging es weiter auf den Kelreos zu. Dabei trafen sie auf die En’dika, einer Folge verschieden großer Seen, die durch den kleinen Seitenarm des Be’yahe gespeist wurden. Legenden rankten sich um diese Gegend. Ein Geheimnis sollte den Wassern innewohnen. Viele, die hier wandelten, kehrten nicht zurück. Andere waren ihrer Erinnerung an das Geschehene in dieser Gegend beraubt.
„Wir sollten diese Seen meiden. Sie bergen großes Unheil.“ Soh’Hmil wollte sich bereits zurückziehen. Doch die anderen starrten weiter auf die silbrig schimmernde Oberfläche. Fast völlig ruhig schienen die Wasser zu liegen. Nur hin und wieder zeigten sich aufsteigende Blasen oder kleine Wellen, die kreisförmig auseinander liefen. Hier tummelte sich jedenfalls eine Vielzahl an Lebewesen.
„Wir sollten die En’dika bitten, ein paar ihrer Fische fangen zu dürfen. Es scheint reichlich davon zu geben.“
„Das halte ich für keine gute Idee, Lewyn. Kennst du die alten Erzählungen nicht?“
„Doch. Aber es sind Legenden.“
„Diese beruhen immer auf vergangenem Geschehen.“
„Mag sein. Doch glaube ich nicht, dass hier böse Kräfte am Wirken sind. Wir befinden uns mitten in Let’weden. Das Reich der Elben wird durch die hellen Mächte geschützt.“
„Dennoch hat der Feind unsere Heimat schon allzu oft betreten, ohne dass ihm Einhalt geboten wurde. Denke an den Daras’enwa! Er ist das Werk der Dunkelheit, liegt aber in unseren Landen.“
„Richtig, aber wir hätten davon gehört, hätte das Böse hier seinen Sitz. Vom Feuerwald wissen wir es auch.“
„Warum meiden die Elben dann diese Gestade?“
„Weil sie nicht verstehen, was hier vorgeht. Wieder werden sie von Furcht geleitet, wie so oft. Wären sie vorsichtig, nicht ängstlich, hätten sie sicher längst herausgefunden, welch Geheimnis sich hier verbirgt.“ Während der Unterhaltung zwischen dem Heerführer und der Kriegerin hatten die beiden Männer aus Gitala die Angelschnüre bereitgemacht. Nun sahen sie auf das Mädchen. „Vergesst nicht, den See um Erlaubnis zu fragen. In ihm wohnt Magie, ich kann sie fühlen. Doch wer sie missachtet, wird es schmerzlich zu spüren
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