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Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
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4. 6. 1996. 4 G. Easterbrook, A Moment on the Earth, 1995. 5 Die Welt vom 2. 1. 1998. 6 WWF Press Release, 4. 12. 1997. 7 Die Welt vom 15. 5. 1997. 8 Akzente Nr. 2/1996 und Nr. 3/1997. 9 E. U. von Weizsäcker etat., Faktor Vier, 1995. 10 Gate Nr. 2/1997.

»Wachsender Wohlstand führt zu mehr Umweltbelastung«
      
    Manche Öko-Theoretiker beschreiben die globale Umwelt gern wie einen Kuchen. Gerechterweise sollte jedem Menschen ein gleich großes Stück davon zustehen. Doch die Industrieländer schneiden zuviel vom Umweltkuchen ab. Was passiert, wenn auch die Armen zu Wohlstand kommen? Wird das wertvolle Gebäck dann bis zum letzten Krümel geplündert?
    Die Bilanzen des Umweltverbrauchs klingen düster: Ein Deutscher beansprucht siebenmal mehr Energie und fährt zehnmal mehr Auto als ein Ägypter. Außerdem genehmigt sich der verschwendungssüchtige Bundesbürger ein Vielfaches der Rohstoffe und macht dreimal soviel Müll wie der durchschnittliche Bewohner eines Entwicklungslandes. 1 Noch schlimmer sind nur die Amerikaner. In den Vereinigten Staaten leben vier Prozent der Weltbevölkerung, aber die verjubeln 40 Prozent der Ressourcen. 2
    Bei dieser Art zu rechnen fällt jedoch einiges unter den Tisch. So ist es nicht besonders gerecht, einem Norweger und einem Nigerianer die gleiche Menge Energie zuzugestehen, schließlich muß der Skandinavier heizen. Die einfache Umrechnung des Ressourcenverbrauchs auf die Kopfzahl führt obendrein dazu, daß jedes in Armut geborene Kind die Umweltbilanz seines Landes aufbessert: Es konsumiert kaum etwas (verbraucht also keine Rohstoffe). Doch es erhöht die Zahl der Einwohner, durch die bei solchen Rechenmodellen der Ressourcenverbrauch geteilt wird.
    Es ist ein Trugschluß, den Wohlstand als Ursache der Umweltprobleme zu betrachten. Die USA sind ein gutes Beispiel dafür, wie in einem modernen Industrieland Luft und Wasser immer sauberer wurden und die Zahl der geschützten Naturgebiete heftig zunahm. Auch in Deutschland hat sich die Qualität des Wassers und der Atemluft verbessert. Die Belastung mit Umweltgiften ging zurück, und die Lebenserwartung der Menschen stieg. Extreme Belastungen durch Rauch und Abgase herrschen schon lange nicht mehr in Gelsenkirchen oder Chicago, sondern in Städten wie Karachi oder Manila. Das westliche Deutschland und Indien sind nahezu gleich dicht besiedelt. Aber deutsche Städte sind Luftkurorte verglichen mit Agra oder Kalkutta. In den alten kapitalistischen Industrieländern zeigte sich, daß mehr Wohlstand zu mehr Umweltschutz führt. Indur M. Goklany, Umweltexperte im US-Innenministerium, hat die Entwicklung in vielen Staaten der Erde verglichen. Sein Fazit: Wenn sich die ökonomische Situation eines Landes verbessert, werden - mit zeitlicher Verzögerung - auch die ökologischen Probleme angepackt. 3
    Die schlimmsten Umweltbelastungen nehmen ab, sobald es den Menschen wirtschaftlich besser geht. Zum Beispiel sinkt die Luftverschmutzung automatisch, wenn die Energieträger Holz und Kohle durch Öl, Gas und Wasserkraft abgelöst werden. In vielen armen Ländern ist die Belastung in den Hütten größer als draußen, denn die Feuer aus Kohle, Holz und Dung rauchen so schlimm wie der übelste Industrieschlot. Gaskocher und Elektrizität könnten diese Misere beseitigen.
    Ein internationaler Vergleich der Weltbank ergab, daß die Belastung durch Rauch, Staub und Schwefeldioxid in der Luft zu sinken anfängt, wenn das jährliche Pro-Kopf-Einkommen in einem Land über 3670 Dollar klettert. Die Verseuchung des Wassers mit Fäkalien (Todesursache für Millionen von Kindern) geht bereits bei einem Durchschnitt von 1375 Dollar zurück. 4
    Die Umweltprobleme der Entwicklungsländer von heute plagten gestern noch die reichen Industriestaaten. Auch Europa und Nordamerika erlebten im 19. Jahrhundert eine Bevölkerungsexplosion. Schlimmste Luft- und Wasserverschmutzung, Raubbau an Wäldern und Tierbeständen kennzeichneten diese historische Phase. Gegen Ende des 19. und im Laufe des 20. Jahrhunderts verbesserte sich die Lage der Menschen und der Natur. Der Grund waren Umweltgesetze und technische Fortschritte.
    Die vergleichenden Bilanzen der Wachstumskritiker zeigen auch, daß in den reichen Ländern wesentlich mehr Müll anfällt als in den armen. Doch in Deutschland und anderen entwickelten Industriestaaten wird der Abfall recycelt oder in Verbrennungsanlagen sauber verheizt und als Energie genutzt. Das geringere, aber dennoch erhebliche

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