Liberty 9 - Todeszone
kommen würde. Oder hast du vergessen, was der Tai-Pan gesagt hat? Nämlich dass keiner weiß, wann sie dieses Abkommen mit der Brotherhood endlich in trockenen Tüchern haben. Er hat sogar nicht ausgeschlossen, dass es vielleicht noch Monate dauern könnte. Das ist das eine, Kendira. Und das andere ist, dass wir darüber abgestimmt haben, ob wir warten wollen oder nicht. Und wir haben einstimmig beschlossen, nicht zu warten. Wir waren uns einig und damit müssen wir leben. «
» Ja, wir Glücklichen, die wir überlebt haben « , murmelte Kendira bedrückt.
» Selbst wenn wir alle gewartet hätten, wäre damit nicht garantiert gewesen, dass wir jetzt noch alle am Leben wären. «
Verständnislos sah sie ihn an. » Wieso nicht? «
» Die Jachis hatten auf ihrer Fahrt nach New Providence einen Zusammenstoß mit einem Konvoi Islander « , teilte er ihr mit. » Es ist zu einem kurzen, aber heftigen Gefecht gekommen. Zum Glück für Yakimuras Männer waren Hyperions Helikopter nicht mehr in der Luft und andere Konvois nicht nahe genug, um in den Kampf eingreifen zu können. Die Jachis haben den Söldnern schwere Verluste zugefügt, den Rest des Konvois schließlich in die Flucht geschlagen und einiges an Waffen erbeutet. Aber der Sieg war nicht billig. Sie haben selbst fünfTote zu beklagen und sieben Verletzte, die zum Glück alle durchkommen werden. «
» Oh nein! « , entfuhr es Kendira.
» Du siehst, auch mit den Jachis wäre unsere Sicherheit nicht garantiert gewesen. Bei dem Gefecht hätte es ebenso gut auch uns treffen können « , hielt Dante ihr eindringlich vor Augen. » In der Dunkelwelt gibt es einfach keine Sicherheit. Das müssen wir akzeptieren– so wie wir auch all die unbekannten Gefahren akzeptiert haben, als wir uns auf die Befreiung von Liberty9 eingelassen haben und dann freiwillig in den Helikopter gestiegen sind. «
Sie dachte kurz darüber nach und nickte schließlich. » Ja, du hast recht « , sagte sie leise. » Wir müssen dankbar sein für das, was wir erreicht haben… und hoffen, dass es für uns und unsere Freunde auf der Reaktorinsel eine Zukunft gibt. «
Einen kurzen Moment saßen sie schweigend nebeneinander auf der Pritsche. Dann sagte er leise, während er zärtlich über ihre Hand strich: » Es mag gemein und selbstsüchtig sein, aber das Wichtigste für mich ist, dass dir nichts passiert ist, Kendira. Schon die Vorstellung, dass es auch dich hätte treffen können, ist einfach unerträglich. Du bedeutest mir so unendlich viel, dass ich es kaum in Worte fassen kann. Ohne dich… « , er stockte kurz, » ohne dich wollte ich nicht leben. «
Kendira sah zu ihm auf, den Blick unverstellt und offen bis ins Innerste ihres Herzens. Die Wärme seiner Hände, die ihre Hand noch immer umschlossen hielten, erfüllte sie von Kopf bis Fuß, entzündete jede Faser ihres Körpers. Gleichzeitig wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie seit… nun, seit fast achtundvierzig Stunden zum ersten Mal wieder mit ihm allein war. Das letzte Gespräch unter vier Augen hatten sie auf dem Rockcastle Hill am Abend vor dem Eintreffen des Lichtschiffs gehabt.
Wie ein Stromschlag durchfuhr sie die Erkenntnis, wie sehr sie es vermisst hatte, mit ihm allein zu sein und ihn so nahe bei sich zu spüren. Hailey und die Zwillinge fehlten ihr sehr und würden für immer eine Lücke in ihrem Herzen zurücklassen. Aber dieses Vermissen hatte nichts mit dem allumfassenden Gefühl von Sehnsucht und Zusammengehörigkeit zu tun, das sie für Dante empfand. Für Dante und für niemand anderen, dass wusste sie in diesem Augenblick mit endgültiger Gewissheit! Sie brauchte ihn, so wie sie die Luft zum Atmen brauchte.
» Und ich kann mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen und will es auch erst gar nicht versuchen « , flüsterte sie zurück, ohne den Blick von seinen Augen zu nehmen. » Ich glaube, das nennt man Liebe, nicht wahr? «
Sein Lächeln war eine einzige bedingungslose Liebeserklärung. » Ja, ich glaube auch, dass man das so nennt « , gab er leise zurück und nahm ihr Gesicht in beide Hände.
» Ach, Dante! Warum haben wir nur so lange damit gewartet? « Sie schlang ihre Arme um seinen Hals, zog ihn zu sich und küsste ihn mit einem jäh aus ihr hervorbrechenden Hunger und einer Leidenschaft, als gäbe es kein Morgen.
Wann die Tür aufflog und Zeno hereinplatzte, ob schon nach wenigen Sekunden oder aber nach vielen Minuten leidenschaftlicher Versunkenheit, das wusste hinterher keiner von ihnen zu sagen.
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