Liberty 9 - Todeszone
Bienenstocks, der an der Schwelle zu einem Aufruhr steht.
Noch war es dunkel hinter den neun hohen Rundbogenfenstern, die sich auf der linken Saalseite entlangzogen und auf den Vorplatz hinausgingen. Schon bald würde sich in ihnen das erste Licht des Tages zeigen. Aber noch bevor es hell wurde, mussten die beiden Gruppen der Mountain Men unbemerkt von den Wachen aus der Lichtburg geschlichen sein und auf dem Dach des Gym und des Schwarzen Würfels ihre Positionen bezogen haben. Es wurde daher Zeit, dass die Ausführung ihres Plans in die nächste Phase trat.
Energische Stiefelschritte hallten durch den langen, mit großen Steinplatten ausgelegten Gang. Commander Ferguson war mit seinen beiden jungen Offizieren eingetroffen.
Ferguson war Mitte vierzig und von bulliger, stämmiger Gestalt. Sein kantiger Schädel mit dem stoppelkurzen Militärhaarschnitt schien fast ohne Halsansatz aus den Muskelpaketen seiner breiten Schulter zu wachsen. Sein narbiges Gesicht mit der unnatürlich krummen, platt gedrückten Nase gab ihm das Aussehen eines mittelmäßig talentierten Berufsboxers, der bei zu vielen Niederlagen zu viele brutale Schläge eingesteckt hatte. Neben ihm nahmen sich die beiden blutjungen Lieutenants, die kaum älter als Anfang bis Mitte zwanzig sein konnten, wie zwei Statisten in einem Theaterstück aus.
Kendira hatte schon eine der beiden Flügeltüren geschlossen. Was ihr sofort ins Auge fiel, war die Offizierspistole, die ein jeder von ihnen an seiner Hüfte trug. Sie steckte in einem schwarzen Lederholster mit einer Sicherheitsschnalle über dem Griffstück, dessen Druckknopf sich gewiss schnell durch ein kurzes Daumenschnippen öffnen ließ.
» Commander Ferguson… First Lieutenant Blake… Lieutenant Shelton. « Kendira zwang sich zu einem Lächeln, das recht steif ausfiel, und neigte zur Begrüßung höflich den Kopf. » Ich bin Elector Kendira. Primas Templeton hat mich beauftragt, Sie zu Ihren Plätzen zu führen. «
Commander Ferguson zeigte sich im Gegensatz zu Whitelock und den anderen Oberen nicht überrascht. Er war mit den Gepflogenheiten innerhalb der Lichtburg nicht vertraut und betrat das Gebäude nur selten. Seine Besuche beschränkten sich auf die monatlichen Routinesitzungen mit Primas Templeton und den Prinzipalen.
Er nickte ihr knapp zu und Kendira führte die Offiziere den Seitengang hinauf zu ihren Plätzen.
Die Bestuhlung des Audimax, das rund dreihundertfünfzig Personen Platz bot, bestand aus miteinander verbundenen hölzernen Sitzen– mit Ausnahme der beiden vorderen Reihen, die den Oberen des Konvents vorbehalten waren. Dort saß man bequem und komfortabel in gepolsterten Sitzen mit ebenso weichen Armlehnen.
Die Sitze für die Offiziere lagen in der ersten Reihe rechts außen am Gang. An den Rücklehnen klebten gelbe Zettel mit ihrem Namen und ihrem Dienstgrad. Auch die Sitze der Master undPrinzipalen hatte man hastig mit beschrifteten Zetteln versehen.
Commander Ferguson hatten sie ganz außen am Gang platziert– und der für Kendira reservierte Sitz befand sich auf demselben Platz in der dritten Reihe. Der Sitz direkt vor ihnen in der ersten Reihe war für Master Sherwood reserviert– und würde deshalb frei bleiben.
Kaum hatten die drei Offiziere Platz genommen, als Kendira sah, dass Templeton soeben den Saal betreten hatte. Er kam auf ihrer Seite den Gang herauf. Sein Schritt erschien ihr betont energisch und seine Haltung ungewöhnlich aufrecht. Sie hatte den Eindruck, als wappnete er sich innerlich für den Sturm, der gleich losbrechen würde.
Als er auf der Höhe der vordersten Sitzreihe angelangt war, blieb er stehen und nickte Commander Ferguson und den beiden jungen Lieutenants zu, die den Gruß mit derselben reservierten Höflichkeit erwiderten.
» Ich sehe, wir sind vollzählig, und alle nötigen Vorbereitungen sind zu meiner vollen Zufriedenheit getroffen « , sagte Templeton scheinbar nur zu sich selbst.
In Wirklichkeit enthielten seine Worte jedoch eine verdeckte Information für Kendira und Dante, der nahe bei ihnen am seitlichen Bühnenaufgang stand. Nämlich dass der Primas den Lockdown der Kaserne erfolgreich ausgeführt und dem diensthabenden Sergeanten in der Wachstube mitgeteilt hatte, dass kein Grund zur Aufregung bestehe. Angeblich handelte es sichbei derautomatischen Einschließung nur um eine technische Störung, die aber nach der kurzen Vollversammlung gewiss schnell behoben sein würde. Das verschaffte ihnen mindestenseine halbe Stunde
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