Liberty 9 - Todeszone
ihm sozusagen das Wort abgeschnitten. Und zwar für immer. Deshalb übernimmt seinen Part nun First Lieutenant Blake. Nehmt es ihm nicht übel, wenn er nervös und ein wenig bedrückt klingt… Na los, Lieutnant, jetzt sind Sie an der Reihe! Nur zu und Mut gefasst. Das Ding hier beißt nicht… Sagen Sie ihren Kameraden da draußen im Valley doch etwas Tröstliches! «
Erst war nur ein wütendes Schnauben und ein scharfes Zischen zu hören, dann drang Lieutenant Blakes Stimme, die ein heiseres und abgehacktes Bellen war, aus den Lautsprechern.
» Verdammt!… Ja, es… stimmt… es stimmt alles, was er sagt! Liberty9 ist verloren. Weiß der Teufel, wie sie die Bande Nightraider ins Lager gebracht haben. Es sind mehr als fünfzig Mann. Alle sind schwer bewaffnet. Sie haben die Waffenkammer geplündert. Ja, Commander Ferguson ist tot… Alle Oberen sind festgenommen und eingesperrt… Die Kaserne ist unter Lockdown, Templeton hatte den Electoren und Servanten alles verraten. Wer jetzt noch weiterkämpft, stellt sich sein eigenes Todesurteil aus. Aber man hat uns Garantien gegeben. Wer aufgibt, kommt mit dem Leben davon. Und er darf das Lager ungeschoren verlassen. Wir hier haben kapituliert und… « Seine Stimme brach ab, und es dauerte eine Weile, bis Lieutenant Blake sich endlich dazu durchrang, auszusprechen, was ihm zutiefst widerstrebte. » Und als ranghöchster Offizier von Liberty9 erteile ich euch den Befehl, auf der Stelle jegliche Kampfhandlungen einzustellen und euch zu ergeben! Ich wiederhole: Jegliche Kampfhandlungen sind einzustellen! Das ist ein Befehl! «
» Na wunderbar, Lieutenant! « , hörte man nun wieder Zenos Stimme. » Das haben Sie gut gemacht. «
Aus dem Loch in der Kasernenwand flog nun ein weißes Bettlaken, begleitet von dem lauten Zuruf: » Wir ergeben uns! «
Sofort verkündete Zeno im ganzen Tal, dass die Garnison kapituliert habe.
Erlöst sackte Dante in den harten Metallsitz der Planierraupe. Es war vorbei. Mit Aufgabe der mehr als hundert Guardians in der Kaserne war der letzte entscheidende Dominostein gefallen. Sie versetzte der verbrecherischen Herrschaft der Oberen und der Guardians über das Tal den Todesstoß. Jetzt brauchten sie nicht länger zu bangen, ob sie bis zum Eintreffen des Lichtschiffes das Tal auch wirklich völlig unter ihre Kontrolle gebracht haben würden. Jetzt würden sich keine Widerstandnester mehr bilden und die Kämpfe in die Länge ziehen. Ihr tollkühnes Vorhaben, Liberty9 zu erobern und alle gegenwärtigen und zukünftigen Electoren und Servanten von Hyperions mörderischem Joch zu befreien, war gelungen.
Dante vermochte es kaum zu glauben. Und zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er sich frei– richtig frei und als Herr seines eigenen Schicksals.
Dass er noch in dieser Nacht nach Tomamato Island aufbrechen würde, trübte dieses berauschende Gefühl nicht im Mindesten.
25
»Es hat geklappt! Wir haben die sieben Scheinwerfer, die bei der Schießerei auf dem Dach des Schwarzen Würfels zu Bruch gegangen sind, durch Strahler vom Gym ausgetauscht « , teilte Dante seinen Freunden mit, als er sich zur frühen Mittagsstunde wieder bei ihnen in Templetons Dienstzimmer blicken ließ. Er war verschwitzt und müde, aber auch sichtlich stolz, das Problem mit der Hilfe einiger technisch versierten Servanten gelöst zu haben. » War ein verdammtes Stück Arbeit, das kann ich euch sagen! Aber jetzt funktioniert der Lichtzauber wieder! «
» Toll! Eine Sorge weniger! « , rief Fling, der mit seinem Bruder und Nekia ins Zimmer trat. Sie brachten aus dem Refektorium große Platten, auf denen sich dick belegte Sandwiches türmten, sowie mit Kaffee und Saft gefüllte Kannen. Keiner von ihnen hatte bislang Zeit gehabt, an Essen zu denken. Nun jedoch meldeten sich Hunger und Durst mit Nachdruck und forderten ihren Tribut.
» Läuft doch alles wie am Schnürchen! « , rief Flake. » Aber war mir klar, dass du das hinkriegst, Dante. «
Auch Nekia nickte Dante anerkennend zu. » Wenn wir dich nicht hätten, säßen wir wirklich dick in der… na, du weißt schon was! « Sie lachte ihn an.
» Ja, hast du klasse gemacht, Dante! « , lobte auch Zeno, der es sich hinter dem Pult der Lautsprecher- und Funkanlage in Templetons Ledersessel bequem gemacht hatte, die gekreuzten Füße auf der Ablage und die Hände im Nacken verschränkt. Er hatte die letzten Stunden vor dem Mikrofon verbracht und einen zur Ruhe und Besonnenheit mahnenden Appell nach dem anderen in die
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