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Liberty 9 - Todeszone

Liberty 9 - Todeszone

Titel: Liberty 9 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Joe hatte beim Hinausgehen schnell noch zwei Sandwiches von der nächsten Platte genommen. In Templetons Schlafzimmer ließ er sich wieder in den Polstersessel vor dem Fenster fallen, legte die Stiefel über Kreuz auf das Fensterbrett und machte sich hungrig über die belegten Brote her. Dass wenige Schritte von ihm entfernt jemand im Sterben lag und sich hörbar quälte, schien seinen Appetit nicht im Mindesten zu beeinträchtigen.
    Er mampfte mit offenem Mund und schmatzte dabei genüsslich. Den Revolver legte er jedoch nicht aus der Hand. Seine Rechte lag auf der breiten Armlehne, den Finger am Abzug und den Lauf unablässig auf sie gerichtet.
    » Das mit der barmherzigen Schwester kannste dir eigentlich sparen. Der hat gleich ausgeröchelt, davon versteh ich was « , sagte er mit vollem Mund. » Am besten verpass ich ihm ’ne Kugel, dann hat er’s hinter sich. «
    Kendira würdigte ihn keiner Antwort, sondern schoss ihm nur einen grimmigen Blick zu. Dass Templeton nicht mehr lange zu leben hatte, war selbst ihr klar. Es kam überhaupt einem Wunder gleich, dass er so lange durchgehalten hatte. Nun hing ihrer aller Leben davon ab, dass er dem Tod noch ein wenig länger widerstand.
    » Templeton, können Sie mich hören? « Sie setzte sich zu ihm auf die Bettkante.
    Laut stöhnend warf er den Kopf hin und her, das schweißnasse Gesicht von Schmerzen gezeichnet. Seine Augenlider flatterten, als könnte sich sein geschundener Körper nicht entscheiden, ob sie für immer zufallen oder sich noch einmal öffnen sollten.
    Sie griff zum Leinentuch, das auf dem Nachttisch über dem Rand einer Waschschüssel hing, tränkte es im Wasser, wrang es halb aus und wischte ihm den kalten Schweiß vom Gesicht.
    Templeton schlug die Augen auf und sah zu ihr hoch. Er war bei Bewusstsein und in seinen Augen stand ein stummes Flehen.
    » Ich gebe Ihnen gleich eine neue Schmerzspritze, dann wird es Ihnen besser gehen « , sagte sie laut und mit einem heiseren Kratzen in der Stimme. Sie hatte einen Kloß im Hals.
    Teether Joe grunzte hinten am Fenster.
    Kendira sah kurz zu ihm hinüber. Der Glatzkopf hatte die beiden Sandwiches hinuntergeschlungen und holte nun aus einer kleinen Metalldose eine halb gerauchte Marihuana-Zigarette, dieer mit einem Streichholz in Brand setzte. Er blickte nicht länger zu ihr herüber, sondern verfolgte die Rauchringe, die er mit seinem Mund formte und die träge zum Fenster hin aufstiegen.
    Die Gelegenheit war günstig. Sie zog den Nachttisch näher zu sich heran, machte sich mit einer Einmalspritze und der Ampulle mit dem Schmerzmittel zu schaffen. Sergeant Jackson, der dienstälteste Sanitäter der Guardians, hatte aufTempletons Handrücken eine Kanüle gelegt. Seitdem konnte auch jeder andere dem Primas regelmäßig Schmerzmittel spritzen.
    Kendira beugte sich zu ihm vor und flüsterte ihm hastig zu, was sich eben im Dienstzimmer ereignet hatte, was ihnen drohte und was sie von ihm wissen wollte. » Haben Sie nur übertrieben oder stimmt es wirklich? « , fragte sie zum Schluss.
    Templeton nickte und bewegte die Lippen.
    Kendira beugte sich noch weiter vor, brachte ihr Ohr ganz nahe an seinen Mund.
    » Willste dem alten Sack vielleicht noch die Beichte abnehmen, bevor du ihm den Schuss verpasst? « , riefTeether Joe ihr höhnisch zu.
    Kendira hatte das Wort » Beichte « noch nie gehört. Sie ahnte jedoch aus dem Zusammenhang, dass es sich dabei um so etwas wie ein umfassendes Schuldeingeständnis auf dem Totenbett handeln musste. Deshalb antwortete sie über die Schulter hinweg bissig: » Und wenn es so wäre, was geht es dich an? «
    Der Glatzkopf mit den Ketten aus herausgebrochenen Zähnen um den Hals lachte nur abfällig und gab sich wieder seinem Joint hin.
    Kendira brachte ihr Ohr wieder an Templetons Mund und lauschte mit wachsender Erregung den stockenden Worten, die Templeton mühsam und abgehackt über die Lippen brachte, immer wieder unterbrochen von heftigen Schmerzattacken, unter denen er sich laut stöhnend krümmte. Mehr als einmal fürchtete sie, er könnte wieder bewusstlos werden oder gar seinen letzten Atemzug tun, bevor sie die letzte und wichtigste Information von ihm erhalten hatte.
    » Hast… du… die… Zahl… behalten? « , wisperte er schließlich.
    » Ja. «
    » Wieder… hole… sie… noch… einmal! « , verlangte er mit kaum vernehmbarer Stimme.
    Sie tat es und flüsterte ihm die siebenstellige Zahl ins Ohr.
    Templeton nickte, und die Augenlider fielen wieder herab,

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