Liberty 9 - Todeszone
herrschte Halbdunkel. Nur durch die Öffnung der Rampe fiel Licht zu ihnen herunter. In der Tiefe der Halle zeichneten sich vage Umrisse von anderen Fahrzeugen ab. Einige hatten die Silhouette eines Steamers.
»Hanzo! Akuma!«, brüllte Akahito in die Dunkelheit. » Schlaft ihr da hinten oder braucht ihr eine schriftliche Order vom Tai-Pan? Wie wär’s, wenn ihr endlich in die Pedale tretet! Licht, verdammt noch mal! «
Aus dem Dunkel kamen erschrockene Laute, sogleich gefolgt von einem sirrenden, rasch schneller und lauter werdenden Geräusch, und fast im selben Moment glomm unter der Decke eine Reihe von nackten Glühbirnen auf. Die Lampenkette führte zu einer Betoneinfassung in der Hallenmitte, in deren Längswand ein großes Ziehharmonikagitter eingelassen war.
Dahinter zeichnete sich die dunkle Kabine eines geräumigen Lastenaufzugs ab. Links neben der zusammenfaltbaren Gittertür standen zwei fahrradähnliche Pedalgestelle. Auf ihnen saßen zwei junge Männer und brachten die Dynamos zum Sirren. Drähte liefen von den Pedalgestellen zu drei hinter ihnen stehenden Batterien, von denen wiederum Drähte zu einem Stromkabel an der Decke aufstiegen.
»Dynamo und Muskelkraft statt Solarfeld– auch ’ne Methode, um an Strom zu kommen « , sagte Zeno beim Anblick der beiden Jungs, die etwa in seinem Alter waren und sich neben dem Lastenaufzug auf den Dynamomaschinen abstrampelten. » Na ja, im Mittelalter hätten sie vermutlich blutige Kriege geführt, um in den Besitz dieser Technik zu kommen. «
»Nicht nur im Mittelalter!«, bemerkte Akahito vielsagend und bedeutete ihnen, sich zum Lastenaufzug zu begeben.
Wenig später standen sie mit Akahito und Liang im Aufzug. Ihre sechs Alukisten wurden gebracht und an den Seiten gleichmäßig verteilt, damit ihr Gewicht den wankenden Bohlenboden nicht ungleich beschwerte. Joetta stützte sich auf die Zwillinge. Schweiß perlte auf ihrer Stirn. Und auch Marco sah bleich und von Schmerzen gepeinigt aus.
»Mehr packt die Winde nicht. Ihr müsst leider auf die nächste Fahrt nach oben warten– oder die Klettertour durchs Treppenhaus machen! « , rief er seinen Kameraden im Vorraum zu und erntete dafür spöttisches Gelächter sowie einige Gesten mit dem gestreckten Mittelfinger.
Während Liang das laut rasselnde Türgitter zuzog, drehte Akahito kräftig an einer Wandkurbel. Neben der Kurbel war ein kleiner, verkratzter Kasten mit einer Gegensprechanlage angebracht. Nach drei, vier schnellen Umdrehungen ließ er die Kurbel los und drückte die Sprechtaste. » Nagato, melde dich! « Er ließ die Taste los und wartete auf Antwort.
»Auf Posten, Akahito. Was steht an?«, schepperte es im nächsten Moment aus dem Lautsprecher.
»Schmeiß die Seilwinde an, ich brauche vollen Saft auf die Winde! Hast du gehört? Vollen Saft! «
»Welches Gewicht bringst du?«
»Wir sind hier zu dreizehnt plus sechs Kisten, die zwischen zwanzig und dreißig Pfund wiegen « , gab Akahito durch.
»Das packt die Maschine nicht! Dafür ist noch nicht genug Dampf im Kessel! «
»Na und, dann schick eben drei Männer zur Unterstützung auf die Pedale! « , forderte Akahito.
»Oder ihr lasst die Kisten zurück.«
»Kommt gar nicht infrage! Die Kisten haben Zahlenschlösser und sehen nach wichtiger Fracht aus, die Yakimura bestimmt sofort begutachten will. Also mach schon! Und sieh zu, dass die Jungs auch ordentlich in die Pedale treten. Bei so großer Last werden die Batterien nämlich schnell ausgelutscht sein, und ich will nicht wieder auf halber Strecke im Schacht hängen bleiben! « , gab Akahito warnend nach oben durch. » Ist das angekommen, Nagato? «
»Klar und deutlich. Ich schwing also die Peitsche! Ende! « , kam es zurück.
Sie mussten einige Sekunden warten. Dann sprang im Schacht dreißig Stockwerke über ihnen die Seilwinde an und ächzend setzte sich der Lastenaufzug in Bewegung. Im Schneckentempo glitten sie an den Ausgängen zu den Etagen vorbei. Die unteren Stockwerke sahen bewohnt aus. Sie hörten auch Stimmen von Männern, Frauen und Kindern und erblickten im Licht der nackten Glühbirne, die über ihren Köpfen an einem Kabelbaumelte, in den Gängen hinter den Gittertüren Bretterregale, Blechtonnen, aufgestapelte Säcke, Möbelstücke, Werkbänke und andere derartige Hinweise, dass jenseits dieser Gitter Menschen lebten. Aber schon nach der siebten Etage blieben diese Anzeichen von Leben aus, und sie blickten in ausgestorbene Korridore, durch die ein warmer Wind
Weitere Kostenlose Bücher