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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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Essen.«
    »Nur weil dein Mann das gesamte Geld fürs Saufen ausgibt.«
    »Es liegt an seinen Sorgen. Bei so vielen Kindern, die er zu ernähren hat. Du hast jetzt ein gutes Leben, du musst uns helfen, genau wie wir dir geholfen haben.«
    »Es ist keine Hilfe, wenn ich euch mit einem Stock verprügele, so wie ihr mich verprügelt habt, und ihr am ganzen Körper blutet.«
    PRÜGEL
    Während meiner Kindheit in der Serengeti verwaltete mein Vater in Seronera die Jugendherberge für Studenten. Dort wohnten sowohl wazungu wie waafrika . Mein Vater war gleichzeitig ihr Guide, er zeigte ihnen, wo der Elefant war, der Löwe oder eine Hyäne. Hinterher zeigte er ihnen Filme, die Leute wie Michael Grzimek und die anderen wazungu gedreht hatten, die den Park gegründet haben, europäische Forscher der wilden Tiere. Ich bin in die Schule für die Kinder der Angestellten gegangen, Schwarze und Weiße waren dort gemischt. Und die weißen Hausfrauen unterrichteten uns in Englisch.
    »Wir bestimmen jetzt alles selbst«, hat mein Vater einmal zu mir gesagt. »Denn bevor du geboren wurdest, hat unser Präsident, der Lehrer Nyerere, das Land von den Engländern zurückbekommen und uns uhuru gebracht.« Die Freiheit. Aber das ist falsch. Der Chef von Seronera war zwar mwafrika , aber wer bestimmt tatsächlich die Qualität unseres Lebens?
    In der Schule habe ich mit den weißen Kindern geredet, und mich zog ihre ausländische Lebensweise an. Ihre Eltern sagten: »Es ist schön, dass ihr zusammen spielt.« Ich dachte damals, ich sei glücklich, denn ich wusste nicht, was hinterher kommen würde. Ich lernte neue Dinge. Fahrrad fahren. Besonderes Essen aus der Dose essen. Kakao trinken. Kekse essen. Die weißen Kinder hatten Geld für Brause beim Kaufmann, einem mürrischen mhindi. Kam ich allein in den Laden, hatte er einen Stock bereit, der sich direkt mit meiner Haut unterhielt.
    Mein Vater wechselte die Arbeit und wurde Parkaufseher. Er ging auf einen Kriegszug, um Wilderer zu fangen. Wir Kinder blieben allein mit unserer Mutter. Ich war der Erstgeborene und sehr beschäftigt mit der Schule und meinen weißen deutschen Freunden. Ich fand es falsch, dass meine Mutter immer nur mich zum Kaufmann schickte. Und immer musste ich Wasser und Brennholz holen und auf die schreienden, kackenden Kleinen aufpassen – ich bin kein Mädchen.
    Wenn Vater nach Hause kam, hatte er wunderbare Fleischstücke von den Wilderern konfisziert, aber ich bekam nicht eine Portion. Mutter erzählte ihm sogar, ich würde mich weigern, meine Pflichten zu erfüllen, und er forderte mich auf, ins Schlafzimmer zu kommen, wo ich mich mit dem Stock unterhalten sollte.
    Mutter blieb mit den kleinen Geschwistern zu Hause. Und abends stank das ganze Haus nach der Pfeife meines Vaters, und er bekam so einen seltsamen Blick.
    »Was rauchst du da?«, fragte ich ihn.
    »Getrocknete Elefantenscheiße«, sagte er und lachte laut, wobei er nach mir ausholte. Paff – ein Schlag in den Nacken.
    Bei den weißen Menschen war das anders. Keine stinkende Elefantenscheiße, sondern feine weiße Zigaretten. Keine Schläge, dafür aber Limonade und Kekse.
    »Räum dein Zimmer auf«, sagt die weiße Dame zu ihrem Sohn, Gerhard.
    »Nein, ich hab keine Lust!«, sagt Gerhard. Also wird es vom Hausmädchen erledigt, während Gerhard und ich Limonade trinken.
    Ich beginne, meine Eltern total zu ignorieren, weil sie meiner Ansicht nach die falschen Dinge tun. Sie haben keine Limonade.
    »Marcus, feg vor der Tür und pass auf deine kleine Schwester auf, ich gehe jetzt einkaufen«, sagt Mutter.
    »Nein.«
    »Du bist hoffnungslos, wie ein wazungu -Kind.« Aber ich bleibe hart. Bis Vater nach Hause kommt und gegessen hat, dann hat er neue Kraft. Er fordert mich auf, in das Zimmer zu kommen, in dem wir alle zusammen schlafen; die anderen Kinder bleiben in dem anderen Raum. Prügel, bis die Haut sich vom Fleisch löst, wie bei einem geschlachteten Tier. Ich laufe davon. Schlafe in einem Lagerraum in der Umgebung. Ich bin hungrig und zittere vor Fieber, schließlich gehe ich zu meinen Eltern nach Hause.
    »Wo bist du gewesen?«, fragt Mutter.
    »Bei meinen Freunden.«
    »Raus!« Vater tritt nach mir. »Du kannst bei deinen wazungu -Freunden bleiben.«
    Ich gehe zu der deutschen Familie. Das T-Shirt klebt an dem blutigen Fleisch meines Rückens. Ich werde gewaschen. Die Frau schmiert mir weiße Salbe auf den Rücken und gibt mir für viele Tage Tabletten gegen das Fieber. Ich erkläre, was mir

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