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Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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veränderte?
    »Eva?«
    »Tut mir leid.«
    Erst da fiel mir sein merkwürdiger Blick auf, und ich merkte, wie
die Umgebung sich nach und nach auflöste.
    Ich versuchte, mich an ihm festzuhalten, obwohl ich wusste, dass das
nicht möglich war. »Es tut mir leid«, flüsterte ich.
    Daniel schlang die Arme fester um mich und bewegte den Mund. Ich
verstand nur noch ein leises Wort: »Warte.«
    Dann wurde der Wind lauter und verebbte ebenso plötzlich wieder.
    Tränen traten mir in die Augen.
    Ich hatte geglaubt zu wissen, wie man mit Verlusten umging, aber
einen solchen Schmerz erlebte ich zum ersten Mal. Noch nie im Leben hatte ich
mich so allein gefühlt.

FÜNFUNDDREISSIG

    D ie gesamte folgende
Woche machten meine Emotionen mir zu schaffen. Susan, die meine Gereiztheit
bemerkte, erklärte Mark, ich litte vermutlich unter einer Mischung aus Trauer
und Erschöpfung.
    Sie hatte recht.
    Und ihre Ablenkungsversuche halfen: Ich wischte die neu erworbenen
Tische für die Teestube sauber, legte die Decken darauf und stellte Vasen für
eine einzelne Rose in die Mitte. Anschließend wusch ich alle Gläser und Tassen
in der Spülmaschine und räumte sie danach in die Schränke.
    Am Mittwochmorgen faltete ich mit Felicity die Speisekarten.
    Sie war noch stiller und abwesender als ich. Das erschien mir so
untypisch für sie, dass ich mein Selbstmitleid beiseiteschob und sie fragte:
»Alles in Ordnung?«
    »Was?« Sie hob den Blick. »Ja, ja, alles okay.« Sie konzentrierte
sich wieder auf die Karten.
    Doch ihre Hände zitterten leicht, und ihre Augenlider waren
geschwollen. Sie hatte geweint.
    Als die Tür hinter uns aufging, schaute Felicity voller Hoffnung
hinüber und wurde enttäuscht. »Hallo, Paul«, begrüßte sie den Klempner.
    »Na, wie kann ich helfen?«, erkundigte er sich mit fröhlicher
Stimme. Obwohl er in seiner eng anliegenden Jeans und dem schwarzen T-S hirt ungemein
attraktiv aussah, hatte Felicity kaum einen Blick für ihn übrig, als sie ihm
die Probleme erklärte, die Susan mit der Spüle hatte.
    Sie war mit den Gedanken bei einem anderen. Ich konnte mir schon
vorstellen, bei wem.
     
    Mark war auf dem Feld mit dem Pfropfen der Rosen
beschäftigt, die er im Frühjahr gepflanzt hatte. Er arbeitete sich durch die
Buschreihen hindurch und nahm jeweils einen T-förmigen Einschnitt oberhalb der
Wurzel vor, in den er einen Ableger der Rosensorte steckte, zu der er diese veredeln
wollte. Geschützt durch einen Gummiflicken, würde der Ableger während der
Wintermonate ruhen, bis Mark die Pflanze im Februar mit seiner Gartenschere
stutzte. Von dem neuen Stamm würde dann die Knospe treiben und zu einer so
schönen Rose werden wie die im benachbarten Feld. Manches benötigte Zeit, um
die richtige Basis zu finden. Zeit und Geduld. Anderes hingegen brauchte einen
unvermittelten Tritt.
    Mark begrüßte mich mit einem Nicken, ohne seine Arbeit zu
unterbrechen.
    »Was hast du mit Felicity angestellt?«, fragte ich ihn ohne
Umschweife.
    Er war mir in der vergangenen Woche aus dem Weg gegangen, weil er
meine Stimmung nicht einzuschätzen wusste. »Was wirft sie mir denn vor?«
    »Nichts.«
    »Hm.«
    »Du hast sie zum Weinen gebracht.«
    »Ich habe ihr nur gesagt, dass ich keine Zeit habe, mit ihr am
Samstag eine Kunstausstellung in Falmouth zu besuchen.«
    »Was ist bloß los mit dir?«
    »Wie bitte?« Mark hob überrascht den Kopf.
    »Du hast mich ganz richtig verstanden. Da ist eine hübsche junge
Frau völlig in dich vernarrt, und du bist so blind, dass du das nicht merkst.«
    »Ich bin nicht blind«, widersprach er mit leiser Stimme.
    »Wie bitte?«
    »Ich bin nicht blind«, wiederholte er. »Mir ist aufgefallen, dass
sie mich mag, und ich mag sie auch.«
    »Warum kannst du dann …?«
    »Geht dich das was an?«
    »Nein. Aber irgendjemand muss die Sache ja klären.«
    »Die Sache ist geklärt.«
    »Das sehe ich. Du bist wütend, und sie weint.«
    »Es würde nicht funktionieren.«
    »Warum nicht?«
    »Weil Felicity Künstlerin ist.«
    »Und?«
    »Sie braucht ihre Freiheit«, erklärte er. »Wie Claire.« Als er
meinen verständnislosen Blick sah, fuhr er fort: »In meiner Kindheit ist Claire
manchmal tage- oder wochenlang zum Malen verschwunden. Hin und wieder tut sie
das heute noch.« Er strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Ich habe es gehasst
aufzuwachen und festzustellen, dass sie weg war. Manche Männer können so leben.
Mein Vater konnte es. Ich kann es nicht.«
    »Felicity ist nicht Claire«, wandte ich

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