Licht über den Klippen
verkauft
und beide neue Partner gefunden. Plötzlich hatte ich Stiefbrüder und
-schwestern, aber kein Zuhause mehr und sehnte mich nach meinen Kindertagen bei
meinen Großeltern in St. Non’s.« Sie streckte die Beine aus und nahm einen
Schluck Tee. »Ich schlug mich ohne enge Bindungen an Personen oder Orte als
Künstlerin durch. Irgendwann bin ich in den Ferien hergefahren und habe zwei
Wochen damit verbracht, Cornwall neu zu entdecken, Besuch im »Cloutie Tree« mit
Cream Tea inklusive.
Ohne meine Großeltern war es anders im »Cloutie Tree«, doch die
Sonne schien, und die Rosen standen in voller Blüte. Hinterher bin ich durch
die Gärten geschlendert wie früher. Weil meine Großmutter den Ruhigen Garten
immer am liebsten gemocht hatte, bin ich rauf und habe mir einen besinnlichen
Moment im Gedenken an sie gegönnt. Als ich gehen wollte, konnte ich den Weg
nicht mehr finden.«
Claires Schilderung nach hatte sie eher verdutzt als panisch
reagiert. Wie konnte sie sich in dieser Umgebung, die sie so gut kannte,
verlaufen haben? Am Ende hatte sie den Pfad entdeckt – wenn auch nicht dort, wo
sie ihn vermutete. Und auch die Teestube war nicht mehr dort, wo sie hätte sein
sollen.
»Es gab nicht mal ein Gewächshaus. Ich dachte, ich verliere den
Verstand«, erklärte Claire. »Das kannst du sicher nachvollziehen.«
»Ja. Und was hast du gemacht?«
»Ich bin in Panik zum Haus gelaufen und habe gegen die Tür
gehämmert, bis jemand öffnete. Das war meine erste Begegnung mit deinem Onkel George.«
Er hatte Claire hereingebeten, sich ihre Geschichte angehört und ihr Tee
gekocht.
»Keine Ahnung, wo die Kinder waren. Mark muss in der Schule gewesen
sein, und Susan machte wahrscheinlich gerade ihr Mittagsschläfchen.«
George war zu dem Zeitpunkt seit einem Jahr Witwer, was sie nicht
wusste.
»Dann hat jemand angerufen – das Telefon war, glaube ich, im Flur.
George ist hingegangen, und …« Sie schwieg kurz, als fiele es ihr schwer, die
weiteren Geschehnisse zu beschreiben. »Und plötzlich war ich wieder im Ruhigen
Garten.«
Alles war an seinem Platz. Zur Beruhigung hatte sie in der Teestube
ein Kännchen Tee bestellt. Nach einer Stunde im normalen Betrieb des »Cloutie
Tree« war es ihr schließlich gelungen, sich einzureden, dass das soeben Erlebte
ein Tagtraum gewesen sein musste.
Trotzdem hatte sie hastig ihre Sachen gepackt, das Hotel verlassen
und war übers Moor nach Norden gefahren, um sich auf der anderen Seite Cornwalls
in der Nähe von Boscastle neue Anregungen für ihre Bilder zu suchen.
Drei Monate vergingen, bis sie den Mut aufbrachte, nach Trelowarth
zurückzukehren.
»Ich konnte nicht aufhören, daran zu denken«, gestand Claire. »Und
an ihn. Ich hatte Träume …«
Inzwischen war es Herbst geworden. Die meisten Touristen waren
abgereist, in den Straßen von Polgelly herrschte Ruhe, und oben in Trelowarth
wurden die Gärten winterfest gemacht.
Sie hatte an die Tür geklopft. »Ich war zu dem Schluss gekommen,
dass ich die Sache nur loswerden würde, wenn ich mir selbst bewies, dass sie
nicht geschehen sein konnte.« Wie erwartet, war die Tür von einem anderen Mann
geöffnet worden, der George zwar ähnelte, aber rötliche Haare hatte und
schlanker war. »Er war sehr nett. Ich habe ihn nach George gefragt, und er hat
mir geantwortet, der einzige George Hallett, den er kenne, sei sein Großvater
gewesen, der sei allerdings schon lange tot.«
Ich machte große Augen. »Sein Großvater? Dann war er also …«
»Marks ältester Sohn«, führte Claire den Satz für mich zu Ende.
»Stephen. Ein reizender junger Mann, ein richtiger Gartenkünstler. Obwohl alle
Kinder von Mark künstlerisch veranlagt waren. Das hatten sie wohl von ihrer
Mutter.«
»Felicity.«
»Ja.«
Claire nahm einen weiteren Schluck Tee. »Nach dem Gespräch mit
Stephen wusste ich nicht mehr, was ich denken sollte. Ich merkte nur, dass
etwas mich anzog … nein, das Wort ist vielleicht zu stark. Etwas lud mich ein
hierzubleiben. Ich bin runter in den Pub in Polgelly, zum Lunch und zum Nachdenken.
Zwei Tische weiter saß ein alter Mann, der mich einige Zeit musterte, bevor er
mit seinem Bier herüberkam, sich zu mir setzte und sich vorstellte.«
Er war entwaffned in seiner lockeren Art, und sie hatten sich über
ihre Malerei, ihre Großeltern und alles, woran sie sich im Zusammenhang mit St.
Non’s erinnerte, unterhalten.
»Dann kamen wir auf Trelowarth und die Gärten zu sprechen, und er
erzählte mir, seine
Weitere Kostenlose Bücher