Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
Vom Netzwerk:
auf die Gegenwart zu konzentrieren, musste aber
feststellen, dass die Grenzen zur Vergangenheit immer wieder verschwammen, und
ich zögerte, die Küche zu betreten, weil ich nicht an die Geschehnisse dort
erinnert werden wollte.
    Trotzdem dachte ich an Fergals dunkle Augen und seinen trockenen
Humor; es schmerzte mich, nicht zu wissen, was aus ihm geworden war. Mit der
Scherbe in der Hand hatte er zumindest eine kleine Chance gegen Leach gehabt,
allerdings nur, wenn Fergal überhaupt wieder zu sich gekommen war und Leach
nicht allzu schnell zu seiner Pistole gegriffen hatte.
    Den Gedanken, dass Fergal tot sein könnte, schob ich beiseite.
    Obwohl mir klar war, dass sie inzwischen alle unter der Erde lagen.
Daniel hatte recht gehabt mit seiner Feststellung, dass sein Leben für die Menschen
in meiner Zeit längst vorbei und vergessen sei.
    Er hatte ebenfalls recht gehabt mit seiner Annahme, dass Versuche,
die Ereignisse zu beeinflussen, sich als unmöglich erweisen würden. Meine
Warnung an Jack beim Betreten der Höhle hatte ihn davor bewahrt, auf der Stelle
von Creed erschossen zu werden, doch am Ende war das Unvermeidliche doch
geschehen. Sogar Daniels Dolch, mit dem ich den Constable ins Jenseits
befördert hatte, war am Ende wieder auf dem Boden der Höhle gelandet, wo Mark
ihn fast dreihundert Jahre später finden sollte. Der Lauf der Geschichte hatte
sich nicht verändert.
    Jedenfalls nicht, soweit mir bekannt war. Ich wusste lediglich, dass
die Gegenwart sich genauso darstellte, wie ich sie verlassen hatte. Nur, dass
sie sich für mich ein wenig leerer anfühlte.
    Wie aufs Stichwort bewegte sich ein Schatten am Fenster vorbei, und
ich hörte, wie die hintere Tür aufging und Felicity mit einer Plastikwanne
voller Tassen und Untertassen in den Armen, das Handy zwischen Kopf und
Schulter eingeklemmt, hereinkam.
    »Nein, nein«, sagte sie gerade, »überall auf dem Boden. Ja, wir
haben sie ausgeschaltet, aber in einer halben Stunde erwarten wir eine große
Touristengruppe, und … ach, könnten Sie das wirklich? Danke, das wäre nett,
Paul. Sie sind ein Schatz.«
    Sie stellte die Wanne vorsichtig auf der Arbeitsfläche ab, beendete
das Gespräch und begrüßte mich. »Hallo. Ich hab dich hoffentlich nicht aufgeweckt
mit der letzten Ladung Geschirr, oder?«
    Jetzt erst fiel mir auf, dass die Spüle voll mit Tellern und Tassen
war und daneben eine zweite, leere Plastikwanne stand.
    »Nein. Warum, was ist los?«
    »Die Geschirrspülmaschine leckt. Wir haben sie arg strapaziert,
damit das Geschirr schön sauber ist für die Nachmittagsgäste, und dabei eine
Überschwemmung produziert.«
    »Brauchst du Hilfe?«, fragte ich in der Hoffnung, Ablenkung zu
finden.
    »Claire meint, du sollst dich ausruhen.« Felicity betrachtete mein
Gesicht genauer. »Sie hat dich ganz schön erwischt mit der Tür. Wie geht’s
dir?«
    »Ich bin okay, danke.«
    Gemeinsam füllten wir beide Plastikwannen innerhalb von zehn Minuten
mit sauberen Tassen und Untertassen.
    »Komm«, sagte ich und hob eine der Wannen vorsichtig an. »Ich trage
sie mit dir zurück.«
    Regen, vielleicht ein Gewitter, lag in der Luft. Als ich Felicity
zum Gewächshaus folgte, fiel mir auf, dass Stoffstreifen an dem Dornbusch neben
der Teestube hingen, der nun ein richtiger Cloutie
tree war.
    Beim Betreten der Teestube stieg mir der Geruch frisch gebackener
Scones in die Nase, und mein Magen begann zu knurren. Susan tauchte hinter der
kaputten Geschirrspülmaschine einen Putzlappen in den Eimer zu ihren Füßen. Sie
wirkte erstaunlich gefasst in der Krise.
    »Immerhin ist der Boden jetzt trocken. Hast du Paul erreicht?«,
fragte sie Felicity.
    Felicity nickte. »Er hat versprochen, sofort zu kommen.«
    »Prima.« Susans Blick fiel auf mein Gesicht. »Du lieber Himmel, Eva.
Das tut sicher weh. Claire hat mich schon gewarnt, dass es übel aussieht.«
    »Alles in Ordnung«, versicherte ich ihr. »Wo ist Claire?«
    »Sie hält Ausschau nach dem Bus.«
    »Lasst uns die Tische decken«, schlug Felicity vor.
    Wir waren noch nicht ganz fertig, als ich auf dem Kiesweg draußen
knirschende Schritte hörte. Es war Paul, der im T-S hirt und dem nicht zugeknöpften, aus
der Hose hängenden Jeanshemd aussah, als wäre er auf Felicitys Hilferuf geradewegs
aus dem Bett gesprungen.
    Sofort hellte sich Susans Miene auf. Sie zeigte ihm gerade das
Problem, als ich weitere Schritte auf dem Kies vernahm und Claire hereintrat.
»Sie sind da«, verkündete sie. »Der Reiseleiter sagt, es

Weitere Kostenlose Bücher