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Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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welche Box ich mein
Pferd stellen soll, nicht wahr?« Direkt an mich gewandt, fügte er hinzu: »Sie
wollen doch nicht Ihre Schuhe ruinieren.«
    Er erwartete eine Reaktion von mir. Daniel kam mir zu Hilfe.
    »Sie kann nicht sprechen.«
    Wilson hob die Augenbrauen. »Ach. Wie ist das geschehen?«
    »Soweit ich weiß, ist sie so zur Welt gekommen.«
    »Interessant.« Wilson betrachtete mich wie ein wissenschaftliches
Studienobjekt. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass ich in seiner
Wertschätzung soeben gesunken war. »Traurig«, sagte er und wandte sich ab.
    Ich löste meinen Arm von dem Daniels.
    »Gehen Sie doch bitte und informieren Sie Ihren Bruder, dass wir
einen Gast zum Essen haben«, bat er mich.
    Ich nickte und entfernte mich. Als ich mich umdrehte, waren die
beiden bereits mit dem Pferd in den Stall gegangen. Fergal erwartete mich an
der offenen Tür des Hauses, die Hände in die Hüften gestemmt und die Stirn
gerunzelt. »Ich dachte, ich hätte ein Pferd gehört«, erklärte er.
    Ich beschleunigte meine Schritte, weil ich erst drinnen mit Fergal
sprechen konnte.
    »Ist jemand gekommen?«, erkundigte er sich.
    Plötzlich veränderte sich Fergals Gesichtsausdruck, und er hob eine
Hand, um sich zu bekreuzigen. »Gütiger Himmel.«
    Bevor ich etwas sagen konnte, wurde er zu einem Schatten, der sich
auflöste.
    Unvermittelt befand ich mich nicht mehr im Hof von Trelowarth,
sondern trat aus dem Wilden Wald hinaus auf den Hügel. Die Sonne brach durch
die Wolken, und vor mir ging Susan in Richtung Gewächshaus.
    Es dauerte einen Moment, bis die Erinnerung wiederkehrte: der mit
Claire verbrachte Abend, die Nacht in ihrem Cottage, mein Aufwachen dort. Dann
der Weg über den Küstenpfad durch den Wald, der Regen, der mich zum Haus laufen
ließ, und …
    Für mich hatten sich diese Dinge zwei Tage zuvor ereignet, doch hier
war keinerlei Zeit vergangen. Als ich den Blick senkte, sah ich, dass sich die
Abdrücke meiner Füße tief im Schlamm hinter mir abzeichneten. Alles war wie
zuvor.
    Nun, vielleicht nicht alles.
    Meine Hand ertastete den Seidenstoff des Kleides. Und mein Haar war
unter der Haube hochgesteckt. Das konnte ich nicht so leicht erklären, wenn ich
jemandem begegnete. Ich rannte den Hügel hinauf, um mich zu verbergen.
    Um diese Uhrzeit arbeitete Mark gewöhnlich bereits draußen. In der
Hoffnung, dass es auch jetzt so war, hastete ich durch die vordere Tür ins Haus
und in Richtung Treppe.
    Ich war schon auf halber Höhe, als ich hörte, wie sich oben eine Tür
schloss. Dann erklang Claires fröhliches Summen. Es bestand keine Möglichkeit,
in mein Zimmer zu schlüpfen oder kehrtzumachen, bevor sie mich entdeckte.
    In meiner Panik drückte ich gegen die Vertäfelung, wie Daniel es mir
gezeigt hatte. Die Geheimtür öffnete sich, und ich verschwand gerade noch
rechtzeitig in dem engen Raum voller Spinnweben, bevor Claires Schritte die
Treppe erreichten.
     
    Das Kleid sah anders aus. Ich breitete es auf dem Bett aus
und ließ die Finger vorsichtig darübergleiten. Auf meiner Reise aus der
Vergangenheit war die Farbe ausgeblichen, und die Stiche an den Säumen wirkten
brüchig.
    Was für ein hübsches Gewand, dachte ich. Leider würde ich es
höchstwahrscheinlich nicht in die Zeit zurückbringen können, in die es gehörte.
Meine eigene Kleidung, die sich bei Daniel befand, ließ sich leicht ersetzen,
aber das …
    »Tut mir leid«, sagte ich leise, obwohl ich wusste, dass Daniel mich
nicht hörte, nahm einen Bügel aus dem Schrank und hängte das Unterkleid, den
Rock und das Oberteil darüber, bevor ich Daniels roten Hausmantel aus Seide,
den Banyan, wie er ihn genannt hatte, darüberbreitete. Das Ganze war fast zu
sperrig, um es im Schrank unterzubringen. Wenn jemand die Tür öffnete, fiel
sein Blick sofort darauf, doch ein besseres Versteck hatte ich nicht.
    Die Schuhe und die Haarnadeln ließen sich leichter verbergen.
Eingeschlagen in die weiche Leinenhaube, legte ich sie in die Schublade, in der
sich meine Schlaftabletten, meine Armbanduhr und mein Handy befanden. Uhr und
Telefon hatte ich dort verstaut, weil ich nicht das Risiko eingehen wollte, sie
auf meine Zeitreisen mitzunehmen. Die moderne Technologie hatte in der
Vergangenheit nichts verloren.
    Du auch nicht ,
erinnerte ich mein Spiegelbild.
    Doch die Augen, die mich daraus anblickten, wirkten nicht überzeugt.

SIEBZEHN

    M ark und Claire saßen
in der Küche, als ich nach unten kam.
    »Da bist du ja«, begrüßte mich

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