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Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte

Titel: Lichtfaenger 01 - Die Auserwaehlte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kuehnemann Nadine
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mysteriöse Fundstelle und sperrte sie weiträumig ab, während er angestrengt überlegte, wie er seinen Einsatz dem von Natur aus skeptischen Inspector erklären könnte, ohne dabei den Kopf zu verlieren. Sie hatten nicht einmal eine anständige Personenbeschreibung für den Abgleich mit den Vermisstmeldungen.

Scotland Yard, London
     
    Detective Chief Inspector Adam Rutherford ließ es klingeln. Der Chief wollte ihn sprechen. Das konnte warten. Chief Superintendent Whitney würde seinen zweifellos enthusiastischen Monolog noch früh genug loswerden. Er hatte grundsätzlich Mühe mit begeisterten Leuten, vor allem, wenn sie ihn von der Arbeit abhielten. Er verließ das Glashaus, das er sein Büro nannte und fröstelte, als er das unterkühlte Großraumbüro seiner Mitarbeiter betrat. Er hielt nicht viel von Privilegien und Rängen, aber die Tatsache, dass er als DCI ein sonniges Einzelbüro mit botanisch herausragender Kakteenzucht besaß, entschädigte für vieles. Nicht zuletzt die niemals versiegende Begeisterung seines Chefs.
    Die Mannschaft erwartete ihn im Sitzungszimmer zur Lagebesprechung. Es waren tatsächlich alles Männer, die mehr oder weniger entspannt am langen Tisch saßen. Bisher hatte es keine Frau zu ihm an die Front geschafft. Den Grund kannte er nicht, und er bedauerte es manchmal. Das andere Geschlecht schien sich mehr für die Arbeit hinter den Kulissen in den Labors zu interessieren. Er nickte den Leuten kurz zu.
    »Wo sind Miller und Cawley?«
    »Die Inspectors sind noch in Hammersmith, Sir«, antwortete Ron Cornwallis, der Jüngste und Schnellste seiner Truppe. »Befragung der Stammkunden in der ›Red Lantern‹.«
    »Wird allmählich Zeit, dass wir die Clan-Sache abschließen«, brummte Rutherford ärgerlich. »Also, wo stehen wir, Pete?«
    Sein alter Leidensgenosse bei Schotland Yard, Detective Sergeant Pete Townsend, der seit fünfzehn Jahren partout nicht Inspector werden wollte, kam nicht mehr dazu, zu antworten. Der Telefonapparat auf dem Tisch erwachte lautstark zum Leben. Der schnelle Ron hatte den Hörer in der Hand, bevor sich der DCI ärgern konnte. Er hörte kurz zu, dann reichte er den Hörer seinem Chef. »Wir haben eine Leiche, Sir.«
    Mit zusammengekniffenen Augen hörte er sich an, was die Zentrale ihm zu melden hatte. »Kent? Was geht uns das an?«, unterbrach er unwirsch. Sie hatten wahrlich genug eigene Probleme und keine Zeit und Ressourcen, die Aufgaben der lokalen Polizei auch noch zu übernehmen. Überdies begannen sich seine Männer bereits zu langweilen. Das mochte er am allerwenigsten. »Wann sagten Sie? Heute Mittag?« Es war fünf Uhr abends. Die Spur, wenn es denn eine gab, dürfte längst kalt sein. »Hören Sie, ich bin mitten in einer Besprechung. Ich rufe ...«
    Der Rest blieb ihm im Halse stecken, denn in diesem Moment öffnete sich die Tür und Chief Whitney trat mit strahlender Miene ein. Hinter ihm tauchte ein strohblonder Haarschopf auf. Er gehörte einer jungen Frau, deren Ausstrahlung den kühlen Raum erwärmte wie ein laues Frühlingslüftchen. Wären plötzlich Maiglöckchen aus seinem Hörer gewachsen, der DCI hätte sich überhaupt nicht gewundert. Seine Männer saßen kerzengerade am Tisch wie brave Primaner, bereit aufzuspringen und die Lady im Chor zu begrüßen, so schien es. Dabei war die unerwartete Erscheinung eher klein. Sie trug weder extravagante Kleider noch schwindelerregende Schuhe. Jeans, weißes T-Shirt, hellbraune Lederjacke, bequeme Schnürschuhe, das war’s. Ihr Gesicht aber mit den blau schimmernden, neugierigen Augen, der angedeuteten Stupsnase, den weichen Lippen und der dicke, goldene Zopf zogen sofort alle Blicke magisch auf sich. Auch Rutherford vermochte sich dem Bann nicht sogleich zu entziehen. Ganz sanft legte er den Hörer auf die Gabel zurück, als dürfte kein Geräusch die Weihe des Augenblicks stören.
    »Meine Herren«, begann der Chief freudig, »ich möchte Ihnen Detective Sergeant Hegel vorstellen.« Er trat etwas zur Seite, um seine Begleiterin ins rechte Licht zu rücken. »Dr. Hegel ist Deutsche. Sie arbeitet beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden und wird uns ein Jahr lang im Rahmen des internationalen Austauschprogramms ihr Wissen und ihre Erfahrung zur Verfügung stellen.«
    Die Erinnerung traf Rutherford wie ein Schlag. Längst hatte er die unangenehme Unterhaltung mit dem Chief verdrängt. Schon damals lag die Betonung auf international , als würde die Schnapsidee die Bedeutung Scotland Yards und

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