Lichthaus Kaltgestellt
ist Müller. Wir sind von der Polizei. Sind Sie Matthias Lautwein?«
In ihm rangen Wut und Angst miteinander. Er entschied sich zur Vorsicht. »Ja. Was wollen Sie in meinem Haus? Können Sie nicht an die Tür eines Pfarrhauses kommen und höflich um ein Gespräch bitten, das ich Ihnen niemals verwehrt hätte?«
Seine Augen hatten sich an das Licht gewöhnt, und er schaute sich um. Die beiden Kerle mit Strumpfmaske standen hinter ihm. Vor ihm hatte sich ein großer Mann in Anzug und Krawatte aufgebaut. Einen freundlichen Herrn hätte er ihn genannt, wenn da nicht diese arktisch kalten Augen gewesen wären. In der Küche lehnten zwei weitere Beamte an der Arbeitsplatte. Eine junge, gut aussehende Frau, die ihn neugierig musterte, und ein kleiner Kerl, etwas dicklich. Er schaute sich verlegen um, fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Ein Katholik alter Prägung. Er wäre jede Wette eingegangen.
»Wo waren Sie in der Nacht vom 16. auf den 17. August?« Müller starrte ihn an.
Lautwein war verwirrt. »Woher soll ich das wissen? Hier in meinem Bett denke ich. Wie üblich.«
»Und das kann natürlich keiner bezeugen.«
»Nein, das wird Ihnen niemand bezeugen.« Er hatte seine Antwort absichtlich so formuliert. Sollte Christine hier gewesen sein, hätte er nicht einmal gelogen. Müller schien den kleinen Unterschied nicht zu bemerken, doch die junge Frau schaute kritisch.
»Sie sollten sich aber erinnern.«
»Worum geht es eigentlich?« Langsam fing er sich.
»Um ein Kapitalverbrechen. Wo waren Sie in der Nacht vom 27. auf den 28. August?«
»Ich weiß es nicht.« Seine Verwirrung schwoll an. Neue Daten, neue Fragen und kein Warum. Er war es nicht gewohnt, unter Druck gesetzt zu werden, und spürte, wie die Angst in ihm hochkam. »Sagen Sie mir doch bitte, was Sie wollen.«
Seine Stimme wurde flehentlich, doch der Mann gegenüber ging nicht auf ihn ein. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Triumph.
»Sie geben mir keine Antworten.« Er beugte sich nun vor und schrie. »Sie stehen unter Tatverdacht. Wo waren Sie also am 16. August?«
»In meinem Bett.«
Alle wirbelten herum. Christine stand in der Tür. Sie hatte nur die Jeans und das T-Shirt an, und jeder konnte sehen, dass sie keinen BH trug. Müller war aus dem Takt und suchte einen Augenblick nach Fassung. »Und wenn Sie es ganz genau wissen wollen, er hat mit mir geschlafen.« Ihre Augen waren voller Wut. Lautwein hatte sie noch nie so erlebt. Er war erleichtert, trotz der Brisanz ihrer Aussagen. Er würde sich hinter ihr verstecken. Feigling, schrie es in ihm. Es war egal.
»Ah. Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?« Der Kopf der Truppe wähnte sich zurück im Spiel. Eine Beziehung im Pfarrhaus. Eine ganz neue Perspektive.
»Dürfen Sie nicht.« Sie kam in die Küche und stellte sich neben Lautwein. Die vermummten Beamten traten zur Seite. »Wer sind Sie überhaupt, und was berechtigt Sie, hier einzudringen?«
»Wir …«
»Sie haben sich weder ausgewiesen, noch Herrn Lautwein über den Grund Ihres Eindringens in Kenntnis gesetzt. Nun, wo ist Ihr Ausweis?«
Die Gruppe sah sich betreten an. Schließlich zog Müller seinen Ausweis hervor und hielt ihn Christine hin, die ihn aufmerksam studierte.
»Also Herr Müller, was geht hier vor?« Der Raum war wie ein Boxring. Müller und Christine. Die anderen waren die Zuschauer.
»Wer sind Sie?« Seine Stimme war eisig.
»Christine Koppelmann. Für Sie Dr. Koppelmann.«
»Nun Frau Doktor …«
»Sie haben meine Frage immer noch nicht beantwortet.« Sie unterbrach ihn wieder. Das zeigte Wirkung.
Müller verlor langsam die Fassung. »Was fällt Ihnen ein, so mit mir zu reden?«
»Ich rede mit Ihnen, wie es mir passt. Und erst beantworten Sie meine Frage, bevor sich hier etwas tut.«
»Ich nehme Sie mit aufs Präsidium. Alle beide.« Müller schrie jetzt.
»Da bin ich aber gespannt auf Ihre Begründung.« Süffisant war sie, jedes ihrer Worte ein Peitschenschlag. »Sie unterlaufen hier eine Vorschrift nach der anderen. Der Staatsanwalt wird sich freuen. Nur zu Ihrer Information: Ich bin Staatssekretärin im Justizministerium und ärgere mich jeden Tag über aufgeblasene Beamte, die im Dienst die Grenzen überschreiten. Und wenn Sie jetzt nicht nach Vorschrift vorgehen, lernen Sie mich kennen.«
Lautwein starrte sie an. Die Härte, mit der sie vorging, erfüllte ihn mit Bewunderung, war ihm an ihr aber fremd. Doch dann erkannte er, was sie tat. Druck aufbauen, um sich, aber vor allem auch ihn zu
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