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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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vor sich hin und wischte sich mit den Händen die Tropfen aus Gesicht und Haaren. Etwas frischer ging er zur Bürotür, doch sagte ihm die Erfahrung, dass die Erholung nur von kurzer Dauer sein würde. Sein Bruder Guido hatte seinen Ausstand gegeben. Sie waren mit etwa zwanzig Mann zu einer Hütte im Wald gefahren, und es war hoch hergegangen. Um drei war er schließlich trotz Gewitters nach Hause gewankt.
    Umständlich schloss er die Tür auf und betrat das kleine, kahle Büro. Auf dem Schreibtisch lag ein Zettel mit der Telefonnummer des Försters. Sein heutiger Auftrag. Während er dem Tuten in der Leitung lauschte, spürte er, wie ihm wieder schlecht wurde. Endlich nahm jemand ab, und er riss sich zusammen.
    »Binz.«
    »Dupré GmbH hier, guten Morgen.« Marco schluckte heftig. »Wir sollen heute oben im Wald einen Graben anfüllen. Ihr Kollege Heinz sagte mir, Sie wüssten, wo.«
    »Na, der ist lustig. Ich habe schließlich auch Wochenende.« Der Mann war hörbar gereizt. »Sie sitzen doch in Lorscheid?«
    »Ja.«
    »Dann finden Sie das leicht auch ohne mich. Fahren Sie hoch zur großen Scheidschneise. Kennen Sie das?«
    »Klar.« Marco konzentrierte sich, um nicht den Faden zu verlieren.
    »Etwa auf halber Höhe sehen Sie rechts einen Graben. Füllen Sie den mit dem Kies auf, der daneben liegt.«
    »Ja, also einen Graben auf halber Höhe rechts.«
    »Genau. Das werden Sie ja wohl alleine hinkriegen. Ich komme am Montag rauf und schau mir das Ganze dann an.« Binz legte ohne Gruß auf.
    »Idiot«, murmelte Marco.
    Er atmete tief ein, um auf Touren zu kommen, nahm einen Schlüssel aus der Schublade, ging raus zum Bagger und fuhr los. Die Sonne stand nun relativ hoch und brannte ungehindert auf ihn hinunter. Es wurde brütend heiß in der gläsernen Kabine und nach wenigen Minuten klebte sein T-Shirt klatschnass am Rücken. Marco fluchte so, wie er es seinen Kindern verboten hatte, und öffnete Tür und Frontscheibe, doch auch das brachte keine richtige Abkühlung. Der Weg vor seinen Augen begann, mehr und mehr zu schwanken, und er verlor die Kontrolle. Schließlich fuhr der Bagger holpernd in die Wiese, wo er ihn gerade so zum Stehen bringen konnte, bevor er aus der Kabine heraus in hohem Bogen in ein kleines Kissen Wiesenschaumkraut kotzte.
    Von da an lief es etwas besser. Als er die Schneise einige hundert Meter hinaufgefahren war, sah er parallel zum Wegrand, unter einer Gruppe von Krüppeleichen, den Graben und gleich daneben einen Haufen Kies.
    Allmählich konnte er das Pochen in seinem Kopf nicht mehr ignorieren, und er sehnte sich nach Ruhe. Er stoppte den Bagger, dann stutzte er, denn am Anfang des Grabens waren bereits einige Meter mit Erde zugeschüttet worden und er wusste nicht, ob da die Kiespackung schon eingearbeitet worden war. Unentschlossen überlegte er, Binz deswegen anzurufen, ließ es dann aber bleiben, da er keine Lust hatte, sich noch einmal anschnauzen zu lassen. Er würde das Stück einfach aufgraben und gegebenenfalls den Kies hineinkippen.
    Vorsichtig manövrierte er sein Gefährt in Position und legte los. Der Boden war schwarz und schwer, aber noch nicht verdichtet, wodurch er zügig vorankam. Als er jedoch rund einen Meter Tiefe erreicht hatte, hing die Baggerschaufel fest. Genervt versuchte er den Baggerarm zurückzuziehen, doch die Wurzel, oder was auch immer ihn festhielt, war sehr stark, so dass er in Schieflage geriet. Er wollte gerade den Zug lösen, als der Arm freikam und der Bagger ruckartig auf den Weg krachte. Das war zu viel. Er streckte den Kopf unter der offen stehenden Frontscheibe weit hinaus und übergab sich erneut. Aber sein Inneres gab keine Ruhe, und er würgte noch mehrfach, obwohl der Magen bereits leer war. Benommen schaute er seinem Erbrochenen hinterher und entdeckte den verdreckten Fuß, der mit lackierten Zehennägeln aus der Erde ragte.
    *

Das Telefon läutete exakt mit Beginn der Radionachrichten um acht Uhr. Lichthaus hatte schon mit dem Fahrrad Brötchen in Ruwer geholt und wickelte gerade die Kleine.
    »Gehst du dran, Claudia? Das sind jetzt deine Eltern und sagen, dass sie eine Stunde später kommen.«
    »Ha, ha.« Dann hörte er sie aus der Küche kommen und das Telefon aufnehmen.
    Henriette strampelte mit den Beinen, und er kitzelte leicht ihren Bauch, woraufhin sie zusammenzuckte und ihn groß ansah. Lichthaus lachte.
    »Scherer.« Missmutig streckte sie ihm den Hörer entgegen. Er nahm ihn und tauschte mit ihr den Platz.
    »Morgen. Was gibt es,

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