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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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musste bitter lächeln, als er den langen, dürren Mann mit völlig übermüdetem Gesichtsausdruck im Wasser vor der verkohlten Leiche stehen sah.
    »Der Mann ist brennend hier heruntergelaufen. Dort oben«, er zeigte zur Wiese, »muss der Täter ihn mit einem Brandbeschleuniger übergossen und dann sofort angezündet haben.«
    »Hat er sich gewehrt?«
    Spleeth schaute Scherer an und dachte nach. »Kann sein, er war aber ohne Chance, denn seine Hände waren mit Draht gefesselt.
    Er wurde vor der Böschung zu Fall gebracht und konnte wohl nur noch hierher kriechen.«
    »Wie kommt ihr darauf?« Lichthaus hatte nur halb zugehört. Das Wispern des Wassers schläferte ihn ein, und seine Kopfschmerzen begannen wieder zu dröhnen, doch diese Information war zu ihm vorgedrungen.
    »Direkt dort, wo das Gefälle beginnt, haben wir einen Schuhabdruck gefunden, danach nur noch Kriechspuren. Vielleicht hat der Täter sein Opfer hier zu Fall gebracht. Man könnte sogar vermuten, dass der andere Kerl einen Schritt zur Seite getreten ist, um nichts von den Flammen abzubekommen. Morgen bekommt ihr einen Bericht.«
    »Das Ganze hört sich an wie eine Hinrichtung«, warf Marx ein. »Womit hat er ihn übergossen? Seine Kleidung ist ja völlig verbrannt.«
    »Wir wissen es nicht. Wohl ein Gemisch aus mehreren Komponenten. Kommt auch in den Bericht.«
    »Was ist mit dem Draht?
    »Habe ich noch nicht von den Händen gelöst. Als ich den Toten vorhin angehoben habe, konnte ich die Drahtschlingen aber deutlich sehen.«
    Kurz darauf traf Staatsanwalt Schröder ein, dem er die Sachlage erläuterte. Es war schon kurz nach fünf, als sie den Tatort verließen. Scherer fuhr Lichthaus nach Eitelsbach. Unterwegs hielten sie in Gartenfeld an und kauften in einer Großbäckerei, frisch aus dem Ofen der Backstube, die versprochenen Brötchen. Endlich zu Hause, legte sich Lichthaus erst einmal ins Bett und schlief augenblicklich ein.
    *

Er kam zu sich, als Claudia ihn grob schüttelte. »Johannes, du musst aufstehen, es ist schon gleich sieben.«
    Lichthaus grunzte nach bleischwerem Schlaf und brachte nur ein Nicken zustande. Es dauerte lange, bis er sich aus dem Bett quälte und ins Bad taumelte. Diesmal weckte ihn selbst die Dusche kaum auf. Er beeilte sich, so gut es ging, und saß eine Viertelstunde später schlecht rasiert im Auto und ließ sich von Sophie Erdmann in Richtung Bingen kutschieren.
    Das Wetter hatte sich verschlechtert. Dunkle Wolken hingen am Himmel und kündigten einen regnerischen Tag an. Es hatte sich stark abgekühlt, und Lichthaus genoss nach der Hitze der vergangenen Wochen die Frische. Claudia hatte ihm belegte Brötchen eingepackt und Kaffee in eine Thermoskanne gefüllt. Während er aß, berichtete er von den Ereignissen der Nacht. Sie stellte viele Fragen, und er hatte den Eindruck, dass sie gern vor Ort gewesen wäre, seine Entscheidung, nicht alle Kollegen einzubeziehen, aber akzeptierte. Kurz darauf schlief er ein. Normalerweise genoss er die Fahrt nach Mainz, obwohl die Strecke über Landstraßen führte. Diesen Nachteil glich die Natur aus. Der Hunsrück zeigte sich von seiner schönsten Seite. Zwischen Thalfang, direkt am Erbeskopf, und Morbach durchfuhr man tiefe, reich bewaldete Täler im Wechsel mit Höhenzügen, von denen man eine herrliche Aussicht über das Moseltal hinweg bis weit in die Eifel hinein hatte. Lichthaus kannte die Gegend zu jeder Jahreszeit, da sie einige Monate hier oben gegen einen Rauschgiftring im Rockermilieu ermittelt hatten. Einmal, frühmorgens bei strengem Frost, war die Sonne über der verschneiten Landschaft aufgegangen und leuchtete die erstarrte Natur aus. Er hielt mit seinem Auto einfach an und genoss diesen Anblick. Die Luft war klar und eiskalt. Bis zum schwarzen Mann in der Eifel hatte er schauen können.
    Die Fahrt dauerte gut eine Stunde, und er wachte erst auf, als Sophie Erdmann auf der Autobahn hinter Rheinböllen heftig bremste.
    »Idiot!« Sie schaute ihn aus den Augenwinkeln an. »Wenn ich nicht gebremst hätte, wäre der uns voll in die Seite gerauscht.«
    Sie gab Vollgas, überschritt damit die Geschwindigkeitsbegrenzung, die auf diesem Autobahnabschnitt galt, und raste an dem wieder nach rechts ziehenden Wagen vorbei. Der Fahrer, ein Mann von gut jenseits der siebzig, schaute Lichthaus, der völlig benommen aus dem Fenster sah, im Vorbeifahren freundlich an.
    »Der hat das nicht einmal bemerkt.« Er schüttelte den Kopf und döste noch einige Minuten vor sich hin,

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