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Lichthaus Kaltgestellt

Lichthaus Kaltgestellt

Titel: Lichthaus Kaltgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Walz
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Staatsanwalt Schröder in Luxemburg auf einer Konferenz zur internationalen Zusammenarbeit sein.« Er wandte sich an Steinrausch, »Anschließend fahren wir zu dieser Gruppe. Klären Sie bitte ab, ob morgen auch Training ist.«
    Er schaute in die Runde. »Was haben wir sonst noch?«
    Die Kollegen blätterten in ihren Unterlagen. Kopfschütteln. Nur Sophie Erdmann meldete sich zu Wort. »Die Filme der Überwachungskamera aus Mainz sind damals gesichert worden. Der Beamte erinnerte sich, dass die Auswertung des Tattages kein Ergebnis gebracht hat.«
    »Werden uns die Filme zugeschickt?«
    »Nein.«
    »Vielleicht ist etwas übersehen worden. Fordern Sie eine Kopie an. Sonst noch etwas?«
    Da keiner antwortete, lösten sie die Sitzung auf. Im Hinausgehen trat Müller an Lichthaus heran. »Was ist denn nun mit Ihnen und Ihrem Wagen?«
    »Das Auto sieht ziemlich übel aus. Aber ich bin so weit okay. Für ein Schleudertrauma war ich wohl schon zu langsam.« Er lächelte müde.
    »Sie können weitermachen?«
    »Ja klar. Haben Sie noch einen Augenblick?«
    »Natürlich. Kommen Sie, wir gehen in mein Büro.«
    Danke für die Anteilnahme, schoss es Lichthaus durch den Kopf, ehe er Müller folgte und in einem erstaunlich kurzen Gespräch die Genehmigung bekam, von Falkberg den Auftrag zu erteilen, ein Täterprofil zu erstellen.
    Zurück in seinem Büro rief er Claudia an, die ihn eine halbe Stunde später abholen würde. In der Zwischenzeit las er von Falkbergs Artikel. Er und Kollegen hatten Mitte der Neunzigerjahre erstmals versucht, für Deutschland eine Typologie der Serienmörder zu entwerfen. Die Studie war äußerst aufschlussreich. Für Lichthaus überraschend war die Tatsache, dass die immerhin 82 hier überführten Serienmörder für 453 vollendete oder versuchte Morde verantwortlich waren. Eine solche Vielzahl von Taten hätte er nicht für möglich gehalten. Er konnte sich gut vorstellen, dass die Dunkelziffer wegen der besonders schwierigen Ermittlungsarbeit weitaus höher lag. Für die USA gingen Schätzungen von 200 bis 400 unerkannten Serienmördern aus. Bedrückend fand er auch, dass die Experten nur mit einer Aufklärungsquote von 56 Prozent rechneten. Bei anderen Straftaten lag die immerhin bei über 90 Prozent.
    Sexualtäter hatten fast immer eine Vorliebe für bestimmte Methoden, ihre Opfer zu quälen und zu töten. Jürgen Bartsch beispielsweise hatte Anfang der Sechzigerjahre auf einer Kirmes in Essen einen Elfjährigen angesprochen und dann in einem Luftschutzbunker misshandelt, vergewaltigt und erschlagen. Erst nach drei weiteren, sehr ähnlichen Morden konnte er gefasst werden, da es seinem nächsten Opfer gelang, sich zu befreien und die Polizei zu informieren. Wie die meisten Sexualstraftäter hatte auch Bartsch die Taten in immer kürzeren Abständen begangen. Die stimulierende Wirkung, die der Täter während seines Handelns verspürte, wurde mit jeder weiteren Tat schwächer, so die Experten. Er stumpfte ab. Um einen neuen Kick zu bekommen, musste ein Mörder also in immer kürzeren Intervallen töten und ging dabei häufig immer brutaler vor. Weniger überraschend war für Lichthaus, dass der Kern der Abartigkeit schon in der Kindheit gelegt wurde. In vielen der untersuchten Fälle waren die Täter in einem zerrütteten und lieblosen Elternhaus aufgewachsen. Sie hatten wenig Kontakte zu anderen Menschen, auch nicht zu gleichaltrigen, und diese Art der sozialen Verpuppung behielten sie auch als Erwachsene bei. Viele lebten allein und wirkten nach außen hin angepasst. Ihre Sexualität war stark gestört und oft dominiert von einer Vorliebe für sadistische Praktiken. Lichthaus schauderte es.
    Er hatte gerade die Lektüre beendet, als Claudia etwas später als erwartet hereinkam. Lichthaus packte die Unterlagen zusammen und nahm die Babyschale, in der die Kleine schlief. Er brauchte bis zum Parkplatz, um seinen Kopf von den Ereignissen des Tages zu befreien, und lief einsilbig neben Claudia her, die ihn unaufhörlich über den Unfall ausfragte. Sie hatte sich mit dem Autohaus in Verbindung gesetzt, das den Golf mittlerweile abgeholt hatte. Zu seinem Leidwesen hatte sie abgemacht, dass sie noch heute in die Werkstatt kommen würden. Er sparte sich einen sinnlosen Protest. Als sie auf den Hof kamen, stand sein VW auf dem Abschleppwagen und bot einen jämmerlichen Anblick. Obwohl Lichthaus nur Laie war, was Autos und ihre Reparatur betraf, sah er auf Anhieb, dass nichts mehr zu machen war. Müde stieg

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