Lichthaus Kaltgestellt
Blöder Idiot! Jetzt saßen Chris und Evi schon unten an der Adria und hatten sich den besseren der beiden reservierten Plätze ausgesucht. Sicherlich den mit den Palmen. Das Telefon klingelte, und er überlegte kurz, ob er noch drangehen sollte.
»Hansen!« Seine Stimme hatte einen muffigen Unterton.
»Guten Morgen, Herr Hauptkommissar, hier ist Sebastian Elenz. Ich hoffe, ich störe nicht.«
»Nein, nein.« Er gab seiner Stimme einen neutralen Ton und verdrehte die Augen. »Was gibt es, ich habe nur wenig Zeit.« Noch so ein Idiot! Er fuhr sich mit der Hand über das ausnahmsweise unrasierte Gesicht und stellte sich vor, wie Elenz sich wand, um ja kein falsches Wort zu sagen. Leider. Hansen mochte dieses nassforsche Kerlchen nicht, das ihn vor Funk angemacht hatte, und er ließ keine Gelegenheit aus, um es ihm zu zeigen.
»Ich wollte fragen, ob Sie meinen Bericht bekommen haben.«
»Ja, natürlich. Wieso?« Er angelte sich den Postkorb und wühlte leise darin herum, bis er die braune Rundlaufmappe in Händen hielt. Elenz hatte nur »Hansen« darauf geschrieben. Keinen Dienstrang, nichts. Der Mann war völlig respektlos, und Hansen entschied, dass er hier in Saarburg versauern solle, solange er es durchsetzen konnte. »Wollen Sie mich kontrollieren, oder was?«
»Nein«, Elenz lachte nervös auf. »Ich dachte eben, es wäre interessant, meinen Bericht den Kollegen von der Mordkommission weiterzuleiten.«
Hansen wusste nicht, wovon der Kerl sprach, und hatte auch keine Lust, sich weiter damit herumzuärgern.
»Ich denke drüber nach.« Er legte grußlos auf und zog den Bericht ganz heraus, als das Telefon wieder läutete.
»Ja, was ist noch?«
»Warum maulst du mich denn so an?« Sabine war verärgert. »Ich bin es ja wohl, die einen Grund zum Maulen hätte. Ich sitze hier schon seit zwanzig Minuten im Auto rum. Ich will raus aus dem Regen und rein in die Sonne. Wann kommst du endlich?«
»Jetzt!« Kurz entschlossen steckte er den Bericht in den Umschlag zurück, warf ihn auf den Postkorb und schloss den Schrank. Dann ging es ab in den Urlaub.
*
Das vorläufige Fahndungsprofil würde Lichthaus zu Hause entwerfen, denn hier hatte er mehr Ruhe. Er gab Marie Guillaume telefonisch Bescheid, dass er erst am Nachmittag im Anschluss an den Termin in Luxemburg ins Präsidium kommen würde, um mit Steinrausch zu den Schwertkämpfern zu fahren. Neuigkeiten gebe es keine, sagte sie mit Bedauern in der Stimme und versprach, alle Unterlagen im Fall Schneider zu kopieren und von Falkberg zukommen zu lassen. Er legte auf und machte Frühstück.
Während er in aller Ruhe Tee aufsetzte, Eier kochte und den Tisch deckte, formulierte er in Gedanken die Einzelheiten des Profils. Bis das eigentliche Gutachten von Falkbergs vorlag, wollte er ein neueres Verfahren ausprobieren, das Spezialisten zur Fahndung nach Sexualstraftätern entwickelt hatten. Aus einer Untersuchung von gefassten sexuell motivierten Serientätern hatten sie typische Merkmale zusammengestellt. Er suchte die Indikatoren heraus, die für ihren Fall infrage kamen, und ergänzte sie mit den wenigen ihnen bereits bekannten Tätereigenschaften, die das Team auf der gestrigen Sitzung zusammengetragen hatte. Mit dieser Liste würden sie alle Pajerofahrer abgleichen müssen.
Als er fertig war, sah er, mit welch dürftigen Punkten er eine aufwendige Fahndung in Gang setzen würde, doch ihm blieb keine Wahl.
Er goss den Tee ab und verbrannte sich die Finger, fluchte leise und kühlte die Hand. Die Schwäche seines Vorgehens war ihm klar und beunruhigte ihn, denn er stützte sich nur auf die Beobachtung des Mannes, der einen Pajero mit Hänger gesehen haben wollte. Sollte der sich in Bezug auf das Modell getäuscht haben oder einen völlig Unschuldigen beobachtet haben, liefen sie klassisch ins Leere. Entschlossen schob er diese Gedanken beiseite.
Er saß eben bei der zweiten Tasse Tee und las erstmals seit Tagen die Zeitung, als Claudia in die Küche kam. Sie war völlig verschlafen und würde wie üblich einige Minuten brauchen, um richtig wach zu werden. Er schenkte ihr Tee ein und gab ihr die Zeitung. Die Presse machte wegen des Toten vom Wochenende enormen Wind. Das hatte es in Trier noch nie gegeben. Die Fotos vom Tatort waren zu sehen, und es wurden wilde Spekulationen angestellt, doch zu seiner Erleichterung tauchten keine sensiblen Informationen auf. Er legte die Zeitung beiseite.
Claudia würde ihn am späten Vormittag zu Staatsanwalt Schröder
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