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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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die Schnur um die Hand und ging dabei auf den dunklen Höhleneingang zu, dann zog sie fest ein-, zwei-, dreimal daran.
    Nichts geschah. Sie wartete und horchte auf das regelmäßige Schlagen der näher kommenden Wellen. Schon wollten ihr Angsttränen in die Augen steigen, da kam das verabredete Zeichen: Dreimal wurde die Schnur in ihrer Hand leise angezogen. Fast gleichzeitig ließ die Spannung nach, und die Schnur begann, lose herabzuhängen. Jane seufzte erleichtert auf. Die Schnur ließ sich gut einziehen, zuerst langsam, aber dann ging es leichter — sie ließ sich schneller aufwickeln, als sie sich abgespult hatte. Schließlich kamen Simon und Barney aus dem engen Höhleneingang herausgestolpert; hinter der Hand, mit der sie die Augen schützten, blinzelten sie ins Tageslicht.
    »Hallo«, sagte Simon fast verlegen; er klang ganz benommen. Volle fünf Minuten, bevor sie den Ausgang erreichten, hatten sie alle Streichhölzer verbraucht gehabt, und der letzte Teil des Weges war ein Albtraum im Stockdunklen gewesen. Sie hatten nur die Schnur gehabt, um sich daran zu halten. Simon hatte darauf bestanden, dass Barney ihn als Ersten gehen ließ. Die ganze Zeit hatte er Angst gehabt, bei jedem Schritt gegen den Fels zu stoßen oder gegen etwas Unbekanntes, und er hätte sich nicht gewundert, wenn sie bei seinem Auftauchen festgestellt hätten, dass sein ganzes Haar weiß geworden war ...
    Jane sah ihn mit einem kleinen verlegenen Lächeln an und sagte wie er: »Hallo.«
    »Schau mal«, sagte Barney und hielt ihr den Gral hin.
    Jane fühlte, wie ihr Lächeln sich über ihr ganzes Gesicht verbreitete. »Dann haben wir sie geschlagen! Wir haben ihn! Oh mein Gott, wenn Gummery nur hier wäre!«
    »Ich glaube, er ist aus Gold.« Barney rieb an dem Metall. Draußen im Sonnenlicht kam ihnen der Gral gar nicht mehr so wundervoll vor wie im geheimnisvollen Dunkel der Höhle. Aber durch den Schmutz, der den Becher bedeckte, schimmerte es golden.
    »Er ist ganz mit einer Art Muster bedeckt, das eingeritzt ist«, sagte Barney, »aber man kann es nicht richtig erkennen, man müsste ihn zuerst reinigen.«
    »Er ist schrecklich alt.«
    »Aber was
bedeutet
er? Schließlich versuchen alle wie verrückt, den Gral in die Hand zu bekommen, weil er ihnen etwas verraten kann, aber wenn man ihn betrachtet, kann man nicht verstehen, wie das möglich sein sollte. Falls nicht das eingeritzte Muster eine Art von Botschaft enthält.«
    »Das Manuskript«, sagte Simon.
    »Oh Gott, ja.«
    Barney nahm die kleine, schwere Bleiröhre aus dem Becher und zeigte Jane das Manuskript, das sich darin befand. »Es war in den Becher hineingeklemmt. Es muss eine Fortsetzung unseres Manuskripts sein. Ich wette, es ist ungeheuer wichtig und erklärt alles. Aber es zerbröckelt fast, wenn man es nur ansieht.« Er schob die Rolle vorsichtig in das Bleirohr zurück.
    »Wir müssen es sicher nach Hause bringen«, sagte Simon. »Ob wohl hier drin noch Platz ist ... warte einen Augenblick.« Er nahm das Teleskopfutteral, das Jane unter dem Arm hielt, und schraubte es auseinander. Das alte, vertraute Manuskript ragte aus der unteren Hälfte hervor.
    Simon nahm das dunkle Bleirohr und schob es vorsichtig in die Mitte der Pergamentrolle im Teleskopbehälter. »So. Hast du ein Taschentuch, Jane?«
    Jane holte ihr Taschentuch aus der Blusentasche. »Wozu?«
    »Dazu«, sagte Simon und stopfte das zusammengerollte Taschentuch fest in den oberen Teil der Pergamentrolle. »So kann das neue Manuskript nicht verrutschen. Wir werden laufen müssen, wenn die Flut uns nicht einholen soll, und da wird das Futteral tüchtig geschüttelt.«
    Wie auf ein Stichwort wandten sich Jane und Barney der See zu, und beide stießen einen unterdrückten Schrei aus, einen Schrei, der ihnen vor Entsetzen im Hals stecken blieb. Simon hatte den Kopf geneigt, um die beiden Hälften des Futterals wieder zusammenzuschrauben. Er blickte schnell auf. Die Wellen hoben und senkten den Tang jetzt schon in einer Entfernung von zwei Metern von der Stelle, auf der er stand. Aber das war es nicht, was die beiden so erschreckt hatte. Jane und Barney standen wie erstarrt und blickten weiter auf die See.
    Einen Augenblick lang verstellte ein vorspringender Felsen Simon die Sicht. Dann sah auch er die hohen geschwungenen Linien der Yacht
Lady Mary
unter vollen Segeln, die um die Ecke des Vorgebirges bog und auf sie zukam. Und er sah auch die große schwarze Gestalt, die mit erhobenem Arm am Bug stand und auf sie

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