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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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allein im Dunkeln stehen würde. Er wandte sich zurück in die Richtung, aus der er gekommen war, und es wurde ihm bewusst, dass er ohne die Schnur, die um seinen Bauch geschlungen war, verloren gewesen wäre. Der weite Höhlenraum verlor sich nach allen Seiten im Dunkel. Nur die dünne, straffe Schnur sagte ihm, in welche Richtung er gehen musste.
    Er folgte dieser Schnur; sie fiel zu Boden und wurde dann wieder straff gezogen. Simon schien sie einzuziehen. Barney drückte mit einer Hand den Gral an sich, mit der andern hielt er die fast ausgebrannte Kerze hoch. Seine Angst war freudiger Erregung gewichen. »Simon«, rief er, »ich habe ihn gefunden.«
    Als Antwort kam nur der Widerhall seiner eigenen Stimme. »Gefunden ... gefunden ...«, wisperte es von allen Seiten.
    Dann flammte das Licht auf und erlosch.
    Die Schnur blieb straff gespannt, während Barney sich an ihr zurücktastete. »Simon?«, sagte er unsicher. Immer noch kam keine Antwort. Einen Augenblick lang tauchte ein schreckliches Bild vor ihm auf: Simon, der auf der anderen Seite des Felsbrockens überwältigt und hilflos dalag, und das höhnische Gesicht von Mr Hastings, der die Leine anzog, als hätte er einen Fisch am Haken ...
    Barneys Kehle wurde plötzlich ganz trocken. Er drückte den Gral in der Dunkelheit fest an sich, sein Herz klopfte. Dann hörte er Simons Stimme vor sich unten in der Dunkelheit — sie klang ganz gedämpft: »Barney... Barney?«
    Barney streckte die Hand aus und fühlte den Stein vor dem Eingang zum engen Teil der Höhle. »Ich bin hier, Simon, ich habe ihn gefunden, ich habe den Gral.«
    Aber die dumpfe Stimme sagte nur: »Komm raus, schnell!«
    Barney ließ sich auf die Hände und Knie nieder und schrie leise auf, als er wieder den Druck der scharfen Felskanten spürte. Vorsichtig kroch er in den Spalt, der die beiden Teile der Höhle trennte. Immer wieder stieß er sich den Kopf an der niedrigen, unebenen Decke. Er hielt den Gral mit einer Hand vor sich, stieß aber damit gegen die Felswände, und zu seiner Verwunderung erklang das Gefäß mit einem lang anhaltenden Ton, der so rein und klar war wie der einer Glocke.
    Am Ende des Spalts sah er einen matten Lichtschein und dann das helle Aufleuchten eines Streichholzes und Simon, der vor dem Spalt hockte und mit der freien Hand die Leine einzog. In den hüpfenden Schatten sahen seine Augen groß und dunkel und erschrocken aus. Aber als Barney ins Freie kam, vergaß er alles beim Anblick des großen Bechers.
    Simon war immer nervöser geworden, und nur die Tatsache, dass er spürte, wie Barney am anderen Ende der Schnur immer weiterging, hatte ihn daran gehindert, sich selbst durch den engen Spalt zu quetschen. Er hatte allein im Dunkeln dagestanden, auf jeden Laut gelauscht, sich nach Licht gesehnt, sich aber gezwungen, die sechs verbleibenden Streichhölzer in seiner Tasche für den Rückweg aufzubewahren. Die Zeit war nur sehr langsam verstrichen.
    Er nahm jetzt den Becher aus Barneys Händen.
    »Ich hatte eine andere Form erwartet... was ist das hier drin?«
    »Wo?«
    »Schau mal — « Simon griff in den Becher hinein und holte etwas heraus, was zuerst wie ein kurzer Stock aussah und vor Alter fast so dunkel wie der Becher war. Es war im Becher festgeklemmt gewesen und Barney hatte es in der Eile gar nicht bemerkt.
    »Es ist sehr schwer. Ich glaube, es ist aus Blei.«
    »Was ist es denn?«
    »Eine Art Rohr. Wie die Teleskophülle, nur viel kleiner Es lässt sich nicht aufschrauben. Vielleicht steckt da nur ein Deckel drauf.« Simon versuchte, an dem Rohr zu ziehen, und plötzlich löste sich an einem Ende eine Art Kappe, und innen drin sahen sie etwas, was ihnen sehr bekannt vorkam.
    »Es ist wieder ein Manuskript!«
    »Das hat er also gemeint, als er sagte — « Simon unterbrach sich. Er hatte das gerollte Pergament an einem Ende gefasst, um es aus dem Rohr zu ziehen, und der Rand war ihm unter den Fingern zerkrümelt. Erschrocken zog er die Hand zurück, und im gleichen Augenblick fiel ihm ein, warum er so ängstlich nach Barney gerufen hatte.
    »Wir dürfen es nicht anrühren. Es ist zu alt. Und, Barney, wir müssen so schnell wie möglich zurück. Jane hat, kurz bevor du herauskamst, dreimal an der Leine gezogen. Die Flut kommt. Und wenn wir nicht schnell machen, werden wir abgeschnitten.«
     
    Als die Jungen im Eingang der Höhle verschwanden, hatte Jane sich an dem einsam dastehenden Felsblock niedergelassen — zwischen den feuchten Kissen aus Seetang,

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