Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
Vom Netzwerk:
blickte am Kliff empor, einen verzweifelten Augenblick lang fragte er sich, ob sie hinaufklettern und sich so retten könnten. Aber die glatte Granitwand ragte unerbittlich empor, ihr Rand lag unerreichbar hoch über ihren Köpfen. Es war unmöglich, einen Halt für den Fuß zu finden, nicht einmal um so hoch zu gelangen, dass man sich außerhalb der Reichweite der Feinde befand, sie wären abgestürzt, lange bevor sie den oberen Rand erreichten.
    »Barnabas!« Da war die Stimme wieder, sanft, aber eindringlich. »Wir wissen, was du da in deiner Hand hältst. Und auch du, Simon. Ja, Simon, besonders du.«
    Simon und Barney schlossen unwillkürlich die Hand fester um den Gral und das Manuskript.
    »Die Dinge gehören euch nicht« — die Stimme wurde lauter und herrischer — »ihr habt kein Recht darauf. Sie müssen dorthin zurück, wo sie hingehören.«
    Mr Hastings beobachtete die Kinder mit gespannter Aufmerksamkeit. Er hielt sich bereit, in dem Augenblick, wo die anschwellende Woge das Boot hob, auf die Klippen zu springen. Nur die wogenden Haufen von Seetang, die den Rand der Steine verschleierten, ließen ihn noch zögern. Polly Withers saß am Steuer und versuchte, das Boot in der steigenden Flut unter Kontrolle zu behalten.
    Barney schrie plötzlich: »Sie werden sie nicht kriegen. Sie gehören Ihnen auch nicht. Warum wollen Sie die Sachen eigentlich? Sie haben überhaupt kein Museum. Ich glaube nichts von dem, was Sie gesagt haben.«
    Mr Hastings lachte leise. Sein Lachen hallte unheimlich und übertönte das sanfte Murmeln der See, sodass den Kindern ganz kalt wurde.
    »Sie werden niemals wirklich siegen«, rief Simon trotzig, »das tun Sie nie.«
    »Diesmal werden wir gewinnen«, sagte eine hellere Stimme hinter ihnen. Sie fuhren herum. Es war Withers. Der Außenbordmotor war abgestellt worden, und das andere Boot näherte sich lautlos, während Bill mit einem Ruder nach dem Klippenrand tastete.
    Sie schmiegten sich dicht aneinander mit dem Rücken an das Kliff, so weit weg von den Feinden wie möglich, aber die Boote kamen von beiden Seiten langsam näher. Die
Lady
Mary trieb vor der Spitze der Landzunge. Sie hörten den Motor leise brummen, obwohl sie niemanden an Bord sahen.
    »Wenn wir nur ein Boot hätten«, sagte Jane verzweifelt. »Könnten wir nicht schwimmen?«
    »Wohin denn?«
    »Es muss doch irgendetwas geben, was wir tun können!« Barneys Stimme war schrill vor Verzweiflung.
    »Ihr könnt überhaupt nichts tun.« Withers' helle, höhnische Stimme klang über die Felsen zu ihnen herüber. Er stand, weniger als fünf Meter entfernt, im Bug des schwankenden Bootes. »Gebt uns das Manuskript. Gebt es uns und wir bringen euch in Sicherheit. Die Flut steigt jetzt sehr schnell. Ihr müsst es uns geben.«
    »Und wenn wir es nicht tun?«, rief Simon trotzig.
    »Schau dir die See an, Simon. Auf dem Weg, den ihr gekommen seid, könnt ihr nicht zurück. Schau dir die Flut an. Ihr seid abgeschnitten. Ihr könnt nicht mehr weg ohne unsere Hilfe.«
    »Er hat Recht«, flüsterte Jane. »Seht nur.« Ein Stück weiter weg schlugen die Wellen schon gegen den Fuß des Kliffs.
    »Wo hast du dein Boot, Simon?«, rief die höhnische Stimme. »Wir müssen uns ergeben«, sagte Simon leise und wütend. »Nimm dir nur Zeit, Simon. Wir können warten. Wir haben jede Menge Zeit.«
    Sie hörten den Jungen am anderen Ende des Bootes höhnisch lachen.
    »Sie haben uns.«
    »Oh, denk doch nach — denk nach, wir können jetzt nicht aufgeben.«
    »Denk an Großonkel Merry.«
    »Es ist schlimm, dass wir überhaupt je an ihn gedacht haben«, sagte Simon voller Wut. »Es hat keinen Sinn. Ich sage jetzt, dass wir uns ergeben.«
    »Nein!«, schrie Barney mit Bestimmtheit. Und bevor sie sich klar darüber waren, was geschah, hatte er Simon das Manuskript entrissen und war über die überfluteten Steine bis an den Rand der See gewatet. Er hielt in der einen Hand den langen, glänzenden Behälter, in der anderen den Gral und starrte Mr Hastings wütend an.
    »Wenn ihr uns nicht mitnehmt und wir die Sachen nach Hause bringen können, dann werfe ich sie in die See.«
    »Barney!«, krächzte Jane. Aber Simon hielt sie zurück und horchte.
    Mr Hastings rührte sich nicht. Er stand da und betrachtete mit abgründigem Hochmut Barneys kleine, zornige Gestalt, und als er sprach, war die tiefe Stimme kälter, als sie je eine Stimme gehört hatten. »Wenn du das tust, Barnabas, werde ich dich und deinen Bruder und deine Schwester hier ertrinken

Weitere Kostenlose Bücher