Lichtraum: Roman (German Edition)
Hülle der Komponente und schloss die Augen, wobei sie sich unwillkürlich anspannte. Sie konnte das Wispern der Transceiver hören und spürte, dass das Objekt immer noch mit seinesgleichen kommunizierte.
Vielleicht konnte sie sich in diesen Fluss einklinken und direkt zu dem Schwarm sprechen …
Nach kurzem Zögern zog sie die Hand zurück.
»Mach weiter«, ermutigte sie der Geist. »Jetzt hast du die Gelegenheit, mit etwas zu reden, das seit Milliarden Jahren lebt.«
»Es hat aber auch die Technologiehorte geschaffen. Diejenigen, welche die Weisen vernichteten und auch für uns noch eine tödliche Gefahr darstellen. Was ist … wenn ich es verärgere?«
»Das Leben, Dakota, besteht aus einer Reihe von Chancen, denen Risiken vorangehen. Nun bietet sich uns die Möglichkeit, herauszufinden, worauf der Schwarm letztendlich abzielt, was seine ultimative Bestimmung ist. Also fass dir ein Herz und probiere es einfach mal aus.«
Sie nickte und legte die Finger abermals auf die Hülle der Komponente, während sie dem Plappern des Schwarms lauschte. Plötzlich ergaben die unverständlichen Geräusche einen Sinn, und was sie erfuhr, war so schockierend, dass sie einen leisen Schrei von sich gab und ihre Hand zurückzuckte.
»Es versucht …«
»Das Universum neu zu formen, es zu überarbeiten«, beendete das Gespenst für sie den Satz. »Und es rechnet damit, dass es dieses Projekt erst in ein paar Milliarden Jahren beenden wird.«
»Das ist ja nicht zu fassen«, staunte sie. »Aber wie hilft uns das weiter?«
»Sieh dir das einmal an«, erwiderte der Geist und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf einen ganz bestimmten Datenstrang. »Hier … ein Weg, um den Nova-Krieg zu beenden.«
Abermals legte sie ihre Hand auf die Hülle der Komponente. Noch mehr Daten strömten hindurch und drohten ihren Verstand zu überschwemmen.
Der Geist grinste triumphierend. »Hast du es gesehen?«
Sie nickte. »Ja. Ich hab’s gesehen. Wir sind tatsächlich auf etwas gestoßen.«
Ein Name, herausgefischt aus den Tiefen der kollektiven Intelligenz des Schöpfers, und sogar noch ein bisschen mehr.
»Mos Hadroch.« Severn ließ den Begriff auf der Zunge zergehen.
Sie spazierten Seite an Seite durch eine Simulation der Straßen von Erkinning, auf Dakotas Heimatwelt Bellhaven. Der winterliche Wind fühlte sich so echt an, dass sie ihre Hände zu Fäusten geballt und tief in die Taschen ihrer mit Daunen gefütterten Jacke gestemmt hatte; der gepolsterte Kragen war bis zu den Ohren und über das Kinn gezogen. Von der Stadtmauer her drangen die Essensgerüche und der Klang von Stimmen bis zu ihnen herüber; dort hatten Grover-Flüchtlinge, eine günstige Gelegenheit nutzend, einen Markt eingerichtet.
Dakota hatte Chris Severn ermordet, während er sich in einer Klinik in Ascension erholte; sie hatte ihm das Herz aus dem Leib geschnitten und zugesehen, wie seine Lebenszeichen auf den Überwachungsmonitoren erloschen. Noch eine Ausgeburt ihrer Fantasie, die eine quasi reale Gestalt angenommen hatte – ob sie es nun wollte oder nicht –, in die Haut eines Menschen
geschlüpft, der gestorben war, weil er den Fehler begangen hatte, sie zu lieben.
»Was immer es ist, dem Schwarm bedeutet es sehr viel«, sinnierte Dakota. »Und für die Weisen muss es ebenfalls von großer Bedeutung gewesen sein, nur haben wir bis jetzt keine Ahnung, was es mit diesem Mos Hadroch auf sich hat.«
»Der Mos Hadroch ist eine Legende«, behauptete Josef und blieb vor einem Stand stehen, um für sie beide heißen Tee zu kaufen. »Jedenfalls etwas in der Art. Es gibt keine überlieferten Berichte, die seine Existenz beweisen. Vermutlich handelt es sich um eine Waffe, konstruiert von einer früheren Zivilisation in der Großen Magellanschen Wolke.«
Dakota schlürfte den bitteren schwarzen Tee und spürte, wie sich seine Wärme in ihrer Kehle ausbreitete. »Wenn der Schwarm so erpicht darauf ist, den Mos Hadroch zu finden, kann er gar kein Mythos sein. Wir müssen versuchen, noch mehr darüber herauszubekommen.«
Severn runzelte die Stirn. »Du solltest vorsichtig sein. Der Händler hat auf die harte Tour erfahren, dass der Schwarm tödlich sein kann.«
»Für Bedachtsamkeit ist es zu spät«, murmelte sie gereizt. »Wir müssen so viel wie möglich herausfinden.«
»Das ganze Wissen nützt dir auch nichts, wenn du bei der Beschaffung der Informationen draufgehst. Der Schwarm verhält sich, als befänden wir uns unterhalb seiner Wahrnehmungsschwelle,
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