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Lichtraum: Roman (German Edition)

Lichtraum: Roman (German Edition)

Titel: Lichtraum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Gibson
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innerhalb des Schwarms zu fungieren, während andere ausschließlich Reparaturen an anderen Komponenten ausführten, entweder indem sie Teile herstellten oder ältere Maschinen zerlegten, um neue zu konstruieren. Noch mehr Objekte schienen Scouts zu sein, die weit entfernt vom Hauptkörper agierten, vielleicht um Ressourcen zu lokalisieren. Dakota vermutete, dass die spezielle Komponente, die sie sich zu Studienzwecken
ausgesucht hatte, fast am Ende ihrer Nutzungsdauer angelangt war.
    Sie bog ihre Finger durch, spürte das halbvergessene Spiel der Muskeln und gewahrte, dass sie Gesellschaft hatte – sie war nicht mehr allein. Ein eiskalter Schauer überlief sie, als der Geist hinter dem blatternarbigen Objekt hervortrat und sie mit ruhigen, grauen Augen betrachtete.
    Natürlich war es kein richtiges Gespenst, nur ein Doppelgängers ihres toten Liebhabers, Josef Marados, der kraft ihrer eigenen Erinnerungen eine stoffliche Gestalt angenommen hatte. Vielleicht bediente sich ihr Unterbewusstsein, das immer stärker rebellierte, dieser Methode, um gegen das wachsende Gefühl von Einsamkeit anzukämpfen, das so weit entfernt von zu Hause in ihr aufkeimte.
    Zumindest war das die rationale Erklärung.
    »Das Ding ist lebendig«, kommentierte er lässig, als greife er den Faden einer Konversation auf. »Das weißt du, nicht wahr? Aber es scheint keine Ahnung zu haben, dass wir hier sind.«
    Plötzlich überkam Dakota eine lebhafte Erinnerung an Josefs blutigen Leichnam, der zusammengekrümmt auf dem Boden seines Büros in Mesa Verde gelegen hatte. An seinem Tod trug sie keine Schuld – nicht im eigentlichen Sinne; damals stand sie unter der mörderischen Kontrolle des Fäkalienhändlers, eines Agenten der Shoal. Er hatte fatale Schwachstellen in ihren Maschinenkopf-Implantaten dazu benutzt, sie in seine willenlose Marionette zu verwandeln. Das wusste sie, und dennoch vermochte sie die Schuldgefühle nicht abzuschütteln.
    Wenn ich mich so benehme, als sei das Gespenst real, dann kann das nur bedeuten, dass ich tatsächlich verrückt bin.
    Sie tat es trotzdem. Sie konnte gar nicht anders.
    »Ich … ich glaube, mit etwas Zeit und Mühe könnte ich versuchen, über dieses Objekt mit dem Rest des Schwarms Kontakt aufzunehmen.«
    Der Geist lachte und sah sie mit einem halben Lächeln an, welches verriet, dass er sie bis auf den Grund ihrer Seele durchschaute und sehr wohl über ihre Unsicherheit Bescheid wusste. »Zeit«, entgegnete er, »ist vielleicht das Einzige, was du nicht hast.«
    Er spielte natürlich auf den Roten Riesen an. Bis zu seinem Tod waren es nur noch Wochen, möglicherweise sogar wenige Tage. Eine neue und gänzlich natürliche Nova würde entstehen, wenn er den Großteil seiner Masse in einer einzigen kataklysmischen Explosion ins All schleuderte. Trotz der offenkundigen Gefahr blieben zig Milliarden der Schwarmkomponenten in der Nähe des Sterns, wie Glühwürmchen, die am Rand eines Waldbrandes tanzen.
    »Lass es lieber.«
    Verdutzt starrte Dakota den Geist an. »Was soll ich lieber lassen?«
    »Du wolltest gerade um Verzeihung bitten. Sag nicht, dass es dir leidtut, mich getötet zu haben.«
    »Ich hatte nicht die Absicht …«
    »Du hast mich gemacht, mich aus deinen Erinnerungen zusammengesponnen, und das heißt, dass ich jeden Gedanken in deinem Kopf kenne, noch bevor er auftaucht. Nanu«, fuhr er fort, sich mit auf die Knie gestützten Händen herunterbeugend, um die Hülle der Komponente zu inspizieren, »das ist ja hochinteressant …«
    Am liebsten hätte sie seinen Nacken berührt, um herauszufinden, ob seine Haut immer noch warm und weich war und nach dem Mann duftete, den sie gekannt hatte. Stattdessen ließ sie sich von ihrem Schiff stark vergrößerte Bilder vom Äußeren des Objektes geben. Die Hülle war gespickt mit Millionen extrem miniaturisierter Tach-Net-Transceiver, samt und sonders vollgestopft mit molekularen Schaltkreisen.
    Anscheinend besaß diese besondere Komponente eine relativ
simple Funktion; sie speicherte und analysierte Daten aus dem gesamten elektromagnetischen Spektrum und darüber hinaus noch exotischere Phänomene wie Schwerkraftfluktuationen und die superluminale Tachyonendrift. Falls der Schwarm von einer übergreifenden Intelligenz gesteuert wurde, wovon sie ausging, handelte es sich höchstwahrscheinlich um eine sich weiterentwickelnde Eigenschaft, die allein schon aus seiner hohen Komplexität resultierte.
    Dakota legte leicht die Finger einer Hand auf die

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