Lichtschwester - 8
jedenfalls für den Moment.
Ich zog das Kleid an, das mir eine der Damen gebracht hatte. Es war aus blauer Seide, passend zu meinen Augen. Mein Haar flocht ich mit silbernen Bändern zum langen Zopf, den ich mir über den Rücken warf. Silber blitzte auch am Mieder, den Ärmeln und der Knopfleiste meines Kleids. Es war, nach meltaanischen Maßstäben, ein sehr schlichtes Gewand; aber die Leute mußten beeindruckt und auf die Bedeutung des Kommenden eingestimmt werden.
Madawc trat mir in einem schwarzen, mit Silberfäden durchwirkten Gewand entgegen, das bei jeder seiner Bewegungen wie Eis in der Sonne glitzerte. Als wir so wartend dastanden, sprach er zu mir: »Ja, du bist Alatir.« »Hattest du daran gezweifelt?« »Ich dachte, du seist schon seit langem tot.« »Da hast du falsch gedacht!«
Er verbeugte sich leicht, lächelte dabei seltsam selbstironisch und erwiderte: »Ich denke, liebes Fräulein, daß du ein hübsches Phantom bist, gekommen, um mich heimzusuchen.« »Ich bin aus Fleisch und Blut und Magie.«
Magie schwoll im Fackelkreis. Magie strich mir über die Haut und zerrte, wie ein unverhoffter Wind, an meinem Haar. Ich rief meine Zauberkräfte, hütete mich aber noch, sie in einer bestimmten Form zu bündeln. Zuerst mußte ich diesen Mann, gegen den ich kämpfte, richtig einschätzen. Damals, in meinem Entsetzen, war er mir wie ein Riese mit unerschöpflichen magischen Kräften erschienen. Nun war er einfach ein Mann, und ich war kein Kind mehr.
Feuer lohte rings um mich auf, ein orangeroter Tod. Die Luft war erstickend, lastend und glühendheiß. Das Feuer erstarb, und ich stand gut beschützt hinter einem Schild. Madawc schleuderte mit den Händen Blitze nach mir. Aber sie prallten an meinem Schild ab und zerstoben in einem blendend hellen Feuerwerk. Ich schrumpfte hinter dem Schild und zauberte mich in eine andere Gestalt. Nun war ich klein und dünn. Eine winzige Viper, die dem Fackelschein entging. Ich spürte die Erde unter Madawcs Schritten erzittern. Er ging umher und fragte verwirrt: »Wo ist sie?«
Ich fühlte seine Magie über mich hinweggleiten - mich vergeblich suchend, denn als Schlange war ich für sie unfindbar. Madawc kam meinem schlaff auf dem Boden liegenden Seidenkleid nicht zu nahe.
Aber ich schlüpfte aus einem Ärmelloch und glitt vorsichtig, gut im Gras verborgen, auf ihn zu. Als so kleine Schlange konnte ich ihm den Stiefel nicht durchbeißen. Aber als er, mit dem Rücken zu mir, vorüberging, schwoll ich an und war jetzt eine ausgewachsene Schlange, so dick wie das Handgelenk irgendeines Mannes. Hier und da keuchte jemand in der Menge. Da drehte Madawc sich nervös um - und ich biß zu. Er schrie auf, als ich die Zähne in sein Fleisch schlug und mein Gift hineinspritzte, und schüttelte mich wie wild ab, so daß ich hart auf dem Boden aufschlug und für einen Moment wie betäubt war.
Ich begann, mich zurück zu verwandeln, sehr langsam. Und er schrie: »Holt einen Heiler, rasch!«
Da rief der Söldner, der jenen kleinen Jungen hergebracht hatte:
»Der Heiler darf erst nach dem Kampf tätig werden, Lord Madawc.
So ist die Regel.« »Aber sie hat mich vergiftet!«
Die Söldner, die er schikaniert und zu Hurenböcken gemacht hatte, reihten sich zu einer stählernen Mauer, und einer von ihnen rief:
»Du wirst den Kreis erst verlassen, wenn der Kampf zu Ende ist.
Nicht wahr, Hauptmann?«
Der Hauptmann, der mein Häscher war, hatte mit Madawc zwar keine Rechnung zu begleichen, aber auch keine Lust, sich mit all seinen Männern anzulegen, und leckte sich daher bedächtig die Lippen und nickte. »Der Heiler muß warten, Mylord«, sagte er dann schroff.
»Dafür werde ich euch alle auspeitschen … nein, hängen lassen !«
Das hätte er besser nicht gesagt. Die Söldner setzten ein hartes, kaltes Gesicht auf. Sie warteten, daß einer hier stürbe. Ich stand wieder als nackte junge Frau da. Nun mußte ich nur noch so lange am Leben bleiben, bis das Gift wirkte, und das konnte ja nicht mehr lange dauern.
Madawc drehte sich jäh zu mir um und knurrte: »Ich nehme dich mit mir ins Grab, du Schlange!«
Und er zauberte ein Seelentier aus Magie, Haß und Angst … einen riesigen Wolf, der im Dunkel der Nacht rot erglühte. Ich hatte bis dahin noch nie ein Seelentier geschaffen. Denn das erfordert viel Kraft, und wenn es getötet wird, stirbt mit ihm auch der Zauberer, der es hervorgebracht hat. Aber jetzt war die Zeit gekommen. Ich formte das meine aus Macht
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