Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
worden war. Der Schatz und König Elessens Armreif - die gab es gar nicht und hatte es nie gegeben. Es war alles nur eine Illusion; aber dieser Täuschung wegen hatte sie so viele Wochen frierend und hungernd in jener Höhle zugebracht ...
      »Wieder alles in Ordnung?« hörte sie Magni fragen.
    Sie erschauerte und schöpfte langsam Atem. »Ja«, flüsterte sie,
      »alles in Ordnung.«
      »Gut! Wie gesagt, wir haben uns bereits Sorgen um dich gemacht. Der Winter kündigte sich ja schon an, aber du warst noch immer nicht von den Trollen zurückgekehrt. Selbst unser Meister wurde unruhig. Wir befürchteten, daß die Trolle dich gefressen hätten.  
      Man weiß ja nie!« sagte er und lächelte etwas gezwungen. Sie starrte ihn mit leeren Augen an, unterdrückte ein Zittern. »Nun, lassen wir das«, fuhr er hastig fort. »Der Meister brennt darauf, deinen Bericht zu hören. Ich habe für uns Pferde im Dorf stehen und genug Geld für die Kleider hinterlassen, die man dir gab. Los, gehen wir.«
      Auf dem Weg bergab hob Edyth plötzlich die Hand. »Warte mal.  
      Nur eine Minute. Ich muß da etwas nachsehen.« Es war der höchste Baum in der Lichtung. Sie erkannte ihn sofort, jetzt bei Tageslicht, und sie spähte suchend in sein Geäst hoch. Ob der kleine Troll wohl entkommen war? War er so schlau gewesen, noch vor Tagesanbruch herabzusteigen, ehe die Sonne ihn da bannen konnte?  
      Was immer auch geschehen sein mochte: Nicht die geringste Spur kündete noch von ihm. Edyth seufzte, Nun, eine Trollmutter hatte sie ja nie sein wollen. »Was war da?« fragte Magni.
      »Oh, nichts. Es ist alles bestens. Gehen wir zurück.«
      Der Hexer Nemian starrte stirnrunzelnd auf das Amulett in seinen
knotigen, altersfleckigen Händen. Bloß eine unbedeutende Störung, sagte er sich schließlich. Der Zauber zur Gedächtnisbeeinflussung war wohl etwas dejustiert ... Kein großes Problem. Die junge Frau hatte sich doch ganz gut geschlagen. Sehr gut sogar.
  Schmunzelnd legte er den Talisman fürs erste wieder beiseite.
  Er war überaus zufrieden mit Edyths Untersuchung. Zwei Schreiber nahmen gerade ihren Bericht auf. Ihre Federkiele kratzten nur so übers Pergament, während sie ihr Leben bei den Trollen in allen Details schilderte. »Ausgezeichnet ...«, kommentierte der Meister entzückt jede ihrer Enthüllungen über die Ernährungs-, Paarungs- und Erziehungsgewohnheiten ihrer Beobachtungs-gruppe.
  »Das hast du gut gemacht, Mädchen! Wie immer, möchte ich
sagen.«
      Edyth nahm sein Lob mit einem müden Lächeln entgegen und
nippte am Würzwein, den ein frischgebackener Stift ihr gebracht
hatte. Sie beantwortete nun schon seit Stunden pausenlos Fragen
und war wie gerädert.
      Aber Nemian hatte ein Einsehen, entließ die Skribenten und legte
dann Edyth seine knochige Hand väterlich auf die Schulter. »Also,
mein Mädchen«, begann er, »mir ist klar, daß ... die unerwarteten
Komplikationen bei deiner jüngsten Feldstudie dich viel Kraft und
Energie gekostet haben, und ich weiß auch, daß du dich nach einer
langen Ruhepause sehnst und den Winter gern im warmen
Schreibsaal damit verbrächtest, deine Beobachtungen auszuwerten.  
      Aber du bist nun mal von all meinen Lehrlingen die beste Feld-forscherin. Kein anderer liefert mir so interessante Berichte und so hinreißende Details wie du.« Nun sah er ihr fest in die
Augen.
      »Aber«, fuhr er nach einer Zeit fort, »ich muß dich gleich wieder
losschicken und tue das auch bloß, weil es sich um einen wirklich
wichtigen Fall handelt. Ich erhielt soeben die Nachricht, daß man
diesen Herbst auf einem Eiland vor der Sturmküste doch wahrhaftig einen geflügelten Drachen gesichtet hat ... einen Vertreter einer Spezies, die seit einem halben Jahrhundert als ausgestorben galt! Ich weiß, wie aufregend diese Kunde für dich sein muß ...
      Aber wir müssen uns sputen. Diese Neuigkeit wird alle möglichen
Abenteurer anlocken, Schatzsucher, Gesindel der schlimmsten
Sorte.« Er hielt inne und grub Edyth die knochigen Finger in die
Schulter, daß sie zusammenzuckte. »Du siehst also, ich muß dich
umgehend wieder auf Expedition schicken, so leid es mir auch
tut.«
      »Aber Meister, bitte!« flehte Edyth. »Die Sturmküste! Und das im
Winter!«
      Nemian runzelte die Stirn. »Aber, aber, mein Mädchen! Du
weißt, daß ich dem Kollegium immer höchst lobend über deine
Fortschritte berichte. Bis jetzt. Und deine Gesellenprüfung? Du
weißt,

Weitere Kostenlose Bücher