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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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doch...
      Vier Tage nach ihrer glücklichen Rettung schritt Edyth hurtig zum Dorf hinaus. Zwei Männer, die eben einen Viehstall ausbesserten, sahen sie in den Wald hineingehen. Sie riefen ihr hinterher, aber sie antwortete nicht. Ah, endlich wieder der würzige Fichtenduft, der so erfrischend und belebend war, und wie herrlich, über dies Polster aus dürren, braunen Nadeln zu gehen ... Auf einer Lichtung, die ihr vertraut vorkam, blieb sie stehen und sah dann lange den baumbestandenen Abhang hoch. Der Berg. Die Höhle.
      Sie fühlte sich hin und her gerissen zwischen Wunsch und Furcht. Nein, sie wollte da nicht wieder hin. Nein, nein! Die Kälte, das stinkende Aas, der ständige entsetzliche Hunger. Die viehischen Trolle waren keine angenehme Gesellschaft. Sie wollte ein Mensch sein ...
      Aber der Schatz lockte. Der Armreif. Macht, Reichtum, eine große Belohnung.
      Nein. Da gab es kein Gold, keine Edelsteine, das wußte sie doch.  
      Der Schatz.
      Nein! Nur eine Gürtelschnalle, ein verrostetes Messer. Der Armreif.  
      Ihr Finderlohn!
      Sie wollte nicht wieder in die düstere Grotte. O bitte, Meister, ich will nicht zurück! »He du! Trollfrau!«
      Edyth schrak auf, fuhr herum. Zwei Dörfler standen ihr gegenüber.  
      Sie kannte die beiden schon beim Namen - Wilm, der Dorfvorsteher, und Hanno, der Mann, dem die Trolle seine besten Ochsen entführt hatten. Die zwei waren mit Spießen bewaffnet.
      »Wohin des Wegs, Trollin? Wieder zur Höhle, nicht? Zurück zu den Männchen, nicht wahr?« »Nein, nein. Bestimmt nicht.«
      »Ich wette, sie wollte sich den Schatz holen«, knurrte Wilm. »Da ist bloß kein Schatz! Hab ich euch das nicht schon tausendmal gesagt? 
      Das ist doch nur ein Märchen.«
      »Vielleicht«, murmelte Wilm. »Vielleicht auch nicht. Da sehen wir am besten selbst einmal nach. Und du zeigst uns den Weg, ja?«
      »Nein!« fuhr Edyth auf.
      »Halt's Maul! Sollten wir nichts finden, sehen wir ja wenigstens, wo sich die gottverdammten Trolle verstecken. Und dann rotten wir sie mit Feuer und Schwert aus. Also los jetzt, Bewegung!« zischte Hanno und hob drohend seinen Spieß. Edyth sah stumm zum Berggipfel empor. In ihrem Kopf war alles in Aufruhr, drehten sich die Bilder: erschlagene oder bei lebendigem Leib verbrannte Trolle.  
      Ein Schatz, ein riesiger Haufen Gold und Edelsteine, auf dem obenauf der sagenhafte Armreif König Elessens funkelte. Ein Häufchen halb verrotteter Lumpen und ein Jungtroll, der um seine tote Mutter wehklagte und weinte ... »Nein«, widersprach sie mit letzter Kraft. »He, ihr da!«
      Da drehten alle drei sich um und sahen einen Mann heraufgerannt kommen. »Edyth, bist du's?« rief er, schon ganz außer Atem. Die Dörfler senkten beruhigt ihre Spieße. Und Edyth sah, daß der Fremde jung und gut gekleidet war und ein Schwert am Gurt trug. 
      Er kam ihr irgendwie bekannt vor ...
      »Edyth?« fragte der Neuankömmling erleichtert und wandte sich an diese verdrießlich dreinschauenden Dörfler. »Sie hat also wieder auszureißen versucht? Danke, daß ihr sie zurückgeholt habt!«
      Mürrisches Schweigen war die Antwort - nach einer Weile brummte Wilm: »Dein Weib? Ich rate dir, sperre sie das nächste Mal lieber gut ein. Wenn du nicht willst«, schloß er gehässig, »daß sie dir noch Welpen wirft, so Halbtrolle.«
      Der Fremde sah ihnen stirnrunzelnd nach, als sie den Weg zum Dorf hinabstiegen, und sagte: »Ich kann diese Rüpel von Hinterwäldlern nicht ausstehen!« Nach einem forschenden Blick auf Edyth fügte er in besorgtem Ton hinzu: »Du siehst wirklich sehr mitgenommen aus!  Schau, ich hab in meilenweitem Umkreis in jedem elenden Dorf nach dir gefragt. Du hättest vor gut zehn Tagen zurück sein sollen ... eigentlich schon früher. Wo warst du? Was ist schiefgelaufen?«
      Edyth suchte krampfhaft, sein Gesicht im Nebel ihrer Erinnerungen wiederzufinden. Magni? Mein Mann? »Magni?« fragte sie zögernd.
      »Genau, das bin ich. Hier, warte mal«, erwiderte er, öffnete ihr Hemd, faßte ihr Amulett und riß es ab, noch ehe sie protestieren konnte. »Da!«
      Kalte Klarheit überkam sie, ihre Verwirrtheit schwand, und die Nebel, die ihr Gedächtnis bedeckt hatten, waren wie weggeblasen, jetzt erinnerte sie sich an alles. Ja, Magni - aber er war nicht ihr Mann, war ein Lehrling wie sie. Und Nemian, ihr Meister, das dreimal verfluchte Amulett ... Der Grund, warum sie zu den Trollen geschickt

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