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Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War

Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War

Titel: Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Gibson
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Händen und Füßen einen relativ sicheren Halt verschaffen.
    Sie beugte sich nach vorn, peilte angestrengt nach unten und fasste die bebaute Galerie noch einmal kritisch ins Auge. Einerseits kam sie ihr so nah vor, und doch war sie unglaublich weit entfernt. Selbst wenn es ihr kräftemäßig gelingen konnte, diese rund dreißig Meter hinunterzuklettern, ohne abzustürzen, so wusste sie nicht, ob sie den Mut dazu aufbrächte.
    Abermals streckte sie eine Hand aus und tastete prüfend die Fassade ab. Sie machte einen soliden Eindruck.
     
    Lange vor der Morgendämmerung wachte Dakota auf.
    Sie hatte sich in der Nähe der Tür auf den Boden gelegt, die Arme um die angewinkelten Knie geschlungen, und auf die beleuchteten Türme gestarrt, zwischen denen manchmal kleine,
unstarre Luftschiffe zielsicher hin und her flogen. Ihre Emotionen schwankten zwischen nervöser Anspannung und dem Gefühl von totaler Einsamkeit, während sie sich in ihrer Fantasie vage Fluchtpläne ausmalte, die immer wieder von Anwandlungen tiefster Niedergeschlagenheit abgelöst wurden.
    Während sie ihren mit schwarzen, flusigen Haarstoppeln bedeckten Schädel massierte, versuchte sie, einen Sinn in die unvermutet aufblitzenden Erinnerungsfetzen zu bringen, die sich gelegentlich in ihr Gedächtnis einschlichen.
    Sie hatte schon früher Bandati gesehen, für gewöhnlich allerdings aus ziemlicher Entfernung. Ein Bauchgefühl sagte ihr, dass sie schon mindestens ein paar Wochen an diesem Ort weilte, vielleicht sogar einen ganzen Monat lang, wenn sie berücksichtigte, wie ihre Haare nachgewachsen waren. Wie und warum es sie hierher verschlagen hatte, entzog sich weiterhin beharrlich ihrem Zugriff. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie die meiste Zeit nicht besinnungslos gewesen war.
    Seit sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte, nagte ein zunehmend stärker werdender Hunger in ihren Eingeweiden, und sie musste gegen die Vorstellung ankämpfen, dass man sie hierher verfrachtet hatte, um sie absichtlich verhungern zu lassen.
    Jedes Mal, wenn es schien, dass ein Bandati, der von einer Turmgalerie zur nächsten schwebte, in Hörweite kam, versuchte sie, sich durch Schreien bemerkbar zu machen, bis ihre Kehle schmerzte. Doch all diese Anstrengungen führten zu nichts. Und als die Nacht allmählich zu Ende ging und die Morgendämmerung sich bereits erahnen ließ, obsiegte die Verzweiflung über ihre ohnehin schon labile Gemütsverfassung, und sie versank in eine Depression, die schwärzer war als die Schatten, die ihre Zelle füllten.
     
    Als sie das nächste Mal wach wurde, fühlte sie sich noch elender als zuvor. Sie hatte Durst, und der Hunger quälte sie immer
mehr. Eine Migräne verhinderte, dass sie durchschlafen konnte, nachdem sie endlich doch eingedöst war; ihr Kopf fühlte sich an, als tanze eine Armee von winzigen Teufeln mit weißglühenden Stiefeln in ihrem Kopf herum. Sie blinzelte gegen das gleißende Sonnenlicht, das durch die Türöffnung in ihre Zelle prallte. Der Hunger war eine Sache, aber sie wusste, dass sie sterben würde, wenn sie nicht bald etwas Wasser zu trinken bekäme. Sie drehte sich um und inspizierte den hinteren Teil der Kammer, in den die Helligkeit nun hineinreichte, und dabei entdeckte sie etwas, das ihr im Dunkel der Nacht entgangen war: ein kurzes Rohr, das aus der Wand herausragte.
    Einen Moment lang zögerte sie, weil schon wieder ein Déjà-vu-Erlebnis auf sie eindrängte, dann kroch sie auf allen vieren zu der Stelle hin und fand einen kurzen, aus einzelnen Ringsegmenten bestehenden Stutzen vor, der ungefähr einen halben Meter über dem Fußboden angebracht war. Und weil er dieselbe Farbe hatte wie der Rest der Zelle, war er so schwer auszumachen gewesen. Als sie auf die Mündung des Stutzens drückte, tröpfelte eine klare, geleeartige Substanz heraus.
    Sie rieb die ölige Substanz zwischen den Fingern und schnupperte daran; die Masse roch nach nichts.
    Das Gefühl eines Déjà-vu blieb bestehen, nur dass es auf einmal von der Furcht vor einer unmittelbar drohenden Gefahr begleitet wurde. Trotzdem leckte sie mit der Zunge an dieser hellen Substanz.
    Sie hatte den köstlichsten Geschmack, den man sich überhaupt nur vorstellen konnte.
    Ihr Hunger meldete sich mit aller Macht zurück. Sie drückte die Handflächen gegen die Wand zu beiden Seiten des Stutzens, zog ihn mit der Zunge in ihren Mund hinein und fing kräftig an zu saugen.
    Die Masse schmeckte nach goldenen Heufeldern. Sie schmeckte nach würzigem Bier,

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