Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War
er selbst vollkommen im Dunkeln tappte.
»Nein, Erinnerung«, versetzte Seufzender Wind resigniert. »Es wird Zeit für Ihre Audienz. Kommen Sie bitte mit mir.«
»Selbstverständlich.« Er folgte dem Physikus durch die Yacht, bis sie vor dem Königlichen Gemach anlangten. Das gesamte Dekor war ausgesprochen konservativ; gekrümmte, goldgelbe Wände, getüpfelt mit industriell gezüchteten Amethysten und Smaragden, die unter im Schein der farbigen, dicht unter der Decke schwebenden Glühkugeln funkelten und glänzten.
Eine Sicherheitsdrohne glitt aus ihrer Nische und richtete Aufzeichnungsinstrumente
und Waffen auf Erinnerung, während sie gleichzeitig eine taktvolle Distanz einhielt. Nachdem er gecheckt worden war, betrat er ein Vorzimmer, das von einem einzigen Bandati der Kriegerkaste bewacht wurde. An und in seinen Flügeln klemmten und steckten Rangabzeichen, und seine auf künstlichem Wege verstärkten Muskeln wölbten sich so stark hervor, dass es beinahe grotesk wirkte.
Der Krieger erschnüffelte Erinnerungs Identifikationsnachweise, dann forderte er ihn auf, das Gemach der Königin allein zu betreten.
Zwangsläufig nahm das Königliche Gemach den größten Raum innerhalb der Yacht ein. Die Königin der Schummrigen Himmel vor der Abenddämmerung türmte sich hoch über Erinnerung an Vergangene Dinge auf, wobei der größte Teil ihres Körperumfangs in einer hängemattenartigen Konstruktion aus Drähten und Stoff ruhte, um das Gewicht des gigantischen Leibes zu tragen.
Kleinwüchsige Diener – deren Riechorgane chirurgisch blockiert worden waren, um eine Reizüberflutung mit den kostbaren Ölen, die ständig aus den Drüsen der Königin sickerten, zu verhindern – standen auf Rollleitern, die wiederum von anderen Bediensteten geschoben wurden. Noch mehr Helfer transportierten Abfälle in Karren weg, während andere sich um die Pflege der Königin kümmerten. Sie entfernten Schuppen aus abgestorbener Haut von ihren verkümmerten Flügeln oder fingen das wertvolle Duftöl auf, das aus ihren Poren rann, um es dann in verzierten Zeremonialkelchen wegzutragen, von denen jeder einzelne gut und gern tausend Jahre alt sein konnte.
Die Augen der Königin glitzerten, als sie sich Erinnerung an Vergangene Dinge zuwandte und ihn betrachtete. Wie immer, durchrieselte ihn ein Schauer von Lust, wie er ihn seit seiner letzten Audienz mit ihr, die schon sehr lange zurücklag, nicht mehr erlebt hatte.
Eine Plattform auf Rädern wurde mitten in die Kammer gerollt, bis sie direkt vor der Königin stand; gleich darauf flitzten all ihre verschiedenen Diener davon, huschten durch Türen oder Luken, und ließen sie mit Erinnerung allein. Der trat vor und packte die erste Sprosse einer Leiter, die auf die Spitze der Plattform führte, und begann sich hochzuziehen, trotz seiner Verletzungen, die ihn auf einmal nicht mehr zu behindern schienen. Bald stand er der abnorm dicken Königin von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
»Mein schöner Ritter«, zwitscherte sie. Ihr Atem klang wie ein tiefes, nachhallendes Keuchen, nachdem er sich durch diese enorme Körpermasse hindurchgekämpft hatte. »Wie lange ist es her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?«
»Viel zu lange, Mylady«, erwiderte er galant, kaum fähig, die Worte hervorzuwürgen, weil ihr aufreizender Duft ihn berauschte. »Mir scheint, Seufzender Wind war ein bisschen verprellt, weil ihm die Teilnahme an dieser Audienz versagt wurde.«
»Seufzender Wind wird die Einzelheiten unserer Unterhaltung schon sehr bald erfahren, aber vorläufig muss alles, was zwischen uns beiden besprochen wird, unter uns bleiben. Ich habe Sie aufmerksam beobachtet, Erinnerung. Es gibt visuelle Fernscans, die Ihre Flucht von den Hängen des Mount Umami zeigen. Diese Bilder, die aus einem Sicherheitsnetzwerk vom Immerwährenden Licht kopiert wurden, werden auf dem Schwarzmarkt eifrig gehandelt, und viele hochrangige Mitglieder unseres Hives betrachten Sie als Held.«
Nichtsdestotrotz, sagte sich Erinnerung, würde eine derart offene Konfrontation nur zu einem neuen Aufflackern des uralten Konflikts zwischen den beiden Hives führen. Über das, was die nahe Zukunft brächte, machte er sich gar keine Illusionen.
Ärgerlich klapperte er mit den Mundgliedmaßen. »Das bereitet mir große Sorgen, meine Königin, denn meine Mission unterlag notgedrungen der striktesten Geheimhaltung. Wenn Berichte
über meine Aktivitäten an die Öffentlichkeit gedrungen sind, muss ich als Agent wohl
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