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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weiß.« Rossoskij winkte ab. »Lesen Sie in Ruhe die Notizen und Meldungen durch, und dann unterhalten wir uns weiter.«
    Es wurde still im Zimmer. Tumow studierte die Aktennotizen, die Abschriften der Tonbänder, auf die man die Telefonate Jelenas mitgeschnitten hatte, zuletzt las er das Telegramm und seufzte danach laut auf. Rossoskij wußte in diesem Moment, was Tumow dachte.
    »Das Telegramm ist falsch«, sagte Tumow sicher.
    »Den Verdacht hatte ich auch. Deshalb habe ich Sie gerufen. Seit sechs Tagen ist Jelena Antonowna verschwunden, und mit ihr der Deutsche. Dann kommt ein Telegramm aus Wolgograd. Aber in Wolgograd sind sie nicht. Die Wahrheit ist ein Rätsel –«
    »Oder sie ist so simpel wie ein Schluck Wasser. Jelena Antonowna ist verliebt. Irgendwo in der Steppe liegen sie herum und lieben sich, stehlen sich jeden Tag. Mein erster Eindruck, Genosse, als ich Jelena damals sprach –«
    »Ich weiß, Major.« Rossoskij zerdrückte seine Papyrossa. Er zerstampfte sie in dem großen gläsernen Aschenbecher. »Aber sehen Sie darin einen Sinn? Jelena Antonowna ist ein kluges Mädchen, keine Traumtänzerin. Sie denkt real, nüchtern, eiskalt manchmal. So wurde sie erzogen. Eine typische Intellektuelle.«
    »Aber mit dem Körper einer Venus. Und den hat sie bei Bodmar entdeckt.«
    »Nehmen wir an, es war so. Was hindert die beiden daran, sich im Hotel ›Intourist‹ von Wolgograd zu lieben? Von mir aus auch im Zelt am Ufer der Wolga, wenn das romantischer ist. Aber dieses Verschwinden in der Steppe, dieses Verstecken … wozu, Genosse? Es führt zu nichts. Und dann das Telegramm –«
    Tumow nahm das Formular noch einmal auf und las es zum zweitenmal. »Jelena Antonowna würde niemals diese Meldungen durch die Post schicken«, sagte er. »Es ist völlig unüblich. Es ist – vom Standpunkt der Dienststelle aus – die Nachricht einer Geistesverwirrten.«
    »Mit anderen Worten, Major: Das Telegramm hat jemand anderes geschickt.«
    »Natürlich.«
    »Und deshalb sollen Sie nach Wolgograd fliegen. Suchen Sie Jelena, und suchen Sie den Absender dieser obskuren Meldung. Alle Behörden in Wolgograd sind bereits informiert und stehen Ihnen zur Verfügung.«
    Major Tumow erhob sich. Er wußte, das war Rossoskijs Schlußwort. Und doch zögerte er. Rossoskij sah ihn fragend an.
    »Noch Unklarheiten, Genosse Major?«
    »Es wäre vielleicht nützlich, darüber informiert zu sein, warum Jelena Antonowna und der deutsche Journalist so weitgehende Freiheiten erhalten haben.«
    Rossoskij räusperte sich. Kein Dummkopf, dieser Tumow, dachte er.
    »Eberhard Bodmar ist ein Tauschobjekt«, sagte er. »Wir mästen ihn wie ein Schweinchen, um ihn zu gegebener Zeit an den Haken zu hängen. Man hat vor zehn Monaten in der Bundesrepublik drei unserer Leute zu langen Zuchthausstrafen verurteilt. Eine unangenehme Schlappe. Virkulaw ist darunter, einer unserer besten Dechiffrierer. Und Dr. Pelzner. Ein Spitzenagent. Es war ein guter Gedanke der Zentrale, einen Journalisten aus Westdeutschland einreisen zu lassen, ihm alle Freiheiten zu geben, nur um später seine Filme beschlagnahmen zu können und ihm einen Prozeß wegen Spionage zu machen. Wir haben damit ein Tauschobjekt in der Hand … Bodmar gegen Pelzner. Ein glattes Geschäft, das im Nebel abgewickelt wird. Das ist alles.«
    »Und Jelena Antonowna kannte diesen Plan?«
    »Nicht direkt.« Rossoskij wich aus. Er dachte an das letzte Telefongespräch mit ihr aus Perjekopsskaja und fühlte sich im geheimen mitschuldig. »Wir deuteten es an.«
    »Und sie verriet es ihm.«
    »Nie!« Rossoskij legte die Hand über die Mappe Dobronina, als müßte er Jelena vor den Angriffen Tumows in Schutz nehmen. »Alles, nur das nicht. Jelena Antonowna ist eine gute Kommunistin. Ihr Vater starb in deutscher Kriegsgefangenschaft. Zugegeben – sie mag mit dem Deutschen ein Verhältnis haben, sie kann verrückt sein nach Liebe … es wird immer nur ihr Körper sein, ein rein biologischer Akt, die Befriedigung einer Brunst … in der Seele bleibt sie Russin. Ihre größte Liebe ist die Heimat. Ein Verrat Jelenas ist völlig ausgeschlossen.«
    Major Tumow schwieg. Es hatte keinen Sinn, Rossoskij zu erklären, was bei Frauen alles möglich war. Ein Weib ist wie eine Welle … sie umspült sanft das Ufer, aber sie zerschlägt auch das Boot … sagen die Fischer am Kaspischen Meer.
    Es gibt da keine Ausnahmen, auch nicht, wenn sie Jelena Antonowna heißen und aussehen wie eine byzantinische Madonna.
    Am Abend

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