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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bodmar riß ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und putzte ihr das Gesicht ab. Der dicke Talinkow kletterte aus seinem Wolga. Er schnaufte wie ein Walroß, als habe er die gröbste Arbeit geleistet.
    »Keine Zeit verlieren!« rief er. »Genosse, Sie setzen sich in den Wagen und lenken. Die Genossin kann zu mir –«
    »Ich bleibe bei Fjodor Pawlowitsch.« Jelena öffnete die Tür des Moskwitsch und setzte sich. Talinkow versuchte keine weiteren Überredungen und fügte sich. Auf der Datscha würde alles anders sein, bei Wodka und Potschki, das sind zarte Kalbsnieren in einer Soße aus saurer Sahne. Ein langer Abend lag noch vor ihm und so viel Hoffnung auf ein Erlebnis, daß Talinkow friedlich war wie ein Marienkäfer.
    »Gut denn!« rief er und stieg wieder in seinen Wagen. Er hob die Hand und tippte bei getretener Kupplung auf das Gaspedal, was einen wilden Heulton abgab. »Aufpassen! Wenn das Seil reißt, wird es problematisch.«
    Das Seil riß nicht. Vorsichtig fuhr Talinkow in den Feldweg ein, Bodmar blieb genau hinter ihm, und so erreichten sie nach einer guten halben Stunde den freien Platz im Wald, auf dem die Datscha stand.
    Stolz hielt Talinkow an und lachte aus dem heruntergekurbelten Fenster. »Wie gefällt sie Ihnen?«
    Bodmar und Jelena Antonowna betrachteten erstaunt den hölzernen Prachtbau in dieser Einsamkeit. Die Gesimse waren geschnitzt, Gemälde mit Jagdmotiven zierten die Wände, in den Fenstern einer weißen Glasveranda spiegelte sich die Sonne. Auf der Bank neben der Eingangstür lag ein Mann und schnarchte.
    »Das ist Grischa«, erklärte Talinkow. »Mein Verwalter. Ein guter Mensch, nur er säuft. Aber wenn er wach ist, läuft er wie eine gut geölte Maschine. Jeder Mensch ist anders.«
    Er stieg aus seinem Wolga, griff nach hinten und holte eine dicke, geflochtene Hundepeitsche vom Sitz. »Wach auf, du Nichtsnutz!« schrie er und hieb dem Schlafenden kräftig über die Brust und die Beine. »Schläft am hellen Tag, dieses Miststück!«
    Grischa, der Hausverwalter, zuckte hoch und stob von der Bank. Es ist erstaunlich, wie schnell ein Mensch hellwach ist, wenn man ihn mit einer Peitsche bearbeitet. »Herrchen!« schrie Grischa. »Hören Sie auf. Nur eingenickt bin ich. Eine Minute nur. Es ist alles sauber, Herrchen … die Zimmer sind geputzt, die Fenster, die Böden, sogar die Decken … in der Küche wartet Lisanka, eine ganz besonders würzige Okraschka hat sie gekocht … erfrischen wird sie die Herrschaften … o hören Sie auf mit Schlagen, Herrchen … es ist ein so warmer Tag –«
    Talinkow jagte Grischa mit der Peitsche um die Hausecke und kam dann breit lachend zurück. Man sah, daß er zu Hause war und sich sehr wohl fühlte.
    »Willkommen«, sagte er und riß vor Jelena die Autotür auf. »Achten Sie nicht auf Grischas Geschrei. Er ist ein einfältiger Mensch.«
    »Behandeln Sie alle Angestellten so?« Jelena stieg aus dem Wagen. Talinkow betrachtete dabei ihre Schenkel und bekam wäßrige Augen.
    »Grischa war ein Kulak, ein armseliges Bündel Mensch, der Ärmste in seinem Dorf. Jede Wanze lebte besser als er. Mit Lisanka, seinem Weib, hauste er in einem Stall, in dem die Flöhe lauter schmatzten als er. Seit er bei mir ist, ist er ein Mensch. Er hat Kleidung, rasiert sich, frißt sich den Bauch voll und zeugte drei Kinder. Wenn das kein Beweis von Wohlergehen ist! Die Peitsche braucht er wie der Ochs den Ziemer. Er wäre erstaunt und fühlte sich ausgestoßen, wenn er keine Hiebe bekäme.«
    »Und das nennen Sie Kommunismus?« fragte Jelena scharf. »Haben wir die Oktoberrevolution gemacht, damit auf dem Land die Menschenwürde immer noch getreten wird?«
    Talinkow sah etwas dümmlich von Bodmar zu Jelena und zurück. »Ein sehr kluges Weibchen, was?« sagte er fett. »Man merkt, daß sie aus Moskau kommt. Vergessen wir Grischa, liebe Freunde. Kommt ins Haus …«
    Die Datscha erwies sich als ein weiträumiger Holzbau im Stil der vornehmen Landsitze um die Jahrhundertwende. Die Einrichtung war gepflegt und wertvoll, ein wenig überladen fast mit wuchtigen Schränken, plüschbezogenen Sesseln und dicken Teppichen. Große Gemälde hingen an den weißgetünchten Wänden. Porträts ernst dreinblickender Damen und Herren und drei gewaltige Schlachtszenen, die den Untergang Napoleons I. vor Moskau darstellten. Bodmar blickte sich verblüfft um. Hier war die Zeit stehengeblieben. Das alte Rußland wehte ihm entgegen. Der Reichtum der Großgrundbesitzer und Handelsherren. Die Erben

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