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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wie heute war sie noch nicht geküßt worden; sie konnte sich an keinen ähnlichen Kuß erinnern. Das will in einem Alter von fünfundzwanzig Jahren schon etwas heißen. »Wer sind Sie überhaupt? Ist die Straße nicht breit genug? Kann man nicht links und rechts vorbeifahren? Was haben Sie ausgerechnet in der Mitte zu suchen?«
    »Reizen Sie mich nicht!« brüllte Talinkow, hochrot im Gesicht. »Treiben Sie es nicht zu weit, Genossin! Die Straße ist für den Autoverkehr gebaut, nicht für den Geschlechtsverkehr!«
    »Ich glaube, es ist nötig, ihn zu verprügeln«, mischte sich Bodmar ein. Er zog seine Jacke aus und warf sie einfach auf die Straße. »Jelena, Sie sind mein Zeuge, daß diese Schläge berechtigt sind.«
    »Halt!« Talinkow hob beide Hände. Er wich zurück und begann zu zittern, was bei ihm wirkte, als werde ein riesiger Pudding geschüttelt. »Mein Freund ist der Distriktskommissar von Tula! Ich lasse Sie verhaften. Sie werden aus dem Gefängnis nicht wieder herauskommen, wenn Sie mich anrühren! Bleiben Sie stehen, Sie Wahnsinniger! Genossin, halten Sie ihn zurück, wenn er Ihnen lieb und wert ist –«
    Sie standen voreinander, und Jelena wartete darauf, daß Bodmar den Dicken zu Boden schlug. Es wäre einfach gewesen, denn Talinkows Kräfte beschränkten sich nur auf sein großes Maul. Im Grunde war er ein Feigling. Nur die Macht, die ihm seine Stellung und seine einflußreichen Freunde verschafften, gestattete ihm, den Unbesiegbaren zu spielen.
    »Entschuldigen Sie sich sofort«, sagte Bodmar scharf und schüttelte seine Fäuste drohend vor den schrägen Augen Talinkows.
    »Wofür?«
    »Für Ihre schweinischen Worte. Sie haben meine Braut beleidigt.«
    »Sie haben die öffentliche Ordnung beleidigt, Genosse!« Talinkow versuchte einen guten Abgang. Er ging rückwärts zu seinem Wolga und wünschte sich, ungeschoren wegzukommen. »Ich hätte ins Schleudern geraten können, gegen einen Baum prallen, das Auto wäre in hundert Teile zerfallen, eine verbrecherische Vernichtung wertvollen Volksvermögens, sehen Sie das nicht ein? Wer küßt sich denn mitten auf der Straße –?«
    »Es kommt nichts dabei heraus, mit Ihnen zu diskutieren.« Bodmar blickte sich nach Jelena um. Sie stand noch auf dem selben Fleck, wo sie geküßt worden war, und sah in den Himmel. Es war ein schönes Bild. In ihrem glücklichen Gesicht spiegelte sich die Sonne. »Wenn ich Sie nicht auf den Kopf schlage, so nur deshalb, weil Sie uns helfen können. Unser Wagen ist defekt. Die Zündung, Genosse. Wir suchen jemanden, der uns abschleppt zur nächsten Werkstatt.«
    Talinkow atmete sichtlich auf. Dieser große, sportliche Mensch war kein Gegner für ihn, das erkannte er sofort. Aber zugleich blitzte in ihm eine Rache auf, die ihn beflügelte. Ein Gedanke war's, der zu Talinkow paßte. Ein Plan von niederträchtiger Gemeinheit.
    Man glaube nämlich nicht, Anton Antonowitsch habe auch sein Gehirn verfettet. Das war nicht der Fall. Sein Hirn arbeitete schnell und logisch und besaß die Eigenschaft, nur in Gemeinheiten zu denken. Es gibt solche Menschen … sie sind die Teufelchen auf dieser Erde.
    »Eine Werkstatt, Genosse?« Talinkow putzte sich die Augen aus, in denen sich Schweiß gesammelt hatte wie in einem Tümpel. »Das ist ein ehrliches Problem. In Malachowo gibt es einen Monteur, aber hoffen Sie nicht auf ihn, Genosse. Ein Idiot ist er, ein Nichtskönner, ein Versager. Er würde Ihnen die Zündung reparieren und den Motor dabei zerstören. Wie ein Arzt ist er, der bei einem Armbruch das Bein eingipst, haha!« Talinkow hielt das für einen guten Witz und lachte brüllend. Er war berühmt für seine schrecklichen Witze und legte Wert darauf, daß alle darüber lachten. Es gehörte zu den Freuden seines Lebens, sich für geistvoll zu halten.
    Aber Bodmar lachte nicht. Ein geistloser Mensch, stellte Talinkow fest. Humorlos. Ein echter Krautfresser. Was mag er sein? Ein Beamter vielleicht? Oder ein Händler, dem vor Hunger immer die Hose zu weit ist? Auf jeden Fall kein Kopfarbeiter. Intellektuelle haben ein inniges Verhältnis zum Humor.
    »Das habe ich mir gleich gedacht«, sagte Bodmar. »Wir müssen nach Tula.«
    »Dahin fahre ich aber nicht, Genosse.«
    »Es wäre Menschenpflicht, zu helfen.«
    »Wem sagen Sie das?« Talinkows Plan reifte heran – er freute sich innerlich wie ein Weibchen vor dem Zubettgehen. »Ich würde sofort Ihren Wagen nach Tula schleppen, wenn ich nicht andere Verpflichtungen hätte. Ich gebe eine

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