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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hilf mir!« Mit der Stirn lag Njuscha auf den Stufen des Altars, ein zitterndes Bündelchen Mensch, geschüttelt von Angst und zerrissen von ihrer übermächtigen Liebe.
    »Wie kann man da helfen?« Ifan sprang auf und rannte vor der Ikonastase hin und her, die Hände um den Bart gelegt und mit verdunkelten Augen. »Ich könnte mit Granja sprechen. Ja, das könnte ich. Aber er ist ein Gottloser, der Schuft. Er kommt nie in die Kirche. Vor fünfzehn Jahren war er dabei, als die Komsomolzen von Kalatsch an die Kirchentür pinkelten. Und er sang Spottverse und nannte die Mutter Gottes eine Hure. So einer ist er! Aber ich werde mit ihm sprechen, dir zuliebe, Njuscha.« Ifan blieb stehen und wackelte mit den Ohren. »Aber es kann sein, daß er mich hinauswirft. Es wäre das erstemal, daß ein Priester die Sowchose ›2. Februar‹ betritt …«
    »Ich danke dir, Väterchen.« Njuscha richtete sich auf. Als sie das Haar aus dem Gesicht schleuderte, sah Ifan, daß sie nicht weinte oder in tiefer Andacht versunken war, sondern daß ihre Augen kampfeslustig leuchteten und eine gefährliche Kraft ausstrahlten.
    »Was hast du vor, Töchterchen?« fragte Ifan voll dunkler Ahnungen. »Hast du die Heiligen mit sündigen Bitten mißbraucht, he?« Er faßte sie an die Schultern und schüttelte sie. »Worum hast du sie gebeten, sag es sofort!«
    »Ich werde Sascha und mich vor Granja schützen mit allem, was ich habe«, sagte Njuscha mit einer Gebärde wilder Entschlossenheit. »Mit Axt und Feuer, mit Stangen und Latten, und wenn's sein muß, mit meinem Pferd. Ich reite ihn zusammen, Väterchen, ich zermalme ihm mit den Hufen den Schädel, ich stampfe ihn in den Boden. Ich habe die Heiligen angefleht, daß es mir gelingt –«
    »O Mutter Gottes!« schrie Ifan Matwejewitsch. »Welche Wünsche! Ich bin gespannt, ob man sie dir erfüllt –«
    Er küßte Njuscha auf die Stirn, schob sie aus der Kirche, riegelte die Tür ab und rannte hinter den Altar, wo in einem Kasten eine Flasche Wodka lag. Nachdem er drei lange Züge getan hatte, war ihm wohler, er besann sich darauf, Priester zu sein, kehrte zu den goldenen Ikonen zurück und bekreuzigte sich ehrfurchtsvoll.
    »Es sind besondere Menschen«, sagte er zu seinen stummen Heiligen. »Ihr kennt sie ja. Drückt ein Auge zu und segnet sie trotzdem …«

A CHTES K APITEL
    Am Nachmittag ritten Bodmar und Njuscha allein in die Steppe.
Sie wählten dazu einen günstigen Augenblick: Jelena war mit dem alten Kolzow ins Parteihaus gegangen, um sich die geplante Modernisierung Perjekopsskajas erklären zu lassen. Kolzow hatte die Idee, eine Kanalisation zu bauen, allen Häusern fließendes Wasser zu geben, die Banja zu vergrößern – das ist ein gemeinsames Badehaus – und ein Sportstadion für die beiden Fußballmannschaften der Sowchose und der Kolchose zu planieren. Es waren schöne Pläne, die sogar schon in Wolgograd beim Distrikt bewilligt worden waren. Nur das Geld fehlte. Woher Kolzow es bekommen wollte, wußte niemand. Die Verwaltungen von Sowchose und Kolchose spuckten keinen Rubel aus, an Sammlungen war nicht zu denken, und bei der Zentrale für den Ausbau der Landwirtschaft in Wolgograd stand Perjekopsskaja ziemlich am Schluß der Sanierungen. »Immer dasselbe!« klagte Kolzow. »Immer wieder! Man muß einen Vetter bei den Behörden haben oder ein hübsches Weib, das man ihnen ausleiht. Dann rollen die Rubelchen, o ja! Aber ein anständiger Mensch, den tritt man in den Hintern und pißt ihm schöne Worte ins Ohr!«
    Evtimia war zu schwach, ihre Tochter aufzuhalten. Sie versuchte alles, als Njuscha in Hosen, Stiefeln und Jacke durchs Haus ging, angezogen wie ein Kosak, während Bodmar draußen bei den gesattelten Pferden wartete.
    »Du bringst Unglück über uns!« jammerte Evtimia. »Hole der Teufel doch den Deutschen! Reitet dich denn der Satan? Ist Granja nicht ein braver, fleißiger Mensch? Was hast du denn an ihm, diesem Fremden? In einer Woche ist er wieder weg, aber die Schande bleibt zurück! Hast du kein Hirn mehr, sag? Zugrunde richtest du uns! Mit dem Fremden in der Nacht zu flüstern, ist das gottgefällig? Jawohl, ich habe es gehört, ich bin aufgewacht, als du dich weggeschlichen hast. Wenn du gesehen hättest, wie ich zu den Heiligen gefleht habe. Ein gewissenloses Weibsstück bist du. Kurz und klein sollte man dich schlagen …«
    Aber es half nichts mehr. Njuscha steckte ihr Haar unter ein rotes Kopftuch, ging an der jammernden Evtimia vorbei aus dem Haus und

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