Liebe am Don
der Arm wie in rote Farbe getaucht.
Geduckt, das Messer wieder stoßbereit in der Hand, wartete Njuscha an der Tür auf den Gegenangriff. Sie war in diesen Sekunden von einer erschreckenden Schönheit, von jener urhaften Wildheit wie das Land, in das sie geboren war.
Der Lärm hatte Evtimia aufgeschreckt. Als sie sah, daß der Kuhstrick durchtrennt neben ihr lag, stieß sie einen quiekenden Laut aus, der Kolzow hochfahren ließ, als habe man ihn mit einer Mistgabel gestochen.
»Sie ist weg!« jammerte Evtimia. »Abgeschnitten hat sie sich. Oh, diese Schande!«
Kolzow hüpfte aus dem Bett wie ein überraschter Liebhaber, riß einen Lederriemen von der Wand und stürmte, wilde Schreie ausstoßend, aus dem Zimmer. Die Stimme Evtimias flog hinter ihm her.
»Vergiß nicht, Dimitri … sie ist unsere einzige Tochter!«
Kolzow vergaß das nicht. Mit grimmiger Miene stieß er die Tür zu Bodmars Kammer auf und blieb dort wie angewurzelt stehen. Die nackte, im eigenen Blut stehende Jelena, sein nacktes Töchterchen mit einem Messer in der Hand und dazwischen der nackte Gospodin, der gerade auf Njuscha zurannte, um ihr das Messer zu entwinden … das war ein Anblick, der selbst einen alten Kosaken aus der Fassung brachte.
»Sind wir im Paradies, he?« brüllte Kolzow. Er ließ den Lederriemen über seinen Kopf kreisen und schlug dann zu. Der erste Schlag traf Njuscha, es klatschte laut auf ihrem festen Fleisch, ein roter Striemen blieb zurück, der sofort aufquoll und sehr häßlich aussah. Klaglos steckte Njuscha diesen Schlag ein, nur das Messer ließ sie fallen, Bodmar vor die Füße. Er bückte sich, wollte es aufheben … da umklammerte Njuscha ihn, zog ihn an sich heran, umfaßte ihn von hinten und verkroch sich hinter seinen breiten Schultern vor dem schnaubenden Kolzow.
Der zweite Schlag traf Jelena. Sie wurde von ihm zurückgeworfen auf das Bett. Dort sank sie jammernd zusammen und preßte die gesunde Hand auf die stark blutende Wunde.
Jetzt war Kolzow erst richtig in Fahrt. Er brüllte undefinierbare Laute, ließ den dicken Lederriemen kreisen und hieb durch die Luft wie ein Zirkusdompteur. Er traf auch Bodmar an der Schulter, und der Schmerz durchzuckte diesen bis zu den Zehenspitzen. Selbst Evtimia, die jammernd in der Tür erschien, überall Blut sah und an Mord dachte, bekam eins übergezogen und flüchtete zurück in die Küche.
»Mißgeburten!« schrie Kolzow. »Geil wie die Katzen! Zerfleischen sich vor dem Bett eines Mannes! Und das in meinem Haus! Der Teufel hole euch! Hinaus, sag ich, hinaus!«
Das galt für Jelena und Njuscha. Aber sie blieben, jede auf ihrem Platz. Jelena blutend auf dem Bett, Njuscha hinter dem Rücken Bodmars. Sie preßte sich an ihn, und er spürte die festen Arme, ihre Schenkel, ihre bebenden Brüste. Ihre Hände, vom Blut Jelenas befleckt, streichelten über seine Brust und krallten sich dann in seine Hüften, als Kolzow mit blutunterlaufenen Augen auf sie zurannte.
»Komm hinter dem Kerl vor!« brüllte er. »Willst du in seinen Hintern kriechen? Auch dort hole ich dich heraus.«
Er ließ den Riemen vor Bodmars Augen wirbeln und blies ihm seinen erregten Atem ins Gesicht.
»Versprechen Sie mir, Njuscha nicht mehr zu schlagen«, sagte Bodmar laut. Er hielt Kolzows Arm fest und drückte ihn herunter. Ein schweres Stück Arbeit war das, fast eine Minute lang rangen beide stumm und verbissen miteinander, bis Kolzow nachgab und seufzend den Lederriemen fallen ließ.
»Sie wollte mich umbringen!« schrie Jelena vom Bett her und schüttelte den blutenden Arm. »Sie hat auf meine Brust gezielt. Eine Mörderin ist sie. Die Miliz muß her, oder ich berichte alles nach Moskau! Was dann mit Ihnen geschieht, Dimitri Grigorjewitsch, das wissen Sie.«
Kolzow verzog das Gesicht. Und ob er das wußte. Er sah seine Tochter mit umflorten Augen an und schnaufte durch die Nase.
»Du hättest sie richtig umbringen sollen«, sagte er leise. »Nun reißt sie uns alle ins Verderben –«
Er winkte Njuscha und verließ das Zimmer.
»Geh mit ihm«, sagte Bodmar und löste Njuschas Hände von seinen Hüften. »Laß mich jetzt allein mit Jelena.«
»Wen liebst du?« fragte sie laut. Ihr Kopf mit dem blonden Haar zuckte über Bodmars Schultern. »Sag ihr jetzt, wen du allein liebst!«
»Dich Njuscha … und nun geh –«
»Mein Sascha.« Sie küßte seinen Nacken, ließ ihre Hände über seinen Körper gleiten und schlüpfte dann aus dem Zimmer. In der Küche saßen Evtimia und Kolzow auf
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