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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mantel auf, streifte ihn von den Schultern und zeigte sich Bodmar in ihrer zarten, mädchenhaften Nacktheit.
    »Nur das –« sagte sie. »Warum bist du so blind …?«
    Das dünne, flackernde Licht der Kerze umschwebte sie. Ihre Haut schimmerte wie rosa Perlmutt.
    Bodmar saß stocksteif da und starrte Jelena erschrocken an.
    Wenn Njuscha kommt, dachte er bloß. Wenn sie jetzt durch die Tür kommt … zwei Raubkatzen werden sich zerfleischen bis zur Unkenntlichkeit.

E LFTES K APITEL
    Kolzow schlief wie ein Biber im Dezember. Er lag auf der Seite, grunzte im Traum und hieb mit der Faust gegen die Bettkante. Das war eine unangenehme Eigenschaft von ihm, über die Evtimia traurige Lieder singen konnte. Kolzows Träume waren so plastisch, daß er im Bett ganze Schlachten schlug und sich – weiß der Teufel mit wem – herumbalgte bis zur Atemlosigkeit. In der ersten Zeit ihrer Ehe hatte Evtimia neben ihm in den Kissen gehockt und den träumenden Helden angestarrt, wie seine Lider zuckten, sein buschiger Schnurrbart erbebte, seine Fäuste durch die Luft sausten und seine breite Brust sich im dumpfen Stöhnen weitete. Das war ein beglückender Anblick für ein Weibchen, das gerade noch in den starken Armen geschmachtet hatte. Er träumt von mir, dachte Evtimia damals glücklich. Seine Leidenschaft ist nicht zu bändigen, – ein wahrer Hengst ist er.
    Aber dann gelang Kolzow eines Nachts ein vorzüglicher Streich. Er hieb im Traum Evtimia derart auf die Nase, daß sie mit einem Schrei hochfuhr und ihr das Blut aus den Nasenlöchern schoß wie aus einer Quelle. Kolzow erwachte, betrachtete die Bescherung und brachte das Blut mit einem Essiglappen zum Stillstand.
    »Er ermordet mich noch im Traum!« klagte Evtimia später ihren Freundinnen und weinte sich bei ihrem Mütterchen aus. »Früher schlug er immer durch die Luft, jetzt dreht sich der Teufel zu mir um und schlägt mir die Faust auf den Kopf. Entsetzlich ist das! Wenn er dann aufwacht, benimmt er sich unschuldig wie ein Zicklein, erzählt mir seinen Traum und schläft wieder ein. Ist es möglich, daß er weiß, was er tut? So kann doch kein Mensch träumen, so genau gezielt auf meine Nase –«
    Niemand wagte es, da eine Meinung zu haben. Dimitri Grigorjewitsch Kolzow war in seinen jungen Jahren ein starker Kerl, hatte es bis zum Feldwebel der Don-Kosaken gebracht und zeigte voll Stolz die drei Orden, die man ihm für persönliche Tapferkeit verliehen hatte.
    »Der Krieg –« sagte er, wenn er Evtimia wieder auf den Kopf geschlagen hatte. »Die Erinnerung saugt mich aus. Wenn ich die Augen schließe, höre ich das Signal zum Angriff. Der dicke Abanow blies es aus voller Lunge, und es riß einen mit, sage ich dir. Wie von selbst jagten die Pferde los, und wir hockten drauf und schwangen den Säbel, unsere Kehle brüllte sich heiser, und unser Mut sprengte die Uniform. Wer kann das vergessen? Warte ab, Evtimiuschka, sei geduldig mit mir. Auch das geht vorüber.«
    Evtimia glaubte es. Niemand verriet ihr ja, daß Kolzow und seine Kosaken nur in der Ausbildung ihre Attacken geritten waren und daß es in einem modernen Krieg mit Maschinengewehren, die in der Minute dreitausend Schuß hinausfeuern, glatter Selbstmord gewesen wäre, mit Geschrei und gefällter Lanze einen Angriff gegen die Deutschen zu reiten, wie damals 1914 die Väter. Aber es hörte sich gut an, man konnte lange darüber sprechen und von Heldentaten erzählen. Meistens nämlich hatte Kolzow mit seiner Schwadron im Dreck gelegen, in Schützengräben oder Bunkern, war hinter Panzern hergelaufen und hatte »Urrrääää!« gebrüllt, einen Laut, der den Deutschen in die Knochen fuhr wie die Pest.
    Seine wilden Träume aber blieben. Evtimia, die den Platz im Bett an der Seite Dimitris verteidigte, denn dort gehörte sie als Ehefrau hin, verkroch sich in die Duldung seiner Erinnerungen. Nachdem sie genau vierzehnmal auf die Nase geschlagen worden war, entwickelte sie einen Instinkt für die kritische Situation an Kolzows Seite. Jahrelange Übung erlaubte es ihr, genau zu wissen, wann der Angriff erfolgen würde. Sie hörte es am Schnarchton, am Pfeifen seines Atems, an der Beschleunigung seines Herzklopfens. Dann wälzte sie sich an den äußersten Rand ihres Bettes, legte die Arme über ihren Kopf und zog die Schultern hoch. Und siehe da … rum – fuhr die Faust genau auf die Stelle, wo vorher Evtimia gelegen hatte, Kolzow grunzte tief und zufrieden und lag dann ruhiger, als sei nach dem Einschlag des

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