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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nach Wolgograd zu begeben und sich dort bei der Pressestelle der Partei zu melden. Wenn Sie sich weigern, habe ich das Recht, Sie durch die Miliz dorthin bringen zu lassen. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß eine Weigerung Widerstand gegen die UdSSR ist. Sie können verhaftet und nach unseren Gesetzen bestraft werden. Weder ihre Botschaft noch sonst irgend jemand auf der Welt kann Sie davor bewahren. Begreifen Sie das?«
    »Sehr gut.« Bodmar blickte Jelena kopfschüttelnd an. Dann ging er in die Ecke des Zimmers, nahm einen Spiegel von der Wand, kam zurück zu Jelena und hielt ihn ihr vor.
    Jelena schloß die Augen. Der Anblick ihres nackten, blutbespritzten Körpers war unerträglich. Wenn etwas ihre vollkommene Niederlage bewies, dann war es dieses Bild im Spiegel.
    Mit einem dumpfen Laut riß sie den Spiegel aus Bodmars Hand und warf ihn gegen die Wand. Er zerschellte in zahllose Splitter und klirrte vor Jelena zur Erde.
    »Solange ich lebe, werde ich euch hassen!« sagte sie heiser. »Nicht dich oder Njuscha … nein, alles was deutsch ist, deutsch spricht, deutsch aussieht und deutsch riecht … Deutsch – das ist jetzt ein Gift, das mich zerfressen hat … und alles, was deutsch ist, soll es in Zukunft spüren.« Sie trat von der Tür weg und stieß sie mit dem Fuß auf. »Geh hinaus!« schrie sie. »Geh zu deiner Kuh! Ich werde dich übermorgen in Wolgograd abliefern und dir vor allen Leuten, vor allen Leuten, jawohl, ins Gesicht spucken! Nun geh doch … geh …«
    Bodmar verließ das Zimmer. Er kam an Evtimia und Kolzow vorbei … Kolzow lag auf dem Tisch in der ›schönen Ecke‹ und kühlte sich den Kopf mit einem nassen Handtuch. Evtimia betete lautlos, und es störte sie dabei nicht, daß sie nicht vor dem Bild des heiligen Wladimir, sondern unter der Fotografie von Lenin saß. Njuscha war nicht zu sehen … sie lag im Schlafzimmer auf dem Rücken, die Hände um die Würgmale gepreßt, und starrte an die Decke.
    Sie müssen uns schon beide töten, dachte sie. Wir sind nicht mehr zu trennen, Sascha und ich –
    Bodmar ging aus dem Haus und wanderte durch den kleinen Garten. Unter dem Kirschbaum, wo Kolzow eine Bank gezimmert hatte, setzte er sich und sah in die helle, nach Honig duftende Nacht. Von der Steppe hörte er weit entfernt das Wiehern der Pferdeherden. Vom Don herüber klang das Murmeln des Wassers an den Ufern.
    Welch ein Land, dachte er. Welche Menschen.
    Bei Gott … ich bin verloren –

Z WÖLFTES K APITEL
    Am nächsten Morgen geschah nichts. Wie eine Lähmung lag es über den Kolzows.
    Njuscha arbeitete im Stall, Dimitri Grigorjewitsch saß im Zimmer herum und bewachte alle Personen. Evtimia kochte für den Mittag eine dicke Kascha und rührte Mehlbrei an für einen Pfannenkuchen. Jelena lag im Anbau auf ihrem Bett und war zu schwach, etwas zu unternehmen. Der Arm schmerzte höllisch, kaum bewegen konnte sie ihn, aber sie warf Bodmar jedesmal hinaus, wenn er die Wunde behandeln wollte.
    »Lassen Sie mich in Ruhe!« schrie sie mit funkelnden Augen. »Soll ich die Pest in den Arm bekommen? Die Berührung eines Deutschen ist wie Gift!«
    Bodmar hörte sich das viermal an und viermal verließ er wortlos das Zimmer. Beim fünftenmal setzte er sich auf die Bettkante und erhielt dafür von Jelena sofort einen Fausthieb auf die Knie.
    »Du stinkst nach deutsch!« schrie sie mit verzerrtem Gesicht. Ihr Haß zerfraß sie wirklich von innen. »Laß mich in Ruhe, oder ich schreie um Hilfe, daß das ganze Dorf zusammen rennt.«
    »Gib den Arm her –«, sagte Bodmar.
    Sie rückte weg und legte den Arm auf den Rücken. »Jeder Atemzug von dir ist mir widerlich!« keuchte sie.
    »Ich weiß. Aber die Welt kann nicht nur nach Rosen duften.« Er riß ihren Arm nach vorn, sie schrie auf und schlug nach ihm. Mit harter Entschlossenheit warf er sie zurück, setzte sich auf ihren gesunden Arm und machte sie damit wehrlos. »Schrei um Hilfe«, sagte er dabei. »Los, schrei das Dorf zusammen! Sie werden sich freuen, die Nachbarn. Vor deinem Bett werden sie stehen und lachen. Ach, das Vögelchen aus der Stadt! Hat sich die Flügelchen verbrannt, ei, ei … War's so heiß im Doppelbett? Man sollte sie vorher im kalten Wasser baden, aber Vorsicht, wenn es zu zischen beginnt …« Er blickte in ihre umherirrenden Augen und umfaßte den verletzten Arm. »Laß sehen, Jelena. Benimm dich nicht wie eine Verrückte. Wer hat immer betont, wir seien moderne Menschen, und unsere Welt habe nüchtern zu sein wie eine

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