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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Eckbank und starrten Löcher in die Luft.
    »Sie werden uns wegjagen«, sagte Kolzow dunkel, als sich Njuscha neben ihn setzte. Ihre Nacktheit, der Triumph, der in ihren Bewegungen lag, die Schamlosigkeit ihres Auftretens verwirrten ihn vollends. »Das ist der Untergang der Kolzows! Was ist nur aus dir geworden, mein Täubchen?« Er starrte sie aus flatternden Augen an, dann entrang sich seiner Brust ein dumpfer Laut, als bräche in seinem Innern etwas auseinander, er sprang auf, stürzte sich über seine nackte Tochter und begann sie zu würgen. »Eine Hure!« stammelte er. »Eine nackte Hure! Meine Tochter! Mutter Gottes, hilf mir, diese Schande zu tilgen!«
    Er preßte die Hände um Njuschas Hals, und sie saß still und ohne sich zu wehren auf der Bank, sah ihren Vater aus ihren großen blauen Augen an und öffnete weit den Mund, als seine Hände ihr die Luft abpreßten.
    Evtimia war es, die Njuscha rettete. Mit einem großen Fleischklopfer hieb sie Kolzow über den Schädel, als er laut weinend den Hals seiner Tochter weiter zudrückte. Es gab einen dumpfen Laut, wie ein Paukenschlag, und Dimitri Grigorjewitsch rollte betäubt unter den Tisch.
    »Zieh dich an, Töchterchen«, sagte Evtimia gefaßt. »Es liegt in der Natur der Männer, daß sie immer übertreiben –«
    *
    Bodmar verband Jelenas aufgeschlitzten Arm mit einigen Rollen Verbandmull aus der Reiseapotheke. Vorher hatte er die Wunde gesäubert und mit Jod überstrichen. Jelena hielt sich tapfer … sie verzog nur den Mund, als es höllisch in der Wunde brannte. Dann sank ihr Kopf gegen Bodmars Brust, und mit dem gesunden Arm zog sie ihn an sich. Ihre verzweifelte Zärtlichkeit erschütterte ihn derart, daß er keine Worte fand. Er ließ ihr das Glücksgefühl, seinen nackten Körper zu fühlen; erst als ihre Hand sich in seinen Schoß legte, nahm er sie ganz vorsichtig und schob sie auf seinen Schenkel. Durch Jelena lief ein heftiges Zucken.
    »Du liebst Njuscha?« fragte sie.
    »Ja. Wir wollen ganz ehrlich darüber sprechen.«
    »Sie hat sich dir hingeworfen wie eine Frucht, und du hast hineingebissen, das allein ist es. Du bist betäubt von ihr. Was wäre geschehen, wenn wir sie nicht am Ufer des Don getroffen hätten?«
    »Dann hätte ich sie nie gesehen, natürlich.«
    »Und du hättest mich geliebt?«
    »Vielleicht –«
    »Ich weiß es, ich weiß es! Meine Dummheit war es, in dir erst den Deutschen und dann den Mann zu sehen. Aber konnte ich anders? Bei den Komsomolzen bin ich aufgewachsen, und sie haben uns eingehämmert in das Gehirn: Alles, was im Westen lebt, ist Gefahr. Dort herrscht der Revanchismus, dort gibt es nur Kapitalisten, dort werden die Menschen ausgebeutet, dort werden Heere ausgerüstet, um Rußland zu erobern. Wenn du das hörst, jahrelang, vom Beginn deines Denkens an, dann glaubst du es. Der Mensch hat keine Haut wie eine Schlange, aus der er schlüpfen kann. Ich habe dich geliebt von dem Augenblick an, als du in Scheremetjewo durch die Halle auf mich zukamst … aber du warst ein Deutscher. In mir drängte alles zu dir und schlug mich doch zurück. Es ist furchtbar, wenn das Herz einen Riß bekommt. Verstehst du das?«
    Bodmar schwieg. Was sollte er antworten? Seine Schuld, wenn man überhaupt von einer Schuld sprechen konnte, waren: der Kuß auf der Straße nach Tula, die Nacht in der Datscha Talinkows, die heißen Nächte im Zelt, wo sie zusammen im Schlafsack gelegen und er Jelenas Brust umfaßt hatte. Natürlich, das alles war geschehen, war keine Laune des Augenblicks gewesen; sein Gefühl für Jelena war damals groß und mächtig gewesen, und alles wäre anders geworden, wenn sie nicht Njuscha gesehen hätten, mit dem Boot gegen den rasenden Don kämpfend. Das war wie eine Neuentdeckung seiner selbst … sein Herz, sein Hirn, seine Gefühle, ja sogar sein Wesen hatten sich verändert.
    Jelena Antonowna beobachtete ihn.
    Sie hob den Kopf, ihre Hand glitt wieder in seinen Schoß. Das Lauern eines Tieres war in ihr, der stumme Genuß, das Opfer noch einmal in seiner ganzen Wehrlosigkeit zu sehen, ehe man es verschlingt.
    Sag etwas, dachte sie demütig. Ein Wort nur, ein einziges. Sag nur DU oder JELENA oder KOMM oder irgend etwas … nur sag es jetzt! Oder heb die Hand, streichle mein Haar, umfaß meine Brüste, lächle stumm, gib mir ein Zeichen, daß du mich erwartest, daß du mich brauchst … daß ich eine Frau bin … deine Frau … du verfluchtes, vom Satan hierhergeschicktes, herrliches deutsches Ungetüm

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