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Liebe auf dem Pulverfaß

Liebe auf dem Pulverfaß

Titel: Liebe auf dem Pulverfaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und beugte sich hinaus. Unter ihm lag der Hof des Hauses, voll Gerümpel und stinkendem Abfall. Ein paar Katzen spielten dazwischen und wühlten sich in die Müllberge. Sicherlich gab es hier Ratten … die Katzen waren gut genährt, fast so fett wie der Wirt der Pension ›Soliman‹.
    »Wie willst du hier erfahren, wo dein Vater ist?« fragte Kehat und setzte sich auf den einzigen Stuhl. Amina hockte auf dem Bett, die Beine angezogen, eine gestaltlose weiße Masse, aus der nur ihre schwarzen Augen hervorstachen.
    »Es ist schrecklich, dich anzusehen –«, sagte Kehat heiser.
    »Du weißt, wie ich aussehe, Liebling.« Sie blickte zum Fenster; Kehat konnte es nur an den Bewegungen ihrer Augen erkennen. »Heute abend werde ich es wissen …«
    »Was?«
    »Wo unsere Väter sind.«
    »Sie werden dich sofort festhalten, wenn du dich als Amina Murad zu erkennen gibst. Wen willst du fragen? Die Kontaktmänner der Fedajin?«
    »Ich kenne den Ort, wo sie sich treffen.«
    »Er wird bewacht sein wie ein Goldlager.« Kehat zog die dreckige Dschellabah aus und schleuderte sie von sich. Sein ganzer Haß gegen alles Arabische lag in dieser stummen Bewegung. Aminas Augen wurden wehmütig, ihre Gestalt in dem weiten weißen Gewand wurde noch kleiner.
    »Ich liebe dich«, sagte sie leise.
    »Warum sagst du das jetzt?« fragte er.
    »Du wirfst das Arabische von dir, als zerfräße dich ein Gestank.«
    »Der Fetzen stinkt auch fürchterlich.«
    »Das ist es nicht. Auch in Haifa oder Tel Aviv gibt es dreckige Menschen … aber sie ekeln dich nicht, sie sind Juden.«
    »Amina!«
    »Ich bin eine Araberin … habe ich das gewollt? Ist es meine Schuld?«
    »Amina, mein Gott, soll das wieder anfangen?« Er rannte zu ihr, riß sie an sich, zog ihr das Gesichtstuch weg und küßte sie. Da erst merkte er, daß sie weinte … ihre Lippen waren naß und salzig, und aus ihren Augen rannen die Tränen. »Es gibt nicht zwei Menschen, die sich wieder so lieben können wie wir …«
    »Und doch wird es immer zwischen uns sein: Dort Jude – hier Araber! Wir lieben uns, wir können nie mehr voneinander los … aber irgendwo in uns sitzt der Schatten, und er kommt hervor, wenn wir ihn brauchen: Der blutige Gegensatz unserer Völker. Kehat, wir werden ein schweres Leben haben …«
    Bis zum Abend ruhten sie sich aus, lagen nackt auf dem Bett, hörten den Tonband-Muezzin rufen, rochen aus der Küche des Hauses den Duft gekochten Gemüses und bekamen Hunger. Amina brachte zwei Schüsseln herauf, für vier Piaster: Bamijah … das ist ein Gemüse, das wie kleine, spitze Tüten aussieht, die man nach dem Garen mit einer würzigen Tomatensoße füllt und übergießt. Auch eine Kanne mit Gauafe-Saft brachte Amina mit, ein Getränk, das aus einer birnenähnlichen, herrlich riechenden Frucht gepreßt wird.
    Nach dem Essen wurde Kehat müde, legte sich wieder auf das Bett und schlief schnell ein. Amina saß bei ihm, bis seine Atemzüge tief und ruhig wurden … das hatte noch einmal vier Piaster gekostet … dieses Pulver, das der Wirt unter Kehats Tomatensoße gemischt hatte und dessen Bitterkeit von der Würze überdeckt wurde.
    »Frag nicht!« hatte Amina grob zu dem Wirt gesagt, als er verwundert auf die verschleierte Frau geblickt hatte. »Misch es unter und nimm die vier Piaster! Der Neugierige wird der Blinde im Paradiese sein – sagt der Prophet. Mein Bruder braucht das Pulver. Nachts wird er unruhig und schreit, das ist seine Krankheit, die kein Arzt heilen kann. Genügt dir das?«
    Dem Wirt genügte es. Aber er saß dennoch auf der Lauer, als Amina in der Nacht die Treppe hinabschlich und das Haus verließ. Er blickte ihr durch die Türritze nach … sie ging hinüber zum Weg, der an der alten Stadtmauer vorbeiführte und auf die Höhenstraße mündete, die in das Mokattam-Gebirge führte.
    Was will sie dort? fragte sich der Wirt. Was will eine arme Fellachenfrau in den Bergen, wo eine neue, moderne, luxuriöse Satellitenstadt entstand? Verdient sie ihr Geld im Bett der Reichen?
    Er schloß die Tür, seufzte laut und war mit diesem Gedanken zufrieden. Sie ist eine kleine Hure, weiter nichts. Und den taubstummen, verblödeten Bruder schleppt sie nur mit sich herum, um harmlos und arm auszusehen. Ein raffiniertes Luder!
    Und er beschloß, die nächste Wochenmiete zu erhöhen oder bei Amina ›in natura‹ zu kassieren.
    Nicht weit von dem vornehmen Kasino ›Monte Cairo‹ mit seiner breiten Terrasse, von der man einen zauberhaften Blick über die Stadt

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