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Liebe auf dem Pulverfaß

Liebe auf dem Pulverfaß

Titel: Liebe auf dem Pulverfaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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werde mich nie in einen Araber verkleiden!«
    »Du mußt es.«
    »Nie! Ich bin Jude!«
    »Auch nicht, um deinem Vater zu helfen?«
    »Was weiter?« fragte Kehat dumpf.
    »Dein Arabisch ist schrecklich, Liebling. Deshalb mußt du mein taubstummer Bruder sein. Kannst du vierundzwanzig Piaster opfern für eine Taxe?« Sie hakte sich bei ihm unter, ganz so, wie ein Europäer zu gehen pflegt. »Wir müssen in die Stadt, zum großen Basar. Dort werden wir uns in kleine, arme, dreckige Fellachen verwandeln. Für ein paar Piaster bekommst du eine Dschellabah und ein Kopftuch.«
    Sie winkte einem der Taxis, der Wagen fuhr vor, bremste in einer Staubwolke. Der Fahrer riß die Tür auf.
    »Zur Al-Ashar-Moschee!« sagte Amina, als sie auf den heißen Polstern saßen. Es war ein uralter französischer Citroen, der beim Anfahren schauerlich klapperte und pfiff. Aber er entwickelte ein Tempo und raste durch die Stadt, daß Kehat sich erschrocken zurücklehnte und seine Hand auf Aminas Schoß legte.
    »Ich bin schon ein verrückter Fahrer«, sagte er mit trockenem Hals. »Aber das ist ungeheuerlich. Und nichts passiert! Sitzt immer ein Teil von Allah mit am Steuer?«
    »Vielleicht.« Amina lachte und lehnte sich an ihn. Sie überquerten den herrlichen Opernplatz mit dem Ezbekieh-Garten, sausten die breite Shana El-Ashar hinunter und bremsten so scharf vor dem Platz der Moschee, daß Kehat und Amina nach vorne flogen und gegen die Vordersitze stießen.
    »Wonderful!« sagte der Fahrer grinsend. »It's all right?«
    »Ja«, sagte Kehat auf deutsch. Er gab dem Chauffeur dreißig Piaster, was so enttäuschend war, daß sich dieser nicht bedankte, sondern nur die Tür aufstieß. Deutsche von einem großen Reisebüro, dachte er. Kein gutes Geschäft. Er gab Gas, kaum, daß Amina und Kehat ausgestiegen waren, hüllte sie in Staub und entschwand in Richtung der El-Moyad-Moschee.
    Die Hitze war drückend und durchsetzt mit hunderten Gerüchen, die von dem Labyrinth des nahen Basarviertels bis auf diesen Platz herüberströmten. Kehat sah zu den winkeligen, engen Gassen hin, durch die sich ein Menschenstrom schob, schrittweise, als sauge diese kleine Stadt der offenen Läden jeden in sich hinein, der in ihre Nähe kommt.
    Khan en-Khalili, das heimliche Herz Kairos. Was den Orient zu einer Zauberwelt machte … hier konnte man es kaufen. Eine Wolke von Tabakgeruch und Rosenöl, Fisch und Parfüm, Lederlohe und Kaffee, Holzkohlenfeuer und heißem Eisen, Schweiß und Knoblauch schlugen ihnen entgegen, als sie die Gassen betraten und sofort von Hunderten Stimmen angeschrien wurden, von Händlern, die ihre Waren feilboten.
    Irgendwo in dem Gewirr der Läden erstand Amina nach langen, zähen Verhandlungen eine alte, schmutzige Dschellabah und ein Kopftuch für Kehat, für sich ein weites Gewand, ein schwarzes Kopftuch und einen Halbschal, der ihr Gesicht bis zu den Augen verdeckte. Sie zogen sich in einem fürchterlich dreckigen Hinterzimmer um, bezahlten für alles fünfzehn Piaster, womit der Händler nach langem Klagen dann doch zufrieden war und sicherlich gut verdient hatte, und als sie sich ansahen, erkannten sie sich nicht mehr, so vollkommen war ihre Tarnung. Aus Amina war eine unter dem weiten Gewand unförmige Strenggläubige geworden … und Kehat sah aus, als käme er gerade von den armseligen Feldern der Fellachen, um hier, in der großen Stadt, in der von Allah Gesegneten, ein paar Hühner zu verkaufen, irgendwo an einer Straßenecke, um mit den wenigen Piastern sich den Luxus neuer Kleidung zu leisten. Nur eines durfte er nie: Sein Kopftuch abnehmen! Einen blonden Araber hatte es noch nicht gegeben. Ein Färben der Haare aber war zu teuer.
    Sie schlängelten sich durch die Menschenmassen im Basarviertel und wurden nicht mehr von den Händlern angehalten. Das bewies, wie armselig sie wirkten … es gibt im Orient kein besseres Versteck als die Armut …
    In einer Gasse in der Nähe der Zitadelle fanden sie ein kleines Zimmer in einer Pension, die sich ›Soliman‹ nannte. Der Wirt, ein dicker Bursche mit einem riesigen Kahlkopf, nahm sofort dreißig Piaster Vorauszahlung, als er den taubstummen Fellachen betrachtet hatte. Erst dann zeigte er das Zimmer, mehr ein Loch mit einem Bett, einem Stuhl, einem Tisch und zum Aufhängen der Kleidung Nägel in der Wand. Das Schönste aber war der Ausblick aus dem Fenster … man sah auf die von Mohamed Ali erbaute Alabaster-Moschee, das strahlende Wahrzeichen Kairos.
    Kehat trat an das Fenster

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