Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe auf dem Pulverfaß

Liebe auf dem Pulverfaß

Titel: Liebe auf dem Pulverfaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Ein ganz seltener Zufall, aber die Welt ist ja voll von Zufällen und Irrtümern. »Wir sind – als Politiker – das Opfer unserer Kinder. Ihre Liebe und unsere Liebe zu ihnen hat uns paralysiert. Still –«
    Murad zuckte hoch. Von draußen klang wieder die einsame Hirtenflöte auf. Aber es war kein trauriges Lied mehr … es war eine flotte Weise, ein Tanz, den man in Syrien ›Die Liebeswerbung‹ nannte.
    »Sie ist es!« stammelte Murad und stürzte ans Fenster. »Sie hat mich gehört! Es ist wirklich Amina! Das ist der Beweis! Moshe, hören Sie?«
    »Ich bin weder taub noch senil.« Yonatan humpelte auch zum Fenster, und so standen sie nun nebeneinander in der Dunkelheit, zwei Väter, denen das Herz blutete. »Wenn ich nur wüßte, ob auch Kehat dabei ist …«
    »Das kann ich nun wirklich nicht rufen«, sagte Safar Murad. »Aber es ist anzunehmen, daß er meine Amina nicht allein in dieser Gefahr läßt.«
    »Welch eine Situation.« Yonatan atmete schwer. »Ein paar Meter nur trennen uns, eine hohe Mauer, ein paar Posten, drei scharfe Hunde. So können ein paar Meter wie die Größe eines Weltalls werden. Aber ich bin glücklich, daß ich sie gehört habe und daß es ihnen gut geht.«
    »Das klingt, als wollten Sie aufgeben, Moshe.«
    »Warten Sie den neuen Tag ab, Safar. Jasir wird mich zerbrechen … aber ich sage nichts.« Yonatan stützte sich auf die breiten Schultern Murads. Es war eine helle Nacht, vom Mond versilbert. Über Kairo lag ein samtener Himmel, durchleuchtet vom Widerschein der Millionen Lichter. »Es ist ja so, Safar … ob ich es verrate oder nicht – liquidiert werde ich doch! Auf keinen Fall komme ich jemals nach Israel zurück.«
    Murad schwieg. Was sollte man da auch noch antworten. Yonatan kannte genau sein Schicksal … Leben und Sterben in der Verbannung. Daran änderte auch die Liebe ihrer Kinder nichts mehr. Was ihn, Murad, nur in direkte Gegnerschaft zu Jasir brachte, war das einfache Beiseiteschieben seines Ehrenwortes, das er Moshe gegeben hatte: Keine Gefahr für Leib und Leben, eine anständige Behandlung, auch dann, wenn er schwieg. Einen tapferen Gegner muß man ehren … Jasir ben Rahman drehte den Spruch herum: Ein tapferer Gegner kann auch tapfer sterben!
    Yonatan schien Murads Gedanken zu erraten. Er hinkte zu seinem Diwan zurück und ließ sich erschöpft niederfallen. Sein zerschlagener Körper erholte sich nicht wieder. Wenn die Folterungen am Morgen weitergingen, war das sein letzter Tag.
    »Warum sind Sie nicht Arzt geblieben, Safar?« fragte er. »Nur Arzt. Zum Revolutionär haben Sie zwar alle Qualitäten der Heimatliebe, aber nicht die Brutalität, die nötig ist, politische Gedanken durchzusetzen. Als Arzt haben Sie gelernt, den Menschen zu lieben … das hängt Ihnen an. Kommen Sie mir nicht mit Ihrem Dr. Habbasch. Das ist eine jener Ausnahmen, die leider immer wieder Geschichte machen. Sie machen keine, Safar!«
    »Moshe, Sie sind ein Schwätzer!« Murad trat vom Fenster zurück. Die fröhliche Tanzweise war verstummt. Was würde Amina jetzt tun? Versuchte sie, in das Haus zu kommen? Bloß nicht, dachte Murad. Amina, mein Augenlicht, sei nicht wahnsinnig! Seitdem ich weiß, daß du in meiner Nähe bist, werde ich Jasir ein ebenbürtiger Gegner sein.
    »Ist Ihr Kehat mutig?« fragte er. Moshe hob die Schultern.
    »Ich weiß es nicht. Aber ich hoffe es.«
    »So wenig kennen Sie Ihren Sohn?«
    »Wer kennt seine Kinder genau, Safar? Im Kibbuz an der jordanischen Grenze hat er jedenfalls seinen Mann gestanden. Bestimmt aber ist er nicht so mutig wie Ihr Abdallah.«
    »Abdallah ist ein Teufelskerl.«
    »Hat viele Juden umgebracht.«
    »Ich bin stolz auf ihn.«
    »Safar, ich bin ein zusammengeschlagener Mann. Ich kann Ihnen keine Ohrfeige mehr geben«, sagte Yonatan müde. »Kommen Sie näher zu mir heran, damit ich Sie wenigstens anspucken kann.«
    »Wir alten Narren!« Murad legte sich auf seinen Diwan und knöpfte sein Hemd bis zum Gürtel auf. Es war eine warme Nacht, oder war die Hitze nur bei ihm, in seinem erregten Körper? »Wie kommen wir hier heraus?«
    »Oha! Sie wollen weg?«
    »Moshe, stellen Sie nicht so dämliche Fragen.«
    »Das ist doch Ihr Zuhause, Ihre Revolutionszentrale.«
    »Ich muß zurück an einen Ort, von dem aus ich vernünftig mit den anderen Führern unserer Bewegung sprechen kann. Jasir ist ein hochgeschwemmter Fellache, der in die Organisation nicht mehr einbringt als seine brutale Willigkeit. Ich garantiere Ihnen: Wenn wir hier

Weitere Kostenlose Bücher