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Liebe auf dem Pulverfaß

Liebe auf dem Pulverfaß

Titel: Liebe auf dem Pulverfaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fragte er, noch vollkommen überwältigt von dem Glücksgefühl, sie wieder zu haben.
    »Kehat!«
    Er starrte sie an und lächelte dann verlegen. »Ich benehme mich verrückt, nicht wahr?« sagte er stockend. »Amina, plötzlich warst du nicht mehr da. Unsere Väter ja … ich will verdammt sein, aber ich habe in dieser Stunde nicht mehr an sie gedacht. Nur du warst wichtig –«
    »Sie leben in dem Haus der Fedajin.« Amina schlug die weißen Tücher wieder über ihren Kopf. Von oben rollte eine neue Polizeipatrouille die Straße hinunter. Sie zerrten den müden, aber um so störrischeren Esel von der Kreuzung und führten ihn an eine der Hausmauern. Die Scheinwerfer des Jeeps glitten über sie hinweg, dann standen sie wieder in der sternenfahlen Dunkelheit. »Ich habe mit meinem Vater gesprochen …«
    »Was hast du?« fragte Kehat fassungslos. »Du hast ihn gesehen?«
    »Gehört. Wir haben uns durch eine Flöte unterhalten.«
    »Ich verstehe überhaupt nichts mehr.«
    Amina holte aus dem Gewirr der Tücher die kleine Hirtenflöte hervor und hielt sie Kehat unter die Nase. »Darauf kann ich ein Lied blasen, das man nur bei uns kennt. Mein Vater hat es gehört und verstanden.«
    »Und dann hat er auf den Fingern gepfiffen …«, sagte Kehat. Es klang beleidigt. Warum diese Heimlichkeiten, dachte er. Warum durfte ich nicht dabei sein? Bin ich ein so ungeschickter Tölpel?
    »Er hat nur einmal meinen Namen gerufen.« Sie sah ihn ruhig an. »Das war genug. Warum bist du böse, Kehat?«
    »Ich komme mir vor wie ein ausgetretener Schuh, den man nur dann anzieht, wenn einem die Füße weh tun.«
    »Es wäre zu gefährlich für dich, Kehat.«
    »Aber für dich nicht, was? Für dich gibt es keine Gefahr?«
    »Ich bin Safar Murads Tochter. Hätten sie mich entdeckt – ich hätte immer ein Motiv gehabt. Mir wäre vielleicht nichts geschehen. Aber du bist ihr Feind, wie dein Vater –«
    »Es wäre nichts geschehen als nur das, daß auch du verschwunden geblieben wärest.« In seiner Stimme lag viel Bitterkeit. »Ich habe gedacht, wir sind ein Körper und eine Seele …«
    »Du siehst, es ist nichts passiert.«
    »Weil du Glück gehabt hast.«
    »Ohne Glück, Kehat, kommen wir aus Kairo sowieso nicht mehr heraus.« Sie setzte sich wieder auf den alten Esel, der sich darüber laut beklagte, einen erschütternden Schrei ausstieß und dann grunzte. »Ich kann es nicht erklären, ich fühle es nur: In der Villa von Jasir ben Rahman ist etwas geschehen.«
    »Natürlich. Sie haben den Erfinder des elektronischen Nachtzielgerätes entführt. Und sie werden meinen Vater verhören und peinigen, foltern und grausam zurichten … aber er wird ihnen kein Wort sagen.«
    »Mein Vater rief nicht, wie man sich über eine Tochter freut. Das klang nach Warnung und nach Hilfe. Ich kenne die Stimme meines Vaters genau. Wir sind nach ihr erzogen worden. Wenn er in der Halle oder im Garten zu hören war, wußten wir schon, bevor er ins Zimmer kam, wie er gelaunt war. Kehat … das war ein Hilferuf!«
    »Der große arabische Nationalist Murad in Gefahr im Hause seiner eigenen Organisation? Das ist doch absurd, Amina …«
    »Es ändert sich vieles zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.« Sie lehnte den Kopf wieder an seine Brust und war plötzlich wieder wie ein kleines, Schutz suchendes Mädchen. »Du kennst die Mentalität unseres Volkes noch nicht gut genug –«, sagte sie leise. »Wer gestern ein Freund war, kann heute beim Bruderkuß in den Rücken gestochen werden. Wichtig allein ist das Ziel, nicht der einzelne Mensch.«
    »Das ist Politiker-Moral. Nicht nur bei euch, Amina.« Er küßte sie auf die Augen und gab dem brummelnden Esel einen Klaps auf die Kruppe. »Zurück in die feudale Pension?« fragte er.
    »Ja.« Sie blickte in die Straße zurück, aus der sie gekommen war. »Es muß einen Weg geben, mit unseren Vätern in Kontakt zu kommen. Wir werden in den nächsten Tagen viel unterwegs sein, mein Liebling –«
    Langsam trotteten sie den Weg zurück. Vor ihnen lag das hellerleuchtete Kairo, der Zauberblick, von dem das Kasino ›Monte Cairo‹ lebte. Wen dieses Bild nicht ergriff, der hatte kein Herz. Sie blieben stehen und schauten, Kopf an Kopf, in die Tiefe, aus der ihnen die schlanken Finger der Minarette entgegenwuchsen.
    Wir sind wieder zum Urzustand unserer Völker zurückgekehrt, dachte Kehat. Ein Mann, eine Frau und ein Esel, arm und vertrieben, heimatlos und auf der Suche nach dem Paradies.
    Safar Murad wurde geweckt,

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