Liebe auf den ersten Biss
der Zahnarzt einen leckt. Na ja, also, nicht ganz so – schon noch mystischer. Aber trotzdem überraschend. (Okay, es hat wehgetan, aber nicht so sehr wie damals, als Lily versucht hat, unsere Nippel zu piercen, mit Eiswürfeln und einem Zirkel aus der Mathestunde. Autschi.)
Sie roch nach verbranntem Fleisch, und ich hab versucht, sie wegzustoßen, aber ich konnte Arme und Beine nicht bewegen, als würde auf mir ein dicker Mann sitzen, wie lebendig begraben oder so was in der Art, wenn man zum Zusehen verdammt ist. Und dann wurde mir ganz duselig, und ich dachte, gleich kipp ich um. Da hat mich das Miststück einfach fallen lassen.
Sie so: »Geh runter und hol meine Sachen von der Straße. Und koch Kaffee.«
Und ich so: Moment mal, ich bin gerade entsterblicht worden – sollte ich nicht vielleicht eine Zigarette und was zum Abwischen kriegen oder so? Aber ich sagte nur: »Okay«, denn ich konnte dabei zusehen, wie ihre verbrannte Haut heilte, und beim Anblick ihrer nackten Schenkel und der feuerroten Scham war ich sowieso schon am Ausflippen. Also bin ich nach unten gegangen, und draußen vor der Tür wühlte gerade ein Penner den Klamottenhaufen durch. Also, offen gesagt hat er an ihrem Höschen geschnüffelt. Und weil ich oft das Gefühl habe, dass wir nicht genug für die Obdachlosen tun, sag ich zu ihm: »Behalten Sie den Slip, aber erzählen Sie niemandem, was Sie hier heute gesehen haben.«
(Schon jetzt spürte ich die Überlegenheit meiner Nosferatizität, also schien es mir nur angemessen, ihm volle Kanne mein noblesse oblige angedeihen zu lassen. Und er zog von dannen und schnüffelte im Schritt einer Untoten herum, während ich nach oben ging, um Kaffeefilter zu suchen.
Und als ich dann nach oben komme, ist die Gräfin angezogen und frisch frisiert, und sie so: »Wo ist Tommy? Hast du Tommy gesehen? Hast du mit den Bullen da unten gesprochen? Und wo ist Tommy?«
Und ich so: »Gräfin. Ich bitte um Verzeihung und alles, aber Ihr könnt ruhig wieder runterkommen. Als ich heute Morgen reinkam, war Flood, der Vampir, nicht hier, und die große Bronzestatue von drüben auch nicht. Ich dachte, Ihr schlaft vielleicht in einem feuchten Grab, in Heimaterde oder so.«
»Igitt!«, sagt die Gräfin nur. Dann war sie plötzlich starr. »Mach mir eine Tasse Kaffee, zwei Stück Zucker, und gib eine von diesen Ampullen mit dem Blut dazu! Und ruf uns ein Taxi!«
Und ich so: »Hey, mal langsam, Gräfin. Ich bin jetzt eine von Euch, und Ihr habt mir überhaupt nichts zu sagen und …«
Und sie sagte: »Ich habe doch gesagt für uns, oder?«
Also habe ich getan, was sie wollte (also, im Grunde was wir wollten), und wir sind mit dem Taxi rüber zum Marina Safeway, aber wir haben uns nicht in Fledermäuse verwandelt, und ich kann auch nicht fliegen. Jedenfalls waren wir in zehn Minuten da. Aber als wir gerade anhalten wollen, sagt die Gräfin dem Fahrer, er soll weiterfahren.
Sie so: »Da drüben sind Rivera und Cavuto. Das ist gar nicht gut.«
Der kackbraune Polizeiwagen parkte vor dem Laden. Ich so: »Bullen? Die beiden haben doch nichts drauf.«
Es schien sie zu überraschen, dass ich die Cops kannte, aber ich hab ihr erzählt, dass ich die beiden vorgeführt hatte wie kleine Heulsusen, was sie ja auch sind, und ich konnte merken, dass die Gräfin ganz froh war, dass sie mich in den dunklen Schoß der vampirischen Gemeinde geholt hatte.
Und sie dann so: »Scheiß Clint! Er erzählt ihnen von Tommy.«
Dabei konnte ich noch nicht mal erkennen, was sie da hinter der großen Scheibe von Safeway gesehen hat. Wahrscheinlich entwickeln sich meine Kräfte erst mit der Zeit. Fünfhundert Jahre müssten reichen, um sich das Vampir-Kung-Fu draufzuschaffen.
Die Gräfin sagte dem Fahrer, dass er uns beim Fort Mason absetzen sollte, von wo aus wir immer noch die Vorderseite vom Supermarkt sehen konnten, und wir standen im Nebel wie die Kreaturen der Nacht, die wir ja auch waren, während wir darauf warteten, dass die Bullen endlich abhauten.
Als mir die Gräfin einen Arm um die Schultern legte, war sie voll so: »Abby, es tut mir leid, dass ich dich so – äh – überfallen habe. Ich war wirklich schlimm verletzt, und um heilen zu können, brauchte ich frisches Blut. Ich hatte mich nicht richtig unter Kontrolle. Es wird nie wieder vorkommen.«
»Keine Sorge«, habe ich geantwortet. »Ich fühle mich geehrt, dass ich befördert wurde. Außerdem war es irgendwie ganz scharf.« Was es auch tatsächlich war, abgesehen von
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